Jungheinrich-Chef hat Konkurrenz aus China im Visier
Jungheinrich nimmt Konkurrenz aus China ins Visier
Von Carsten Steevens, Hamburg
Zum zweiten Mal, seit Lars Brzoska im September 2019 die Nachfolge von Hans-Georg Frey als Vorstandsvorsitzender von Jungheinrich angetreten hat, wird der familiendominierte Intralogistikkonzern aus Hamburg an diesem Mittwoch Leitlinien für die kommenden Jahre vorstellen. Die neue Strategie „2030+“, die der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 26. September vergangenen Jahres genehmigte, wird an die im November 2020 während der Corona-Pandemie präsentierte Ausrichtung bis 2025 anknüpfen.
Damals kündigte Brzoska an, mit der Strategie „2025+“ Jungheinrich profitabler, effizienter und nachhaltiger aufzustellen. Technologisch richtete das Unternehmen den Schwerpunkt auf Automatisierung, Digitalisierung und zukunftsweisende Energiesysteme. Zudem galt ein „besonderer Fokus“ dem Ausbau der Präsenz in Europa, China und Nordamerika. Im Rückblick stellt der Vorstandschef inzwischen fest, die „wichtigsten Ziele“ der Strategie seien erreicht worden.
Volatiler Kurs
An der Börse gab es für Jungheinrich in dieser Strategieperiode indes ein Auf und Ab: Dem Allzeithoch im April 2021 bei 47,32 Euro folgte eine Talfahrt auf knapp über 20 Euro im September des Folgejahres. Vom Kursrutsch 2024 um 23% auf 25,66 Euro hat sich der Kurs des MDax-Unternehmens inzwischen auf über 32 Euro erholt. Von der erratischen US-Zollpolitik ist das Unternehmen bislang nur im Ersatzteilbereich betroffen. Von größerer Bedeutung dürfte nun die Erweiterung des „globalen Footprint“ über den Kernmarkt Europa hinaus werden, in dem Jungheinrich 2024 rund 83% des Jahresumsatzes erwirtschaftete.
Chancen für einen „noch sehr europäischen Spieler“ wie Jungheinrich lägen auch „in der Expansion außerhalb Europas“. Das hatte Brzoska anlässlich des Ende März veröffentlichten Geschäftsjahresberichts erklärt. Um „deutlich globaler“ zu werden, kann man sich in Hamburg Transaktionen vorstellen, vor allem in Nordamerika, aber auch in der Region Asien-Pazifik. Im Raum steht, dass Jungheinrich bereits am Mittwoch auch Einzelheiten zu einer Kooperation mit einem asiatischen Unternehmen bekanntgeben könnte, die sich mit Blick auf die zunehmende chinesische Konkurrenz auf Produkte mit geringerem Wert konzentriert.
Strukturell mehr Druck
Konzernchef Brzoska hob bei der Vorstellung der Jahresbilanz den „strukturell steigenden Wettbewerbsdruck“ hervor, auf den man reagieren müsse. Chinesische Unternehmen hätten bei geringen Herstellkosten technologisch enorm aufgeholt und überholt. Sie hätten auch in Deutschland durch eine Kombination aus guten Produkten, Exportstärke, gutem Händlernetz und niedrigen Preisen Marktanteile in unterschiedlichen Produktsegmenten gewonnen.
Gerade in konjunkturellen Krisenphasen wie derzeit achteten Kunden seltener auf High-End-Produkte, so Brzoska, der seit 2014 dem Jungheinrich-Vorstand angehört und zunächst für die Ressorts Vertrieb und Technik zuständig war. Der „Mid-Tech-Markt“ sei nicht nur in Asien, sondern auch in Europa und den USA groß, und Unternehmen aus China besetzten diesen Markt gerade. Der Jungheinrich-Chef kündigte an, „in Kürze“ eine Antwort auf die Herausforderung zu geben und zeigte sich zuversichtlich, dass man „von der chinesischen Welle nicht überrollt“ werde.
Optimistisches Bild
Ein aus Sicht von Analysten vermittelte Jungheinrich mit der Prognose ein „optimistisches Bild“, gerade angesichts der anhaltend schwachen Konjunktur in Europa 2025. Geplant ist ein größerer Auftragseingang zwischen 5,5 und 6,1 (i.V. 5,3) Mrd. Euro und ein Umsatz zwischen 5,4 und 6 (5,4) Mrd. Euro – bei stabilen Lieferketten und ohne Verschärfung geopolitischer Spannungen. Am oberen Ende der Erlösspanne würde der mit der Strategie „2025+“ verbundene Zielwert immerhin erreicht. Die Zielgröße hatte Jungheinrich nach der 2023 vollzogenen Akquisition von Storage Solutions, einem Anbieter von Lösungen aus den Bereichen Regalsysteme und Lagerautomatisierung in den USA, vor gut einem Jahr um 500 Mill. auf 6 Mrd. Euro erhöht.
Die 2025 zwischen 7,8 und 8,6 (8,1)% erwartete Ebit-Rendite könnte erneut knapp innerhalb der bisherigen Zielspanne von 8 bis 10% landen. Mit 8,5% datiert der Bestwert in der bisherigen Ära Brzoska aus dem Jahr 2021. Dass Jungheinrich weiter an den eigenen Strukturen arbeiten müsse, um die Kostenbasis zu verbessern, machte der 52-Jahre alte Konzernchef deutlich. Neben der digitalen Transformation will das Unternehmen, das im vergangenen Jahr mit Verweis auf ein schwieriges Marktumfeld knapp 200 Stellen abbaute, auch das Automatisierungsgeschäft weiter ausbauen.
Vorstandsposten offen
Wie bedeutsam die Ausrichtung in dem wichtigen Wachstumsbereich ist, zeigte sich mit der Einrichtung des neuen Vorstandsressorts für Automation im vergangenen Jahr. Der berufene Vorstand Udo Panenka schied jedoch Ende Februar nach nur zehn Monaten im Amt wegen unterschiedlicher Auffassungen über Struktur und Ausrichtung des Ressorts wieder aus. Die Nachfolge ist noch offen. Im 2024 neu geordneten Vorstand ist derzeit Jungheinrich-Chef Brzoska interimistisch für das Geschäft zuständig.