VW will Durststrecke in China mit Ralf Brandstätter überwinden
VW will Durststrecke in China mit Ralf Brandstätter beenden
Von Carsten Steevens, Hamburg
Volkswagen spricht von einer Durststrecke in China. Lokale und neue Konkurrenten bestimmen die von Rabattschlachten geprägte Stromer-Szene im weltgrößten Automarkt. Der mit einem Anteil von 22% amtierende Marktführer im nach wie vor rentablen Geschäft mit Verbrennerfahrzeugen hat den Anschluss im Zukunftssegment der Elektrofahrzeuge bislang nicht geschafft.
Auf Schrumpfkurs
Zahlen veranschaulichen die Misere: Die Auslieferungen der Wolfsburger sind in China von 4,2 Millionen Fahrzeuge vor Beginn der Coronakrise auf 2,9 Millionen Fahrzeuge im vergangenen Jahr gesunken. Nach einem Minus von 9,5% im vorigen Turnus schrumpften die Auslieferungen in den ersten sechs Monaten 2025 um 2,3% auf 1,3 Millionen Fahrzeuge. Der Rückgang bei reinen E-Autos lag zuletzt allein bei fast 35%. Auf China entfallen damit aber immer noch rund 30% des VW-Konzernabsatzes weltweit. Die Gewinne der chinesischen Joint Ventures rutschen ebenfalls ab: von 5,2 Mrd. Euro vor zehn Jahren auf 1,7 Mrd. Euro im vorigen Jahr. 2025 erwartet VW ein anteiliges operatives Ergebnis von 500 Mill. bis 1 Mrd. Euro.Vor diesem Hintergrund hat der VW-Aufsichtsrat unlängst den Vertrag von Ralf Brandstätter als Mitglied im Konzernvorstand bis Ende Juli 2028 verlängert. Der 56-Jährige ist seit dem Sommer 2022 für das Geschäft in China verantwortlich. Seitdem arbeitet der gebürtige Braunschweiger an der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von VW in China – bei Technologien und bei Kosten. „In China, für China“, lautet die Devise. Mit dem Aufbau lokaler Entwicklungskapazitäten und -kompetenzen sowie durch Partnerschaften mit chinesischen High-Tech-Firmen und Herstellern habe man inzwischen „eine tiefe Integration der eigenen Fahrzeugentwicklung in das lokale Ökosystem geschafft“, heißt es im Konzern.
Resonanz gibt Hoffnung
Fahrzeuge würden mit modernster Technologie 30% schneller als bisher und – unter Wahrung hoher Standards bei Qualität und Sicherheit – mit bis zu 40% niedrigeren Kosten entwickelt. Dadurch will VW mit dem Wettbewerb gleichziehen. Neu entwickelte Produkte und Technologien, zugeschnitten auf Wünsche chinesischer Kunden, sollen ab Ende 2025 auf den Markt kommen. Erste „in China, für China“ entwickelte Fahrzeuge der Marke VW sowie der neuen China-exklusiven Marke AUDI fanden Beobachtern zufolge auf der Branchenmesse „Auto Shanghai“ im April großen Anklang. Die Vertragsverlängerung für Brandstätter sei insofern wohl als Anerkennung dessen zu verstehen, was strategisch in den vergangenen drei Jahren auf den Weg gebracht und bei der Automesse gezeigt worden sei.
Der Erfolg der Strategie in Chinas E-Mobilitätsmarkt, in dem aus Wolfsburger Sicht ein irrationaler Preiskampf zwischen mehr als 130 Marken stattfindet – aus dem sich VW nach eigenen Angaben aber heraushält – muss sich freilich noch erweisen. Angekündigt wird die größte Produktoffensive in der über 40-jährigen Historie von VW in China. Bis 2030 wollen die Konzernmarken rund 50 sogenannte New Energy Vehicles anbieten.
Im Umfeld von Brandstätter, der 1993 zu VW kam und vor seinem Wechsel nach China die Konzernmarke Volkswagen Pkw führte, gibt man sich zuversichtlich. Im chinesischen Automarkt, der aktuellen Prognosen zufolge in den nächsten fünf Jahren um 5 auf etwa 28 Millionen Fahrzeuge wachsen wird, traut sich der Konzern 2030 einen Absatz von 3,5 bis 4 Millionen Fahrzeugen zu – „bei entsprechender Profitabilität“. Bis 2027 soll das anteilige operative Ergebnis der Joint Ventures auf 2 Mrd. Euro steigen.
Wachstum erwartet