Brücke nach Sizilien

Italiens Vizepremier will sich ein Denkmal setzen

Italiens Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini will als Vater einer Brücke nach Sizilien in die Geschichtsbücher eingehen. Von diesem Projekt träumten schon die Römer.

Italiens Vizepremier will sich ein Denkmal setzen

Milliarden-Infrastrukturprojekt

Brückenbauer Matteo Salvini

Italiens Vizepremier will als Vater einer Brücke nach Sizilien in die Geschichtsbücher eingehen

Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand

Matteo Salvini (52) will aus dem Schatten von Giorgia Meloni treten. Die Premierministerin lässt ihren Koalitionspartner, Vizepremier und Verkehrsminister oft auflaufen. Mit dem Bau einer Brücke zwischen dem kalabrischen Festland und Sizilien hofft er, in die Geschichtsbücher eingehen.

Salvini sieht sich fast am Ziel. Er braucht noch die Zustimmung des Rechnungshofs. Dann soll es, im September oder Oktober, losgehen. Wovon die Römer, der faschistische Diktator Benito Mussolini und Ex-Premier Silvio Berlusconi träumten – Salvini will es wahr werden lassen. Die Kosten für die insgesamt fast 3,7 Kilometer langen Hängebrücke mit 400 Meter hohen Pfeilern werden derzeit mit 13,5 Mrd. Euro veranschlagt. Dazu braucht es 40 Kilometer lange Straßen- und Bahnzufahrten auf beiden Seiten, die mit mindestens noch einmal 1 Mrd. Euro zu Buche schlagen – wenn es reicht.

Hemdsärmlige Art

Mit seiner hemdsärmligen Art schlägt der Lega-Chef und frühere Radioreporter aus Mailand alle Bedenken in den Wind: Extrem starke Winde, eine hohe Erdbebengefahr, mögliche Mehrkosten und eine deutlich längere Bauzeit. „Wir bekommen das hin.“ Die Mafia und ihre kalabresische Variante 'Ndrangheta? „Wenn wir deshalb verzichteten, würden wir gar nichts mehr machen.“ Umweltpolitische Bedenken oder Zweifel an der Wirtschaftlichkeit? Kleingeister und Bedenkenträger.

Und die Finanzierung? Auch da weiß Salvini eine Lösung: Er erklärt das Projekt zu einem militärisch strategischen Vorhaben, das im Bedarfsfall dazu diene, Truppen und militärisches Material zu transportieren. Nach Sizilien? Die Baukosten sollen den Rüstungsausgaben zugeschlagen werden. Damit will Italien die Verpflichtung erfüllen, die Rüstungsausgaben bis 2025 auf 5% des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Salvinis Parteifreund, Finanzminister Giancarlo Giorgetti, hatte kürzlich für Verblüffung gesorgt, als er verkündete, Italien gebe bereits jetzt 2 statt 1,5% für Rüstung aus. Er hatte Ausgaben für die Finanzpolizei, den Carabinieri und den Wetterdienst eingerechnet. Kreative Buchführung.

Applaus der Wirtschaft

Salvini verspricht eine Fertigstellung bis 2032 und einen Mauttarif von unter 10 Euro. Das rechnet sich ökonomisch nicht. Die Fahrtzeiten im Zug oder Auto verkürzten sich um bis zu 165 Minuten. Die Wirtschaft, allen voran das Baukonsortium Eurolink um den Konzern WeBuild, applaudiert. Doch die Anbindung im Norden und Süden fehlt. Allein die geplante Verlängerung des Bahnhochgeschwindigkeitsnetzes von Salerno südlich von Neapel bis an die Südspitze Kalabriens kostet mindestens 17 Mrd. Euro. Und auch die Autobahnanbindung lässt sehr zu wünschen übrig. Von den Straßenverbindungen in Sizilien nicht zu reden.

Putin-Freund

Salvini ficht das nicht an. Der Putin-Freund, dessen Partei von Russland mitfinanziert worden sein soll, will aus Melonis Schatten treten. Mit seinen nationalistischen, populistischen und europafeindlichen Positionen steht er rechts von der „Neofaschistin“ und deckt die Rechtsaußenflanke ab. Er unterhält enge Kontakte in die rechte Szene. Salvini braucht Erfolgserlebnisse. Als Vizepremier einer Regierung mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung hatte Salvini seine Kräfte überschätzt. 2019 brachte er die damalige Regierung zu Fall und hoffte, Premierminister zu werden. Doch der Vater zweier Kinder verzockte sich. Seine Partei ist von 34% auf 8 bis 9% abgestürzt.