Das ganze Jahr könnt' Weihnachten sein
Notiert in Frankfurt
Das ganze Jahr könnt’ Weihnachten sein
Von Alexandra Baude
Egal zu welcher Tages- und Jahreszeit: Seit dem Ende der Corona-Beschränkungen sind die Einkaufsmeilen wieder voll. Nun ja, fast: Sind die Läden zu oder das Wetter allzu mies, dann natürlich nicht. So kleinlich wollen wir aber nicht sein, denn es geht um die Widersprüchlichkeit zwischen dem Bild der Horden von mit Einkaufstüten bepackten Innenstadtbesucher, der anhaltend erhöhten Sparquote und dem im Keller verharrenden Konsumklima sowie dem Handel, der über zu wenige Kunden klagt und logischerweise jeden Shoppinganlass bejubelt − mag er noch so klein sein −, aber Umsatzprognosen aufstellt, dass einem die Ohren schlackern.
Den WSV will keiner missen
Das Einkaufsjahr startet mit den letzten Nachzüglern, die noch fix ihre Weihnachtsgeschenke umtauschen und dabei was drauflegen, und jenen, die schnellstmöglich einen der zahlreichen Gutscheine einlösen wollen, die unterm Baum lagen. Der letzte Montag im Januar ist dann der Startschuss für den zweiwöchigen WSV − den Winterschlussverkauf, den Traditionalisten auch nach dem Wegfall der gesetzlichen Grundlage im Jahr 2004 nicht missen wollen. Während der Handel die Lager für die Frühjahrsware räumt, freut sich die Kundschaft über reduzierte Sportartikel, Mode, Schuhe, Lederwaren und Heimtextilien.
Der Februar steht klar im Zeichen der Liebe: Zum Valentinstag wollen laut dem Einzelhandelsverband HDE fast 28% der Verbraucher in Blumen, Lebensmittel oder Deko investieren. Der Zusatz-Umsatz wird mit 1,3 Mrd. Euro taxiert. Zu Ostern kommen Spielwaren dazu: 41% der Verbraucher greifen hier tief in die Tasche, die Prognose steht bei 2,3 Mrd. Euro. Im Mai − man ahnt es − sind es erneut Blumen und Lebensmittel, die knapp 30% der Konsumenten den Müttern zugutekommen lassen wollen. Der Handel kalkuliert hier mit mehr als 1 Mrd. Euro.
Die Väter halten es einfach
Dann aber folgt eine lange Durststrecke: Denn zum Vatertag an Christi Himmelfahrt geht es rustikaler zu. Die Herren der Schöpfung verzichten auf jedweden Schnickschnack. Bier und Grillgut genügen. So muss der Handel auf den SSV warten, wenn nicht grad ein sportliches Groß-Event ansteht. Die heimische Fußball-EM 2024 brachte etwa 3,8 Mrd. Euro Umsatz mit Lebensmitteln und Fanartikeln. Am Sommerschlussverkauf ab dem letzten Montag im Juli beteiligen sich dann vor allem Händler der Textil- und Bekleidungsbranche sowie Baumärkte, Möbelhäuser und Elektrogeschäfte.
Der Schulstart, der je nach Bundesland in den August oder September fällt, ist gerade mal für 700 Mill. Euro Zusatzerlöse gut. Die 16% der in Deutschland Lebenden und Urlaubenden bringen über den Sommer hinweg immerhin 5 Mrd. Euro Umsatz mit Getränken, Lebensmitteln und Klamotten.
Der Nikolaus verliert
Wenn die Tage kürzer und die Nächte länger werden, klingeln die Kassen so richtig: Die 15% Gruselbegeisterten lassen sich zu Halloween Deko, Schmuck, Kostüme und Fressalien 540 Mill. Euro kosten. Umsatztechnisch verliert der Nikolaus übrigens gegen den Osterhasen: gleiches Sortiment, aber gerade mal etwas mehr als 1 Mrd. Euro Umsatz. Zu Black Friday und Cyber Monday plant der Handel Erlöse von 5,9 Mrd. Euro ein, das deutlich umfangreichere Weihnachtsgeschäft wird mit 121,4 Mrd. Euro verbucht. Da wird klar: Für den Handel könnte das ganze Jahr Weihnachten sein.