Blick des Praktikers und Verständnis eines Aufsehers

„Wir wollen die Banken wetterfest machen"

Nikolas Speer bringt als neuer Exekutivdirektor Bankenaufsicht der BaFin mehr als 20 Jahre Erfahrung im Risikomanagement großer Banken mit. Sein Ziel: Kreditinstitute resilienter zu machen.

„Wir wollen die Banken wetterfest machen"

„Wir wollen die Banken wetterfest machen"

Wenn Nikolas Speer über seine neue Aufgabe spricht, klingt viel Erfahrung und zugleich spürbare Neugier an. „Die Denkweise eines Risikomanagers ist der eines Aufsehers ganz ähnlich“, sagt er. „Beide wollen die Bank wetterfest gegen Probleme machen.“ Seit April 2025 leitet Speer den Geschäftsbereich Bankenaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Er tritt in die Fußstapfen von Raimund Röseler, der nach mehr als zwei Jahrzehnten in den Ruhestand ging – eine Zäsur für die Behörde und auch für Speer persönlich.

Ein neues Kapitel

Mit seinem Wechsel zur Aufsicht schlägt der 1973 in Hamburg geborene Speer ein neues Kapitel auf, nachdem er über 20 Jahre in der Finanzindustrie tätig war. Zuletzt war er Chief Risk Officer und Vorstandsmitglied der HSBC Deutschland sowie Leiter des Kreditrisikomanagements der HSBC Continental Europe in Paris. Im September 2023 verließ er die Bank auf eigenen Wunsch, legte ein Sabbatical ein und nahm sich Zeit. „Privat“, wie er betont. Diese bewusste Auszeit, so zeigen Beispiele wie Speer und andere, wird zunehmend als sinnvoller Schritt betrachtet, um den Wechsel aus der Industrie in die Aufsicht klar und transparent zu gestalten.

Sein beruflicher Weg ist geprägt von Stationen im Risikomanagement großer Häuser: Nach dem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Universität Karlsruhe (TH) begann er 1999 bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman, später folgten führende Positionen bei der Vivico Real Estate und der Commerzbank, wo er unter anderem als Bereichsleiter für das Kreditrisikomanagement tätig war. 2018 wechselte Speer zur HSBC Deutschland.

Umfassende Perspektive

„Als Risikovorstand einer Bank hat man einen Gesamtblick – man beschäftigt sich mit allen Geschäftsfeldern, allen Kundenbeziehungen sowie allen Risikokategorien“, beschreibt Speer seinen Blick auf das Banking. Diese umfassende Perspektive will er nun in die Bankenaufsicht einbringen. Dabei hilft ihm auch das tiefe Verständnis für die Arbeitsweise der Kreditinstitute: „Es gibt in einer Bank Bereiche, die deutlich weiter weg sind von der Herangehensweise eines Aufsehers als das Risikomanagement.“

Die aktuellen Herausforderungen für die Bankenlandschaft kennt Speer genau: geopolitische Spannungen, technologische Transformationen, neue Wettbewerber und neuartige Risiken, insbesondere im Bereich Cyberkriminalität. „Aktuell sind Kreditrisiken und Cyberrisiken für mich auch als Aufseher im Zentrum des Interesses“, betont er. Der Fokus auf Risiken, die das Fundament der Banken erschüttern könnten, bleibt also bestehen – nur die Perspektive hat sich geändert.

Dialog mit den Instituten

Einen wichtigen Schlüssel für erfolgreiche Aufsicht sieht Speer im Dialog mit den beaufsichtigten Instituten. Er weiß, dass Banker oft eine andere Sprache sprechen: „Die Sprache der Banken ist kommerzieller. Die Sprache der Aufsicht ist etwas vorsichtiger, juristischer – aber man kann sich trotzdem gut verständigen.“ Besonders dann, wenn das Gegenüber spürt, dass man das Geschäftsmodell versteht: „Wenn Banker merken, dass man ihr Geschäftsmodell versteht, entsteht schnell ein guter Gesprächszugang.“

Der Übergang von der Praxis zur Aufsicht erfolgt in einer Zeit des Umbruchs. Die Bankenwelt verändert sich rasant, neue Anforderungen und Bedrohungen entstehen. Für die BaFin ist Speers Eintritt deshalb mehr als ein personeller Wechsel – er bringt praktische Erfahrung aus der Risikosteuerung großer Banken ein und ergänzt sie mit dem nötigen regulatorischen Bewusstsein.

Dass ihm dabei die langjährige Arbeit als Risikomanager hilft, macht Speer immer wieder deutlich. Denn Aufsicht bedeute nicht, Banken in ihrer Geschäftstätigkeit zu hemmen, sondern sie widerstandsfähiger zu machen. Wetterfest eben – gegen die kleinen Stürme des Alltags und die großen Gewitter der Märkte.

Von Wolf Brandes, Frankfurt
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