Heidelberger Druck zeigt, wie Schulden Werte schaffen
Den Anhängern von Haushaltsdisziplin und Schuldenbremse galt schon der Begriff „Sondervermögen“ als unzulässiger Euphemismus. Schließlich ging es dabei im Kern um zunächst 100 Mrd. Euro kreditfinanzierte „Sonderausgaben“ zur Ertüchtigung der Bundeswehr. Allerdings lässt sich seit geraumer Zeit beobachten, wie diese Schulden Werte schaffen. Die infolge des Ukraine-Krieges und Zweifel an der Schutzmacht USA in Europa angeschwollene Militärnachfrage hat die Aktienkurse von Unternehmen wie Rheinmetall, Hensoldt oder Renk explodieren lassen.
Neue Wege
Jenseits dieser Initialzündung, die dem Kern der Rüstungsbranche zugutekommt, setzt die fiskalisch angeschobene Aufrüstung aber auch immer mehr innovative Kräfte bei anderen Unternehmen frei. Heidelberger Druck, die im traditionellen Kerngeschäft mit Bogenoffsetdruck die Folgen der Digitalisierung und die abnehmende Bedeutung von Druckerzeugnissen unmittelbar zu spüren bekommen haben, wagt im Zuge einer Kooperation mit Vincorion den Einstieg ins Rüstungsgeschäft. Das 175 Jahre alte Unternehmen richtet seine technologische Kompetenz damit stärker auf sicherheitskritische Technologien aus und erwartet daher eine nachhaltige Umsatzbelebung in den kommenden Jahren. Die Aktie krönte daraufhin eine seit Anfang April laufende Rally mit einem Kurssprung von mehr als 35%. Die einst verkümmerte Marktkapitalisierung ist inzwischen wieder auf rund 665 Mill. Euro expandiert.
Kein Einzelfall
Dabei ist Heidelberger Druck kein Einzelfall. Der Kölner Motorenbauer Deutz hat die Entwicklung robuster und leistungsstarker Antriebe für militärische Kettenfahrzeuge als neues Geschäftsfeld ausgebaut und macht inzwischen 2% seines Umsatzes mit Verteidigungsverträgen, Tendenz steigend. Die Chemiefirma Alzchem hat die Produktion von Landwirtschaftschemikalien auf Komponenten von Sicherheitssprengstoffen umgestellt, das Geschäft soll demnächst 10% vom Umsatz erreichen. Und der Trend zieht Kreise. Andere Unternehmen, deren Kerngeschäft aufgrund einer Schwäche der Kunden leidet, wie etwa bei den Automobilzulieferern, finden im Rüstungsbereich Alternativen. Dass die neue Wachstumsader bald wieder austrocknet, ist nicht zu erwarten. Allein der deutsche Verteidigungshaushalt soll von 62,4 Mrd. Euro im laufenden Jahr auf 153 Mrd. im Jahr 2029 wachsen.
Rüstung
Alle wollen mitverdienen
Von Heidi Rohde
Die staatlich gestützte Rüstungsnachfrage entfaltet innovative Kräfte bei immer mehr Unternehmen. Heidel-berger Druck ist nur ein Beispiel von mehreren.