US-Geldpolitik

Janet Yellen wird 75

An der Elite-Uni Yale 1971 die einzige Frau, die als Volkswirtin promovierte. 33 Jahre später Präsidentin der Federal Reserve San Francisco, 2013 dann Fed-Chefin, und seit Jahresanfang als erste Frau US-Finanzministerin: Janet Yellen.

Janet Yellen wird 75

Von Peter De Thier, Washington

An Superlativen hatte es in der akademischen und politischen Karriere Janet Louise Yellens nie gefehlt. An der Elite-Uni Yale war sie 1971 die einzige Frau, die als Volkswirtin promovierte. 33 Jahre später stieg die Ökonomin zur ersten Präsidentin der Federal Reserve Bank von San Francisco auf und wurde 2013 vom damaligen Präsidenten Barack Obama als erste Frau an die Spitze der Notenbank Fed in Washington berufen. Eine Position, für die der Senat sie mit einer knapperen Mehrheit bestätigte als jeden ihrer Vorgänger. Einzigartig ist auch die Tatsache, dass keine Frau vor Yellen es jemals an die Spitze des Finanzministeriums schaffte, wo sie seit Januar für die Fiskal- und Steuerpolitik der Biden-Administration verantwortlich ist.

In die Geschichtsbücher will die dekorierte Ökonomin, die am Freitag ihren 75. Geburtstag feiert, aber nicht wegen der Präzedenzfälle eingehen, für die sie gesorgt hat. Das Vermächtnis der sozialliberalen Akademikerin besteht vielmehr darin, Verfechterin einer lockeren Geldpolitik zu sein, die Stellenaufbau, einem robusten Arbeitsmarkt und Wirtschaftswachstum Vorrang einräumt vor Inflationsbekämpfung. Schon in den neunziger Jahren, als Präsident Bill Clinton sie in den Notenbankvorstand berief, hatte sie sich gegen die Bestrebungen des damaligen Fed-Vorsitzenden Alan Greenspan gestemmt, mit höheren Zinsen die Inflation auf null drücken zu wollen. Yellen plädierte schon damals für ein flexibleres Inflationsziel, das unter ihrem Nachfolger Jerome Powell schließlich Realität geworden ist.

Chefökonomin unter Clinton

1997 holte Clinton die Ökonomin aus dem Fed-Vorstand an die Spitze des Beraterstabs Council of Economic Advisors. Nach einigen Jahren in der Politik sattelte sie um und nahm einen Lehrstuhl an der University of California an, wo sich Yellen unter anderem mit Studien über die sozialen Folgen der Geld- und Fiskalpolitik und das wachsende Einkommensgefälle profilierte. 2004 übernahm die Volkswirtin den Chefsessel des Fed-Ablegers in San Francisco, wurde von Obama sechs Jahre später zur Stellvertreterin von Fed-Chef Ben Bernanke berufen und trat 2013 schließlich dessen Nachfolge an.

Sowohl in der Rolle als die Nummer zwei als auch der späteren Fed-Vorsitzenden war Yellen bemüht, der Geldpolitik erstmals eine sozialpolitische Komponente zu verleihen. Stets mit ruhiger, aber resoluter und selbstbewusster Stimme plädierte sie grundsätzlich für Maßnahmen, um den Arbeitsmarkt zu beleben. Das Ziel der Vollbeschäftigung dürfe allerdings nicht allein am Stellenwachstum und der Erwerbslosenquote gemessen werden, argumentierte sie. Berücksichtigt werden müssten auch qualitative Kriterien, etwa die Erwerbslosenquote bei Minderheiten, das wachsende Wohlstandsgefälle und die Tatsache, dass Millionen von Vollzeitbeschäftigten vom gesetzlichen Mindestlohn leben.

Obwohl unter ihrer Ägide die Arbeitslosenquote auf den tiefsten Stand seit 17 Jahren sank, war Yellen den Hardlinern in der Fed zu liberal. Den damaligen Präsidenten Donald Trump irritierte vor allem, dass sie eine Lockerung der Bankenaufsicht konsequent ablehnte. Eine zweite Amtszeit wollte Trump ihr nicht schenken und nominierte stattdessen den Republikaner Jerome Powell. Yellen war nicht nur die erste Fed-Vorsitzende aus den Reihen der Demokraten seit Paul Volcker, sondern auch die erste seit 40 Jahren, die keine zweite Amtsperiode erhielt.