Der Lebensmitteleinkauf auf Pump
Notiert in Washington
Der Lebensmitteleinkauf auf Pump
Von Peter De Thier
Zwar hat seit den fast zweistelligen Teuerungsraten vor vier Jahren der Inflationsdruck in den USA deutlich nachgelassen. Gleichwohl strapaziert das insgesamt hohe Preisniveau die Budgets der meisten Haushalte. Um sich vom Würgegriff historisch hoher Eierpreise und anderer Güter des täglichen Bedarfs zu befreien, greifen daher immer mehr Verbraucher auf ein zunehmend populäres Kreditprodukt zurück: „Buy now, pay later“ (BNPL) Anbieter kommen schon seit Jahren beim Erwerb langlebiger Konsumgüter zum Einsatz. Nach diesem Geschäftsmodell kann ein Kunde den Gesamtpreis auf vier Raten in gleicher Höhe verteilen. Im Gegensatz zu Kreditkarten fallen zwar keine Zinsen an. Doch aber teilweise stattliche Gebühren, sollte es auch nur zu einem geringen Zahlungsverzug kommen.
Nun finanzieren Plattformen wie PayPal, Affirm und Afterpay sogar den Lebensmitteleinkauf. Selbst in wohlhabenden Vororten der Hauptstadt Washington D.C. kommen viele Familien mit dem Geld nicht mehr aus. „Ich hätte es früher nie für möglich gehalten“, sagt Janet S., eine Bankmanagerin aus Ashburn, Virginia. „Brot, Fleisch und Gemüse auf Pump gehört für meine Familie mittlerweile zur Tagesordnung“. Zwar könnten Janet und ihr Ehemann, der im Tech-Sektor arbeitet, die volle Rechnung bar zahlen. „Wenn wir bei den Kosten, die wir sonst noch haben, Lebensmittel in zinsfreien Raten zahlen, warum nicht?“
Umso interessanter ist, dass der Washingtoner Vorort Ashburn mitten in Loudoun County, Virginia liegt. Loudoun ist am durchschnittlichen jährlichen Haushaltseinkommen von 178.000 Dollar gemessen der wohlhabendste Bezirk in den USA. „Dabei sind mein Mann und ich keineswegs die einzigen“, sagt Janet. „Viele Nachbarn tun dasselbe, denn für eine vierköpfige Familie kostet ein halbvoller Einkaufswagen mit Grundnahrungsmitteln locker 150 Dollar.“
Kein Geld für Lebensmittel
In weniger gut betuchten Haushalten ist BNPL kein Luxus wie für Familien in Ashburn. Für die meisten führt an den Ratenzahlungen kein Weg vorbei. Das illustriert auch eine neue Studie der Online-Finanzplattform LendingTree. Demnach finanzierten dieses Jahr ein Viertel aller Haushalte Einkäufe im Supermarkt mit der Hilfe von BNPL Plattformen. 2024 hatte die Zahl nur bei 14% gelegen. Etwas mehr als 40% der Kunden konnten 2025 aber ihre Raten nicht pünktlich begleichen. Ihnen wurden dann teilweise exorbitante Gebühren in Rechnung gestellt.
Matt Schulz, Chief Consumer Financial Analyst bei LendingTree, hält den Trend für einen besorgniserregenden Vorboten. „Diese Entwicklung muss nicht unbedingt bedeuten, dass wir in einer Rezession abgleiten werden“, sagt Schulz. „ Doch die Budgets der meisten Haushalte sind knapp. Sie müssen den Gürtel enger schnallen und kommen mit dem hohen Preisniveau nicht gut zurecht.“ Anzunehmen sei daher, so der Experte, dass in den kommenden Jahren immer mehr Lebensmittel auf Kredit finanziert werden und auch die Zahlungrückstände steigen werden.