Impfstoffdebakel

Der Curevac-Chef beginnt mit der Reparatur

Trotz der enttäuschenden Zwischenanalyse versucht das Management die Aktionäre von einem Erfolg des Impfstoffs zu überzeugen. Auch die größten Anteilseigner bekennen sich zu dem Tübinger Unternehmen.

Der Curevac-Chef beginnt mit der Reparatur

Von Joachim Herr, München

Am Tag danach beginnen die Reparaturarbeiten. Das Vertrauen in das Tübinger Biotechnologieunternehmen Curevac ist schwer beschädigt. An erster Stelle versucht der Vorstandsvorsitzende Franz-Werner Haas, den Eindruck eines endgültigen Flops des Impfstoffkandidaten zu zerstreuen. Es sei eigentlich nicht korrekt, die vorläufige Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs von Curevac mit der anderer Impfstoffe zu vergleichen, sagte er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Das Argument des Managers an der Unternehmensspitze: In der Studie von Curevac seien 29 Virusvarianten enthalten. Das ursprüngliche Virus spiele dabei kaum mehr eine Rolle. „Die Zahlen zur Wirksamkeit der anderen Impfstoffe sähen vermutlich anders aus, wenn man deren Studien zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt hätte“, fügte der promovierte Jurist hinzu.

Diese Aussage ist für alle Geimpften und die, die einen oder zwei Piks mit den Vakzinen von Biontech, Moderna, AstraZeneca oder Johnson & Johnson noch vor sich haben, schon etwas beunruhigend. Doch für Haas, der seit neun Jahren im Unternehmen ist und vor knapp elf Monaten im Alter von 50 Jahren Vorstandschef wurde, geht es in erster Linie um Schadensbegrenzung. Nachdem eine Zwischenanalyse eine vorläufige Wirksamkeit des Impfstoffanwärters von nur 47% gegen eine Covid-19-Erkrankung ergeben hatte, stürzte am Donnerstag der Kurs der an der Nasdaq notierten Curevac-Aktie um fast 40% in die Tiefe (vgl. BZ vom 18. Juni).

Überzeugungsarbeit

Tags darauf, am Freitag, folgte an der Börse eine Erholung. In den ersten Handelsstunden in New York legte der Kurs um 14% zu. Zum Teil könnte dies freilich eine technische Reaktion sein. Haas gibt sich davon überzeugt, dass sich die Wirksamkeit des Impfstoffs von Curevac verbessern wird. In zwei bis drei Wochen soll das sichtbar werden. Bis dahin erwartet das Unternehmen den Abschluss der Analyse der Daten aus der finalen Studienphase. Danach will Curevac mit der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) besprechen, ob zusätzliche Daten nötig sind. Die EMA stellte bereits klar, dass die gesamten Studienergebnisse berücksichtigt würden. Und eine Wirksamkeit unter 50% müsse nicht das Aus bedeuten, deutete die EMA an.

Wie Haas bemüht sich auch Peter Kremsner, Zuversicht zu verbreiten. Der 60 Jahre alte Mediziner und Professor an der Universität Tübingen ist Leiter der Impfstoffstudie von Curevac. Es sei möglich, das Vakzin noch einsatzfähig zu machen, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Kremsner bittet jedoch um Geduld: „Aus meiner Sicht wird das nicht in den nächsten Wochen gelingen.“

Hopp bleibt dabei

Am Donnerstag hatte Kremsner eingestanden, dass Biontech und Moderna die besseren Impfstoffe hätten. Curevac steht nach seiner Meinung aber nach wie vor unter den besten zehn von 300 Impfstoffentwicklern. „Aber wir haben es halt nicht in die Medaillenränge ge­schafft.“☺

Rückendeckung erhalten das Management und der Studienleiter von den zwei größten Aktionären. Hauptinvestor Dietmar Hopp, der Gründer von SAP und mit 47% an Curevac beteiligt, beteuert: „Ich glaube felsenfest an das Unternehmen.“ Er bleibe auf alle Fälle als Aktionär dabei. Dieses Bekenntnis gab auch das Wirtschaftsministerium in Berlin für den Bund ab, der über die staatliche Förderbank KfW mit einem Anteil von 16% dabei ist.