Deutschland-Chef bei Salesforce

KI-Agenten dürfen nur ins Büro, nicht in den Keller

Alexander Wallner ist vor ziemlich genau einem Jahr als Deutschland-Chef von Salesforce angetreten. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung spricht er über den Einsatz von künstlicher Intelligenz, wie viel Zeit er damit spart und wer nicht zu beneiden ist.

KI-Agenten dürfen nur ins Büro, nicht in den Keller

Nur ins Büro, nicht in den Keller

Salesforce Deutschland-Chef Alexander Wallner über KI-Agenten, die Zukunft der Entwickler und wer nicht zu beneiden ist

Von Nadine Klees, Frankfurt

KI-Agenten dürfen beim Deutschland-Chef von Salesforce, Alexander Wallner (51), nur ins Büro, nicht in den Keller. Denn „privat bevorzuge ich tatsächlich eher die menschliche Intelligenz“, erklärt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Nach der Arbeit braucht Wallner vor allem Entschleunigung. Ganz analog und ohne künstliche Intelligenz. Dann geht er gerne in den Keller und spielt Flipper.

Im Büro ist KI derzeit natürlich das wichtigste Thema bei seinem noch recht neuen Arbeitgeber. Wallner hat vor ziemlich genau einem Jahr die Position des Deutschland-Chefs und des CEO für die Region Zentraleuropa für Salesforce übernommen. Der Konzern bietet Lösungen für Enterprise Cloud Computing mit Fokus auf das Kundenbeziehungsmanagement (CRM) an. Davor hat er lange für das kalifornische Cloud-Computing-Unternehmen Netapp gearbeitet und zuletzt als CEO beim Public-Cloud-Anbieter Plusserver in Köln.

KI-Agenten als Weiterentwicklung

Bei Salesforce beschäftigt Wallner derzeit vor allem das Thema KI-Agenten. Mit selbigen kommt er im Rahmen der Agentforce World Tour Mitte Mai auch zur Messe nach Frankfurt. KI-Agenten sind die Weiterentwicklung nach Chatbots und KI-Copiloten; in einem Interview hat Wallner sie als „Evolution“ beschrieben. Auch bei Salesforce übernehmen KI-Agenten gerade das Ruder. Sie geben nicht nur Antworten – oder schreiben Gedichte, wie Wallner gerne über ChatGPT witzelt –, KI-Agenten gehen einen Schritt weiter: „Sie können selbständig Schlüsse ziehen und aktiv Entscheidungen treffen“, sagt er.

Salesforce setzt sie zum Beispiel im Service ein. Das Unternehmen habe mehr als 150.000 Kunden und zuletzt mehr als 27.000 Anfragen im Kundenservice pro Woche. Die KI-Agenten beantworten Anfragen selbständig gemäß den vorgegebenen Regeln. Das klappt offensichtlich recht gut: Nur knapp 1.300 Anfragen mussten am Ende an menschliche Experten weitergeleitet werden, in knapp 2.800 Fällen haben die Nutzer die Anfrage abgebrochen. Zuletzt hieß es zu dem Thema von Salesforce: Bereits 5.000 Kunden nutzten die KI-Agenten, darunter 3.000 bezahlte Verträge.

Obwohl der Service bei Salesforce durch KI-Agenten extrem entlastet werde, heiße das noch lange nicht, dass Salesforce deshalb Mitarbeiter entlasse, so Wallner. Zum Thema, dass KI Jobs vernichte, hat er generell eine klare Meinung: Er ist davon überzeugt, dass es künftig eher mehr Jobs geben wird – „aber es werden eben andere sein“. Auch das Berufsbild des Entwicklers werde sich weitgehend verändern. Gebraucht würden diese Mitarbeiter aber trotzdem. Als viel bedrohlicher für die arbeitende Bevölkerung sieht Wallner einen ganz anderen Punkt: Nämlich dass sich das Rad in der Arbeitswelt immer schneller dreht: „Man darf die Menschen nicht überlasten.“ Mit steigender Geschwindigkeit im Job nähmen Stress, Belastung und schließlich Burnouts zu. „Das ist aber kein Sprint, sondern ein Marathon“, meint Wallner mit Blick auf das Berufsleben. Und kommentiert selbst: „Na ja, schlaue Sprüche von einem alten weißen Mann“, sagt er und lacht.

Wenn Wallner selbst KI im Job nutzt, bringt ihm das vor allem Zeitersparnis: „Pro Woche sind das schon zehn Stunden.“ Zeit, die er wieder in das investieren kann, was ihm wichtig ist: der persönliche Kontakt zu Menschen. „Ich nutze die Zeit, um mich mit Kunden zu treffen“, beschreibt der Manager. Für ihn bleibt Kommunikation ein Qualitätsmerkmal. Er sei gerade viel unterwegs, auch im Flugzeug, und habe den Eindruck, dass wieder mehr Menschen Zeitungen in der Hand hielten: „Vielleicht ist das auch ein wenig die Rückbesinnung auf das Klassische.“

Diskussion mit den Kindern

Wenn Wallner dann von der Geschäftsreise nach Hause kommt, begleitet ihn das Thema KI doch noch bis zum Küchentisch. Denn der Salesforce-Manager ist dreifacher Vater und seine Kinder alle gerade auf dem Weg von der Schule in die Berufswelt. Da lässt sich das Thema kaum vermeiden, dennoch hält sich Wallner mit schlauen Ratschlägen zur Berufswahl seiner Kinder zurück. „Keiner weiß, welche Jobs es in einigen Jahren noch gibt und welche nicht.“ Wenn sie ihn nach seiner Meinung fragen, antwortet er deshalb nur: „Das Wichtigste ist, flexibel im Kopf zu bleiben.“ Dann hätten auch junge Menschen viele Möglichkeiten. Wallner klingt dabei fast immer optimistisch. Aber dann fügt er am Ende doch in einem Nebensatz hinzu: „Aber zu beneiden sind sie nicht.“

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