KommentarAufklärung im VW-Dieselskandal

Von wegen schonungslos

Volkswagen kämpft weiter mit den Nachwirkungen des Dieselgate-Skandals. Trotz hoher Rückstellungen bleibt die strafrechtliche Aufarbeitung zäh und unvollständig. Den Imageschaden trägt der Konzern.

Von wegen schonungslos

VW-Dieselskandal

Von wegen schonungslos

Von Carsten Steevens

Aus der öffentlichen Wahrnehmung sind die Manipulationen von Millionen Dieselfahrzeugen durch Volkswagen fast zehn Jahre nach ihrer Aufdeckung durch eine US-Behörde weitgehend verschwunden. Inzwischen bereiten auch Europas größtem Autobauer andere Themen größere Sorgen, etwa die Zukunft im weltgrößten Automarkt China. Im Geschäftsjahresbericht 2024 wird die „Dieselthematik“ ab Seite 209 noch auf rund sieben Seiten besprochen. Zwar zeigen angegebene Rückstellungen für Prozess- und Rechtsrisiken von rund 600 Mill. Euro per Ende 2024 sowie Eventualverbindlichkeiten von 4 Mrd. Euro, dass nach wie vor Risiken im Zusammenhang mit einem der größten deutschen Wirtschaftsskandale bestehen. Doch die Kosten, die sich für den Konzern seit September 2015 auf gut 33 Mrd. Euro belaufen, verändern sich ergebniswirksam seit geraumer Zeit kaum noch.

Dass „Dieselgate“ für Volkswagen nicht ausgestanden ist, zeigt aber auch die strafrechtliche Aufarbeitung. Die erweist sich als äußerst zäh und unbefriedigend. Die Liste derjenigen mit Schlüsselrollen, die in die Manipulationen verstrickt waren und bislang nicht angeklagt sind, ist offenbar immer noch lang, wie Aussagen des Vorsitzenden Richters der Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Braunschweig anzeigen. Vorsätzlich unzutreffende oder ungenaue Angaben von Zeugen haben die Urteilsfindung des Gerichts im gerade abgeschlossenen Prozess gegen vier frühere Führungskräfte von VW erschwert.

Schädlich für das Image

Eine vollständige und „schonungslose“ Aufklärung der Dieselmanipulationen, wie sie Martin Winterkorn kurz vor seinem Rücktritt als VW-Konzernchef im September 2015 versprach, hat nicht stattgefunden. Der 2024 eröffnete Prozess gegen Winterkorn selbst ist aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt – Fortsetzung ungewiss. Ein vollständiges Bild der Verantwortlichkeiten wird nicht entstehen. Insofern wundert es nicht, wenn sich Ehemalige aus der dritten bis sechsten Führungsebene, die Haftstrafen ohne Bewährung antreten sollen, als Bauernopfer sehen. Schaden wird das Andauern der „Dieselgate“-Verfahren nicht zuletzt dem Image von Volkswagen.