KommentarEinzelhandel in Deutschland

Ein Halbjahr mit offenem Ausgang

Die Konsumlaune der Verbraucher in Deutschland hat sich in den vergangenen Monaten Stück für Stück verbessert. Laut dem Handelsverband (HDE) ist die Umsatzentwicklung derzeit sogar besser als für die 2025er Prognose angenommen. Doch die Gefahr eines Rückschlags für Kaufkraft und Konsum ist groß.

Ein Halbjahr mit offenem Ausgang

Einzelhandel

Halbjahr mit offenem Ausgang

Von Martin Dunzendorfer

Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat seine Prognose für 2025 bekräftigt, obgleich HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth davon sprach, dass die Branche „momentan in der Umsatzentwicklung oberhalb unserer Prognose“ liege. Einerseits gewinnt man im Verband an Zuversicht, vor allem dank der steigenden Konsumlaune der Verbraucher, die man an der monatlichen HDE-Umfrage festmacht. Sie ist im Juli auf den höchsten Stand seit einem Jahr gestiegen. Andererseits gibt es gegensätzliche Aussagen zu den erwarteten Konsumausgaben der nächsten Monate – von den Risiken ganz zu schweigen –, so dass es für eine Anhebung des Ausblicks zu früh gewesen wäre.

Derzeit rechnet der HDE mit einem nominalen Wachstum von 2,0%, nach 2,2% im Vorjahr. Inflationsbereinigt wäre das ein Plus von 0,5% (2024: 0,9%). Doch sind die Erwartungen der Händler an das laufende Jahr immer noch düster: Einer HDE-Studie zufolge gehen 53% von sinkenden Umsätzen aus, während nur gut ein Fünftel mit Wachstum rechnet – vor allem größere Handelsbetriebe.

Drohende Folgen einer US-Zollerhöhung

Es gibt jedoch Risiken, die den Einzelhändlern das zweite Halbjahr noch gründlich vermasseln können. So zeigt sich der HDE „irritiert“ von der Abkehr der Bundesregierung von der im Koalitionsvertrag verankerten Stromsteuersenkung für alle. Da es für die privaten Haushalte keine Entlastung gibt, bleibt deren erhoffte Kaufkraftzunahme, die zu stärkerem Konsum hätte führen können, aus. Die größte Gefahr für den deutschen Einzelhandel ist aber die US-Handels- und Zollpolitik. Chinesischen Online-Plattformen wie Shein und Temu ist in den vergangenen Wochen der Zugang zum US-Markt erheblich erschwert worden. Als Folge sind deren Einfuhren in die USA eingebrochen und Warenströme nach Europa umgeleitet worden. Sollte auch die deutsche Automotive-Industrie mit ihren vielen mittelständischen Zulieferern von hohen US-Importzöllen getroffen werden, würde das Arbeitsplätze gefährden, der Konsumstimmung einen Schlag versetzen und dem Handel Umsatzeinbußen bescheren.

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