Lagarde deutet Zinspause an
Lagarde deutet Zinspause an
EZB-Präsidentin hält Zolldeal für kompatibel mit bisherigen Projektionen der Notenbank
Ob die EZB im September die Zinsen senkt, dürfte viel von den aktualisierten Projektionen der Notenbank abhängen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde deutete nun an, dass eine deutliche Korrektur wegen der Zölle unwahrscheinlich ist. Ökonomen sind sich dennoch uneins, ob es noch eine Lockerung bis Jahresende geben wird.
mpi Frankfurt
Die Ratsmitglieder der EZB sind derzeit auffällig ruhig. Neben der Sommerpause dürfte dies vor allem an den unsicheren Effekten der US-Zölle auf die Inflation im Euroraum liegen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde deutete am Mittwoch in einer Rede nun an, dass sie mit keinen größeren Korrekturen der Projektionen der Notenbank rechnet. Die Vereinbarung zwischen der EU und den USA sähe einen effektiven Durchschnittszoll für Exporte in die Vereinigten Staaten von etwa 12 bis 16% vor. „Dieser effektive Durchschnittszoll liegt etwas höher als die Annahmen unserer Basisprojektionen vom Juni, aber immer noch nahe daran“, sagte Lagarde am Mittwoch auf einer Veranstaltung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Genf.
Im Rahmen der nächsten Zinssitzung am 11. September präsentiert die EZB neue Projektionen für die Entwicklung der Inflation und des Wirtschaftswachstums. Für die Ratsmitglieder spielen diese Prognosen eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Geldpolitik. Dies betonte Lagarde abermals. Die neuen Projektionen würden „die Entscheidungen in den kommenden Wochen leiten“. Eine Frage dabei wird sein, wie stark die Zölle und die mit ihnen verbundene Unsicherheit die Wirtschaft abbremsen. „Die jüngsten Handelsabkommen haben die globale Unsicherheit zwar gemildert, aber keineswegs beseitigt“, sagte Lagarde.
Flexibel reagieren
Die bislang letzten Projektionen sagen eine Euro-Inflation im kommenden Jahr von 1,6% voraus. 2027 liegt die Teuerung laut den Vorhersagen bei 2,0% – und damit exakt auf dem Wert, den die EZB mittelfristig anstrebt. Ohne eine deutliche Korrektur dieser Projektion wegen der Zölle dürfte es im September keine Zinssenkung geben. „Die Leitzinsen sind aktuell auf einem sehr guten Niveau“, sagte etwa Bundesbankpräsident Joachim Nagel in der vergangenen Woche vor Journalisten. „Von hier aus können wir schauen, wie sich die Wirtschaft weiterentwickelt. Und bei Bedarf können wir flexibel reagieren.“
Einen solchen Bedarf dürften die Notenbanker im September wohl nicht sehen. „Der unterliegende Inflationstrend war im Juli noch immer stärker, als es dem Ziel der EZB entspricht“, sagte Commerzbank-Ökonom Vincent Starmer. „Auch deshalb halten wir eine weitere Senkung der Leitzinsen im September für sehr unwahrscheinlich.“
Letzte Zinssenkung im Dezember?
Die DZ Bank rechnet ebenfalls mit einer Zinspause im September. „Die EZB-Währungshüter haben zuletzt eine abwartende Haltung eingenommen“, sagte Birgit Henseler, EZB-Analystin bei der Bank. Anders als die Ökonomen der Commerzbank rechnet Henseler jedoch damit, dass der Zinszyklus noch nicht abgeschlossen ist.
„Die Handelstarife wirken aber als Bremse für den Außenhandel, insgesamt sollte das Wirtschaftswachstum daher vorerst schwach bleiben.“ Die EZB dürfte deshalb bis Jahresende noch ein weiteres Mal die Leitzinsen um 25 Basispunkte lockern, „um Risiken für die europäische Wirtschaft abzufedern“. Anschließend wird ihrer Einschätzung nach eine lange Phase des Stillhaltens bei der EZB eintreten, die sich über das gesamte Jahr 2026 erstrecken könnte.
Nach dem Zinsentscheid im September stehen in diesem Jahr noch zwei weitere an, im Oktober und kurz vor Weihnachten. Die Sitzung im Dezember gilt als möglicher Termin für eine Lockerung, weil dann erneut aktualisierte Projektionen der EZB anstehen – und dann klarer sein dürfte, wie stark die US-Zölle die Wirtschaft in Europa abwürgen.