Sportartikelkonzern

Adidas-Chef Kasper Rorsted zieht sich zurück

Kasper Rorsteds Worte lassen sich so interpretieren, dass ihn sein CEO-Job bei Adidas in den vergangenen Jahren aufgerieben hat. Vor allem die Folgen der Pandemie im China-Geschäft setzen dem Unternehmen stark zu.

Adidas-Chef Kasper Rorsted zieht sich zurück

Von Joachim Herr, München

Vor fast genau zwei Jahren hatte der Aufsichtsrat von Adidas ein klares Bekenntnis zu Kasper Rorsted abgegeben. Trotz der wenige Monate zuvor aufgebrandeten Empörungswelle wegen der Idee des Vorstandsvorsitzenden, in der Coronakrise die Zahlung von Ladenmieten auszusetzen. Das hielt die Unternehmenskontrolleure nicht davon ab, Rorsteds Vertrag um fünf Jahre bis Ende Juli 2026 zu verlängern. Der damals erst designierte Aufsichtratschef Thomas Rabe zeigte sich in einer Stellungnahme davon überzeugt, dass der Vorstand unter Rorsteds Leitung „die Entwicklung von Adidas zum besten Sportunternehmen der Welt weiter vorantreiben wird“.

Nun herrscht Ernüchterung in der Herzogenauracher Zentrale des zweitgrößten Sportartikelkonzerns. Rabe, Multi-CEO von Bertelsmann, spricht in seiner Stellungnahme davon, mit einem Wechsel auf der Position des Vorstandsvorsitzenden „dem Unternehmen einen Neustart zu ermöglichen“. Dafür sei jetzt der richtige Zeitpunkt – „nach drei herausfordernden Geschäftsjahren, die weltweit von den wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie und geopolitischen Spannungen geprägt waren“.

„Viel Kraft gekostet“

Rorsteds Worte in der Mitteilung lassen sich so interpretieren, dass sich der frühere Vorstandsvorsitzende von Henkel nach knapp sechs Jahren an der Spitze von Adidas und einer erfolgreichen Anfangszeit aufgerieben hat. Äußere Faktoren hätten das Geschäft erheblich beeinträchtigt. „Es hat viel Kraft gekostet, diese externen Herausforderungen zu bewältigen“, sagt der seit Februar 60 Jahre alte Rorsted. Auch aus seiner Sicht „ist ein Neustart im kommenden Jahr für das Unternehmen und für mich persönlich richtig und wichtig“.

Mitteilungen, in denen eine Einigung in gegenseitigem Einvernehmen von Vorstand und Aufsichtsrat beteuert wird, sind in der Regel aus Sicht der Unternehmen nicht geeignet, um Fehler einzugestehen. Adidas ist keine Ausnahme. Immerhin gab Rorsted vor kurzem in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ jedoch Versäumnisse in China zu: „Wir waren nicht gut genug darin, die Konsumenten zu verstehen.“

China hatte Adidas etliche Jahre einen Schub für das Erlöswachstum und die Umsatzrendite gegeben. Doch mit der Pandemie und Boykottaufrufen gegen westliche Produkte wendete sich das Blatt in dem zuvor ertragsstärksten Markt. Die Lockdowns in diesem Frühjahr verhinderten die vom Adidas-Vorstand einkalkulierte Erholung des China-Geschäfts. Ende Juli musste das Management schon zum zweiten Mal in diesem Jahr die Prognose für die operative Marge senken. Auch der Ausblick für den Umsatz wurde revidiert.

Hohe Maßstäbe

Die Schwäche in China, die die gesamte Branche trifft, die Schwierigkeiten mit den Lieferketten und das verlangsamte Wachstum schlagen sich im Aktienkurs von Adidas nieder: Seit dem Höchststand vor einem Jahr ist er auf weniger als die Hälfte abgestürzt. Das nagt an einem so ehrgeizigen Manager wie Rorsted. Er legt hohe Maßstäbe an andere, manche Führungskraft von Adidas bekam das nach Fehlern zu spüren und musste rasch ihre Sachen packen – etwa wegen verpasster Modetrends oder der Rassismus-Debatte von Adidas in den USA. Hohe Erwartungen knüpft Rorsted auch an sich selbst. Das spricht dafür, dass er sich nicht gegen den Wunsch des Aufsichtsrats nach einem Neuanfang sträubte.

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