Notiert inFrankfurt

Die perfide Tat der Baumfrevler

Kein Respekt vor nichts und niemandem: Mitten in Frankfurt haben Unbekannte zwei riesige und jahrzehntealte Bäume vergiftet. Die Anteilnahme ist so groß wie die Ratlosigkeit.

Die perfide Tat der Baumfrevler

Notiert in Frankfurt

Die perfide Tat der Baumfrevler

Von Lutz Knappmann

Wer tut denn sowas?! Zugegeben, diese Frage drängt sich angesichts der erschütternden politischen Weltlage derzeit häufig auf. Doch selbst im Kleinen, im Lokalen, in der Natur direkt vor der eigenen Haustür gibt es kein Entrinnen vor dem nagenden Zweifel an der Menschheit: Ja haben die denn vor gar nichts mehr Respekt? Die Antwort lautet: Nein, haben sie nicht.

Und damit könnte dieser Text auch schon zu Ende sein. Jedem Leser werden genügend Beispiele aus dem eigenen Erleben einfallen, um hier resigniert zu nicken. Aber es soll um einen konkreten und besonders irritierenden Fall gehen. Um ein – sagen wir es, wie es ist – himmelschreiend sinnloses Verbrechen.

Auf dem Merianplatz, mitten im belebten und beliebten Frankfurter Nordend, mussten vor einigen Tagen zwei kolossale und mehr als 60 Jahre alte Platanen gefällt werden. Sie waren von einem unbekannten Täter ermordet worden. Vergiftet, um genau zu sein. Und das mit perfidem und geduldigem Kalkül: Wer auch immer die beiden Pracht-Platanen auf dem Gewissen hat, verabreichte ihnen schon vor Monaten eine letale Dosis des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat – und das gleich mehrfach.

Wiederholter Giftanschlag

Selbst als die unscheinbaren Bohrlöcher, in die das Gift gespritzt wurde, entdeckt und abgedichtet wurden, setzte der Täter noch einmal nach. Dass etwas nicht stimmte, fiel den bestürzten Anwohnern erst auf, als die Bäume mitten im Frühsommer allmählich verwelkten und über Wochen immer mehr Blätter verloren. Zu spät, wie sich herausstellte. Die beiden Platanen, die den Merianplatz jahrzehntelang weitläufig überspannten, waren nicht mehr zu retten.

Uff. Wer fühlt sich denn von einem so unaufdringlichen wie unverrückbaren Stadtbaum derart bedroht, dass er ihn heimlich und hinterhältig tötet? Die Spekulation über Ursachen und Motive mögen Psychologen und Kriminalisten führen. Eine Erkenntnis aber förderte das Echo auf die Frankfurter Baummorde rasch zutage: Die Sache ist kein Einzelfall.

Kein Täter, kein Motiv

In zahlreichen deutschen Städten sind in den vergangenen Jahren große Bäume heimlich angebohrt und vergiftet worden. Just diese Woche wurde bekannt: Im hessischen Riedstadt sind gleich zehn Bäume einer Glyphosat-Attacke zum Opfer gefallen, unter ihnen ein mehr als 200 Jahre altes Naturdenkmal. Der oder die Täter haben sich dabei besondere Mühe gegeben, die Injektionsstellen zu verstecken.

Gegen diese Kaltblütigkeit wirkt die Tat jener britischen Vandalen, die gerade zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden sind, weil sie im Suff den weltbekannten „Robin-Hood-Ahorn“ abgeholzt und sich dabei gefilmt haben, geradezu grobschlächtig und plump. Immerhin konnten die beiden Axtmörder zur Rechenschaft gezogen werden. Während von den sinistren, hessischen Baumfrevlern bislang jede Spur fehlt – und jede Erklärung für ihre grenzenlose Respektlosigkeit gegenüber der Natur. Es ist zum Verzweifeln.