Sport & Finanzen

Private Equity entwickelt Zug zum Tor

Private Equity hat in der Corona-Pandemie viel Geld in Sport-Assets gesteckt. Der europäische Fußball hat es Investoren besonders angetan. Die Deutsche Fußball Liga DFL scheint einen zweiten Anlauf auf einen Medienrechte-Deal zu nehmen.

Private Equity entwickelt Zug zum Tor

Von Stefan Paravicini, Berlin

Zum belgischen Fußballclub Standard Lüttich fallen den meisten Fußballfans am Finanzplatz als Erstes die Begegnungen gegen Eintracht Frankfurt in der Europa League im Herbst 2019 ein: Für die SGE gab es erst einen Heimsieg im Stadtwald und dann eine Niederlage beim Rückspiel in Belgien. Nur wenige Wochen später machten Nachrichten über ein neuartiges Virus die Runde, das in den Folgemonaten auch europäische Fußballclubs wirtschaftlich unter Druck setzen sollte. Wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie haben sich viele von ihnen für Investoren geöffnet. Standard Lüttich, die 2020 um die Lizenz für die Liga bangen musste, zählt zu den Fußballclubs, bei denen Private Equity zum Zuge gekommen ist.

Im März übernahm 777 Partners aus Miami, Florida, zu einem nicht genannten Kaufpreis die Anteile des langjährigen Lüttich-Mäzens und Clubpräsidenten Bruno Venanzi. Für die belgische Fußballliga war der Einstieg des US-Investors eine Premiere, 777 Partners hat dagegen schon oft Zug zum Tor bewiesen. Zu den Beteiligungen zählen der FC Genua aus Italien, eine Minderheitsbeteiligung am spanischen FC Sevilla und die Mehrheit am brasilianischen Verein Vasco da Gama.

Private Equity hat aber nicht nur den europäischen Fußball für sich entdeckt, sondern während der Pandemie auch in andere Sport-Assets investiert. Im vergangenen Jahr haben Beteiligungsgesellschaften nach Angaben von Pitchbook weltweit knapp 51 Mrd. Dollar in Sport-Deals gesteckt, 22 Mrd. Dollar allein in Europa. Zu den größten Transaktionen zählte der mehr als 2 Mrd. Euro schwere Einstieg von CVC Capital Partners in die Medienrechte der spanischen La Liga. Die Deutsche Fußball Liga DFL erwägt ebenfalls einen Verkauf von Medienrechten, wie Bloomberg unter Berufung auf Insider vor einigen Tagen berichtete. Im vergangenen Jahr hatte die DFL die laufenden Verhandlungen über einen Deal abgebrochen.

Die Platzverhältnisse in der Bundesliga sind ohnehin schwierig. Die sogenannte „50-plus-1-Regel“ soll sicherstellen, dass die Clubs das Sagen darüber haben, wie der Ball in ihren Profiabteilungen rollt. Wie viel Geld und Nerven das kosten kann, weiß auch Lars Windhorst, der über seine Tennor Holding mehr als 300 Mill. Euro beim Hauptstadtclub Hertha BSC investiert hat. Der Großteil des Investorengeldes ist bei mäßigem Erfolg auf dem Fußballrasen versickert. Am Wochenende haben die Vereinsmitglieder einen neuen Präsidenten gewählt und sich gegen den von Windhorst präferierten Kandidaten entschieden. Die Bayern-Größe Uli Hoeneß hat der Konkurrenz erst vor wenigen Tagen eine Aufweichung der 50-plus-1-Regel nahegelegt, um gegen den FC Bayern München bestehen zu können. Auch Minderheitsaktionäre können Abseitsfalle: Der US-Hedgefonds Elliott Management muss sich beim geplanten Verkauf des traditionsreichen AC Milan für 1,2 Mrd. Euro an die US-Investmentfirma Redbird mit den Minderheitsrechten der US-Gesellschaft Blue Sky Financial Partners herumschlagen, bevor die Partie weitergeht.

Die Unberechenbarkeit des Wettbewerbs in europäischen Profiligen mit Auf- und Abstiegen ist ein weiterer Grund, warum sich internationale Investoren mit Engagements im europäischen Profisport lange Zeit zurückgehalten haben. Doch ein Club wie der FC Chelsea, für den der US-Investor Todd Boehly mit Unterstützung von Clearlake Capital im Frühjahr mehr als 5 Mrd. Dollar auf den Tisch gelegt hat, zählt längst zur europäischen Fußball-Aristokratie mit langfristig stabilen Umsätzen.

Wer in Fernsehrechte oder Ligen investiert, umgeht ebenfalls das Abstiegsrisiko. Andere, wie 777 Partners oder die unter anderem am 1. FC Kaiserslautern beteiligte Pacific Media Group, setzen auf ein breites Fußballportfolio mit Clubs aus der zweiten und dritten Reihe. An City Football Group, hinter der das Emirat Abu Dhabi steht und die mit Manchester City an knapp einem Dutzend Vereine beteiligt ist, hat sich Silver Lake 2019 groß eingekauft.

Vorbehalte gegenüber Private Equity bestehen nicht nur auf Seiten der Fans und nicht nur im Fußball. Der Rugby-Verband World Rugby hat einer Beteiligung von Private Equity zuletzt eine Absage erteilt, nachdem CVC sich zuvor für mehr als 350 Mill. Dollar am Turnier Six Nations beteiligt hatte. Die US-Profiligen für Baseball, Basketball und Fußball haben sich dagegen erst vor Kurzem für Minderheitsbeteiligungen von Institutionellen geöffnet. Private Equity hat 2021 für solche Beteiligungen in den USA rund 3 Mrd. Dollar bezahlt.

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