Energiewende

Der Grüne Klaus Müller soll Netzagentur-Chef werden

Der oberste deutsche Verbraucherschützer, Klaus Müller, soll Chef der Bundesnetzagentur werden. In seinem neuen Job muss ihm der Spagat gelingen zwischen den Klimaschutzbestrebungen und den Anforderungen der deutschen Wirtschaft und der Verbraucher.

Der Grüne Klaus Müller soll Netzagentur-Chef werden

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Der frühere Grünen-Politiker und jetzige oberste deutsche Verbraucherschützer Klaus Müller soll neuer Chef der Bundesnetzagentur werden – als zentrale Instanz der Energiewende eine der mächtigsten Behörden in Deutschland. Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte bereits die wahrscheinliche Ernennung des 50-Jährigen, der damit aller Voraussicht nach Nachfolger des Amtsinhabers Jochen Homann wird, der im Februar nach zehn Jahren in der Position aufhört. In den Koalitionsverhandlungen mit SPD und FDP hatten sich die Grünen das Vorschlagsrecht gesichert.

In seiner neuen Rolle muss Müller, der seit 2014 Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands ist, nun der Spagat gelingen zwischen den Klimaschutzbestrebungen der grünen Basis und den Anforderungen der deutschen Wirtschaft und der Verbraucher, die von schnell steigenden Energiepreisen gebeutelt werden. Die Expertise dazu aus der politischen Welt bringt der Diplom-Volkswirt mit: Müller war unter anderem von 1998 bis 2000 Bundestagsabgeordneter und von 2000 bis 2005 Umwelt- und Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein sowie 2005/06 schleswig-holsteinischer Landtagsabgeordneter.

Im Rampenlicht steht die Netzagentur derzeit, weil sie den Betriebsbeginn der russischen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 prüft und genehmigt. Vor allem jedoch kommt der in Bonn ansässigen Behörde mit 3000 Mitarbeitern, die im Geschäftsbereich des Wirtschaftsministeriums liegt und unter anderem den Wettbewerb in den Netzen für Strom, Gas und Telekommunikation aufrechterhalten soll, bei der Energiewende eine zentrale Rolle zu, weil der Netzausbau von ihr gesteuert wird. Sie hat gerade die Eigenkapitalverzinsung, die die Netzbetreiber für ihre Investitionen erhalten, so stark herabgesetzt, dass Eon und EnBW dagegen klagen wollen. Urteile des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs haben die Macht der Behörde indes deutlich wachsen lassen: Sie agiert künftig noch unabhängiger von Weisungen der Bundesregierung, und ihre Entscheidungen werden vor Gericht weniger leicht anfechtbar sein.

Wirtschaftsminister Habeck sagte am Donnerstag: „Klaus Müller ist ein überzeugter Befürworter der Energiewende, der den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze mit großem Engagement und klarem Kurs forcieren wird.“ Die Bundesnetzagentur sei eine wichtige Akteurin, um Planungsprozesse zu be­schleunigen und auf CO2– und Kosteneffizienz zu achten.

Dass Müllers Ernennung als neuer Bundesnetzagenturchef geplant ist, bestätigte der Vorsitzende des Beirates der Behörde, der niedersächsische Umwelt- und Energieminister Olaf Lies (SPD). Der mit Vertretern des Bundestags und des Bundesrats besetzte Beirat will den Personalvorschlag der Bundesregierung unterbreiten.

„Klaus Müller kommt vom Verbraucherschutz und muss im Blick behalten, dass die Netzbetreiber akzeptable Konditionen für die dringend erforderlichen Investitionen in die Energiewende erhalten“, kommentiert der erfahrene Energierechtsanwalt Peter Rosin. „Die für die kommenden Jahre vorgesehenen Eigenkapitalzinsen werden hierfür nicht reichen.“ Zudem müsse Müller mit der EU eine Verständigung über die Regulierung für den Energie­binnenmarkt finden, da Brüssel sehr deutlich versuche, regulatorische Kompetenzen an sich zu ziehen.