Euronext greift nach Börse Athen
Euronext könnte Börse Athen kaufen
Gespräche über Übernahme – Griechische Regierung signalisiert Wohlwollen
wü Paris
von Gesche Wüpper, Paris
Euronext setzt ihre Einkaufstour fort. Der paneuropäische Börsenbetreiber hat jetzt ein Auge auf die Börse Athen geworfen. Er bestätigte, mit dem Vorstand der Hellenic Exchanges Athens Stock Exchange (Athex) über ein mögliches Übernahmeangebot für bis zu 100% des Kapitals zu sprechen. Angedacht ist demnach ein Aktientausch, durch den die Athener Börse mit 6,90 Euro je Aktie bewertet würde, so dass die Griechen für 21,029 Aktie je eine neue Euronext-Aktie bekämen.
Basierend auf dem Euronext-Schlusskurs vom 30. Juni, der 145,10 Euro betrug, würde die Börse Athen auf voll verwässerter Basis dadurch mit 399 Mill. Euro bewertet. Ein verbindliches Angebot will Euronext erst nach einer Due Diligence-Prüfung vorlegen. Es sei nicht sicher, dass es tatsächlich zu einem Abschluss käme, erklärte die Mehrländerbörse. Durch die Akquisition der Athex könnte sie sich in Südeuropa verstärken, wo sie bereits die Börsen in Mailand und Lissabon betreibt. Daneben gehören ihr die Börsen in Amsterdam, Brüssel, Dublin, Oslo und Paris.
Dritte Akquisition in diesem Jahr
Die Offerte für Athex zeigt erneut das Interesse von Euronext-Chef Stéphane Boujnah an Übernahmen, auch wenn er in dem neuen Strategieplan den Fokus auf das organische Wachstum legt, wie er kürzlich gegenüber der Börsen-Zeitung erläuterte. Es wäre für ihn 2025 die dritte Akquisition nach Admincontrol und dem nordischen Stromhandelsgeschäft der Nasdaq. Dagegen steht die Konsolidierung für Deutsche Börse-Chef Stephan Leithner offenbar nicht an oberster Stelle. Das sei nicht das grundlegende Problem, sagte er „Les Echos“ kürzlich. „Die größte Herausforderung ist, wirklich wettbewerbsfähige, also zugängliche, effiziente und gesicherte Plattformen anbieten zu können.“
Finanzminister signalisiert Wohlwollen
Athex bestätigte, ein „unverlangtes, nicht bindendes und höchst bedingtes Angebot“ von Euronext erhalten zu haben. Der Verwaltungsrat werde es unter strategischen und finanziellen Gesichtspunkten abwägen und zu gegebener Zeit antworten. Man habe noch keine Verhandlungen begonnen. Zumindest die griechische Regierung hätte nichts gegen die mögliche Übernahme. So erklärte Finanzminister Kostis Hatzidakis, dass er es wohlwollend sähe. Eine Akquisition durch Euronext käme einem Vertrauensvotum in die Stabilität und Dynamik der griechischen Wirtschaft gleich. Sie würde die Integration in den europäischen Finanzraum und das Vertrauen internationaler Investoren in das Land stärken.
Durch einen Zusammenschluss bekämen griechische Finanzmarktakteure Zugang zu einem Netz von mehr als 1.800 börsennotierten Unternehmen mit einer kombinierten Marktkapitalisierung von über 6 Bill. Euro, erklärte die Mehrländerbörse. Sie macht rund 25% des europäischen Aktienhandels aus.