Ein mysteriöser Geschäftsmann hält die Wall Street in Atem
Ein mysteriöser Geschäftsmann hält die Wall Street in Atem
Mysteriöser Unternehmer rüttelt Wall Street durch
Von Alex Wehnert, New York
Patrick James operiert außerhalb des Scheinwerferlichts der öffentlichen Kapitalmärkte. Der aus Malaysia stammende Geschäftsmann hat über das vergangene Jahrzehnt komplexe Kreditfinanzierungen genutzt, um den Autoteile-Zulieferer First Brands zusammenzustricken – dessen spektakulärer Zusammenbruch nun die Wall Street durchrüttelt. Das in Ohio ansässige Unternehmen flüchtete Ende September in den Gläubigerschutz nach Chapter 11 und konnte dabei nicht einmal genau angeben, welches Volumen seine Verpflichtungen haben, die zum Großteil aus schuldenfinanzierten Akquisitionen stammen. Es sei ein Betrag irgendwo zwischen 10 Mrd. und 50 Mrd. Dollar, teilweise außerhalb der Bilanz versteckt.
Das Dickicht der von der Insolvenz betroffenen Finanzdienstleister ist selbst für erfahrene Analysten schwer zu durchblicken. Das größte Exposure besitzt wohl die Investmentbank Jefferies, deren Tochter Point Bonita Capital entlang der Kundenkette von First Brands Kredite im Volumen von 715 Mill. Dollar verteilt hat. Die Regionalbank Western Alliance steckt wiederum über Leverage-Fazilitäten, die sie Jefferies bereitgestellt hat, mit in der Klemme. Blackrock versucht unterdessen, sich ihre in dem betroffenen Fonds des New Yorker Investmenthauses hinterlegten Mittel zurückzuholen.
Internationale Verwicklung
Der Kollaps des von James gegründeten Scheibenwischer-, Bremsteil- und Zündkerzenimperiums entfaltet dabei internationale Folgen. Die UBS hat über die Fonds „UBS Hedge Fund Solutions“ oder „1977 O'Connor“ sowie über drei weitere Vehikel von UBS Asset Management Anlegermittel im Volumen von 516 Mill. Dollar bei First Brands investiert. Das US-Tradinghaus Cantor Fitzgerald will deshalb einen Deal zu Übernahme von UBS O'Connor neu verhandeln. Und ein Joint Venture zwischen der japanischen Norinchukin Bank und dem Handelsriesen Mitsui besitzt wohl ein Exposure von 1,75 Mrd. Dollar gegenüber First Brands. Der Research-Dienst Morningstar hat eine Liste mit über 200 Fonds veröffentlicht, die von der Pleite betroffen sein sollen.
Spärliche Informationen
Laut dem Handelsfinanzierer Raistone, der einen signifikanten Teil der außerbilanziellen Finanzierungen des Autozulieferers mit arrangiert hat, sind bis zu 2,3 Mrd. Dollar an Assets „einfach verschwunden“. Verkompliziert wird die Lage noch dadurch, dass Jefferies nicht offen gelegte Gebühren aus Finanzierungen für First Brands eingenommen haben soll. Der „Side Letter“ zwischen dem Investmenthaus und dem Autozulieferer verstößt laut anderen Gläubigern wohl gegen ihre Kreditvereinbarungen mit dem zahlungsunfähigen Unternehmen.
Der Mann, der wohl maßgeblich für das Chaos verantwortlich ist, hält sich dabei äußerst bedeckt. Fotos von Patrick James gibt es kaum, Stellungnahmen zur Insolvenz seines Autoteile-Imperiums gibt er nicht ab. Beschreibungen seines Hintergrunds in offiziellen Einreichungen bei der Börsenaufsicht SEC fallen äußerst spärlich aus: Er besitze „weitreichende Erfahrung in der Aftermarket-Autoindustrie“, heißt es dort lediglich. Bekannt ist, dass der heute 61-Jährige in Kuala Lumpur geboren ist und einst für ein Studium nach Ohio zog. Zu Beginn des Jahrtausends begann er, eine Reihe kleiner Fertigungsstätten in den USA aufzukaufen – kurz darauf begannen die Probleme mit Gläubigern.
Frühe Probleme
Nachdem einige von James' Firmen im Zuge der Finanzkrise 2008 in Schieflage gerieten, klagten zwei Kreditgeber wegen angeblich betrügerischen Verhaltens gegen den Unternehmer. Ein Geldhaus beschuldigte James und andere Beklagte seinerzeit, „falsche Darstellungen und Auslassungen“ hinsichtlich ihrer Forderungen und ihres Inventars getätigt zu haben. Der Geschäftsmann wies die Vorwürfe zurück, beide Klagen wurden außergerichtlich beigelegt.
Auf dem Spiel standen damals Millionen, heute sind es Milliarden. Denn das starke Wachstum von Private Credit befähigte James, sich über die folgenden anderthalb Dekaden deutlich größere Mittel abseits des Kapitalmarkts zu leihen. Die von ihm gegründete Crowne Group kaufte dem auf mittelständische Unternehmen spezialisierten Private-Equity-Haus Kohlberg & Company 2014 den in Michigan ansässigen Scheibenwischer-Hersteller Trico ab und ließ dem eine Reihe weiterer kreditfinanzierter Übernahmen folgen.
Gläubiger rätseln
Vor fünf Jahren benannte James sein Konglomerat, zu dem laut Webseite nun 24 Firmen aus dem Automobilbereich gehören, in First Brands Group um. Der Unternehmer ist über eine Reihe von Limited Liability Corporations Eigentümer des Autoteile-Anbieters und zugleich als Präsident und CEO vieler seiner Gesellschaften eingetragen. Seinen Gläubigern bereitet der mysteriöse Geschäftsmann wohl noch viel Kopfzerbrechen.