Vertrauensverlust bremst digitalen Euro
EZB
Vertrauensverlust bremst digitalen Euro
In drei Aspekten könnte der digitale Euro gegenüber bestehenden Bezahlmethoden punkten. Für die EZB wird dies jedoch schwer zu vermarkten sein.
Von Martin Pirkl
Der digitale Euro hat zweifellos an Momentum gewonnen. Angesichts des Politikwechsels in den USA unter Präsident Donald Trump ist es für Europa umso dringlicher geworden, seine Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten zu reduzieren. Besonders groß ist diese im digitalen Zahlungsverkehr, wo ohne Visa, Mastercard und Paypal hierzulande fast nichts geht. Die Einführung eines digitalen Euro, der im gesamten Währungsraum von allen Firmen akzeptiert wird, die digitale Bezahlmethoden annehmen, könnte mittelfristig eine Lösung für das Problem sein. Fortschritte bei europäischen privaten Anbietern könnten eine andere sein – Stichwort European Payments Initative (EPI).
Doch bleiben wir beim digitalen Euro, für den laut EZB-Direktor Piero Cipollone die gesetzliche Grundlage Anfang 2026 stehen dürfte. Das Argument der strategischen Unabhängigkeit im Zahlungsverkehr von den USA (und China) allein würde dem digitalen Euro bei einer Einführung jedoch sicherlich nicht zum Erfolg verhelfen. Denn auch wenn Anhänger der politischen Ränder darüber fantasieren, dass der digitale Euro wahlweise Bargeld oder Giralgeld ersetzen soll, ist dies sicherlich nicht der Plan der EZB oder der EU.
Wo ist der Nutzen?
Der digitale Euro wäre ein zusätzliches Angebot, das die Menschen nutzen können. Was sie jedoch nur tun, wenn sie Vorteile darin gegenüber den Alternativen sehen. Argumente wie die strategische Unabhängigkeit Europas oder die Bewahrung von Zentralbankgeld in Zeiten, in denen Bargeld immer mehr an Relevanz verliert, können nur bestimmte, kleine Personengruppen überzeugen. Für die meisten wird der praktische Nutzen im Alltag entscheidend sein. Dass es hier schwierig werden kann für den digitalen Euro, verdeutlichen ausgerechnet die größten Anhänger dieses Projekts: Notenbanker. Oft skizzieren sie in ihren Reden Anwendungsfälle, für die es bereits ausreichend gute Lösungen von privaten Anbietern gibt.
Dabei gibt es drei Punkte, wo der digitale Euro bei der richtigen Ausgestaltung tatsächlich einen Mehrwert bieten könnte. Doch bei gleich zweien davon wird es für die EZB eine große Herausforderung, diese auch zu vermarkten. Der digitale Euro könnte so designt sein, dass mit ihm konditionale Zahlungen möglich sind. Konkret bedeutet das, wird eine bestimmte Bedingung erfüllt, wird eine Zahlung ausgelöst. Potenzielle Anwendungsfälle dafür gibt es viele. So könnte etwa bei einem Zugausfall die Entschädigung automatisch an den Kunden ausgezahlt werden, sobald die Bahn den Zug ausfallen lässt. Solche und ähnliche Fälle könnten den administrativen Aufwand für Unternehmen, Privathaushalte und Behörden reduzieren.
Imageproblem der EZB
Problem dabei: Die EZB hat bei einigen Leuten ein Vertrauensproblem, das Verschwörungserzählungen im Internet noch nähren. Nach diesen könnte die Notenbank den digitalen Euro so programmieren, dass damit bestimmte, angeblich unerwünschte Güter nicht mehr bezahlt werden können. Bei einer Befragung der Unternehmensberatung Bearingpoint gaben nur 16% an, dass sie der Europäischen Zentralbank die Transaktionsdaten beim digitalen Euro gerne anvertrauen. Unabhängig von der Frage, ob die Menschen eine richtige Vorstellung davon haben, welche Daten überhaupt fließen würden, zeigt es das Imageproblem der Notenbank.
Insofern hat es die EZB auch schwer, mit dem Thema Datenschutz zu punkten. Anders als Finanzdienstleister oder andere Unternehmen hat die Notenbank kein kommerzielles Interesse. Eigentlich ein großer Wettbewerbsvorteil, da man sich dann nicht sorgen muss, ob die Daten für unerwünschte Geschäfte benutzt werden. Doch ohne Vertrauen der Menschen in die EZB kann dieses Argument nicht überzeugen.
Bleibt noch der Aspekt der Offline-Zahlungen. Und hier liegt vielleicht der größte Vorteil gegenüber bestehenden digitalen Zahlungsmitteln. Denn mit dieser Funktion ließe sich auch ohne Internetempfang digital bezahlen, und das zudem auch noch anonym. Eine bislang einzigartige Kombination der Eigenschaften von Bar- und Giralgeld.