Finanzkriminalität

Finanz­ministerium will effektiver gegen Geldwäsche vorgehen

Deutschland gilt als Geldwäscheparadies, auch weil Organisation und Ressourcenausstattung keine effektive Bekämpfung und Verfolgung gewährleisten. Nun soll eine neue Bundesbehörde Abhilfe schaffen.

Finanz­ministerium will effektiver gegen Geldwäsche vorgehen

Von Jochen Pörtge*)

Jüngst kündigte das Bundesfinanzministerium an, eine neue Bundesbehörde einzurichten, um Geldwäschefälle besser aufzuklären und verfolgen zu können. Denn die Financial Action Task Force (FATF), die internationale Institution, die Standards zur Geldwäschebekämpfung setzt, bescheinigt Deutschland seit Jahren Defizite bei der Geldwäschebekämpfung. In ihrem jüngsten Bericht konstatierte die FATF zwar Fortschritte bei der Gesetzgebung, monierte allerdings insbesondere, dass die unterschiedliche Zuständigkeit ein effektives Durchgreifen bei komplexen Fällen von Finanzkriminalität verhindere. Erwischt würden in Deutschland nur Handlanger, das System dahinter bleibe unangetastet. Verfolgung und Sanktionierung stünden nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Risikoprofil Deutschlands.

Insbesondere im Nichtfinanzsektor seien Präventionsmaßnahmen unzureichend, das Verständnis der Meldepflicht sei fehlerhaft. Die FATF fordert u. a., die Prozesse bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU) zu verbessern, Geldwäscherisiken besser zu verstehen und ihnen entschieden zu begegnen. Deutschland ist aufgefordert, das Aufspüren, Ermitteln und Verfolgen von Geldwäsche zu stärken.

Drei Einheiten

Um die Defizite zu beheben, plant das Bundesfinanzministerium, die Bekämpfung von Finanzkriminalität und die Sanktionsdurchsetzung in einer neuen Bundesbehörde zu organisieren, die Ausbildung von Finanz­ermittlern zu verbessern und Register zu digitalisieren und zu ver­netzen. Die neue Behörde soll es ermöglichen, unter einem Dach Verdachtsmeldungen zu analysieren, komplexe Fälle von Finanzkriminalität zu ermitteln und die Durchsetzung von Sanktionen operativ zu verantworten.

Die Behörde soll drei Einheiten umfassen: ein neues Bundesfinanzkriminalamt, das Finanzkriminalität bekämpft, illegale Finanzflüsse aufklärt und die Sanktionsdurchsetzung verantwortet, eine effektivere FIU als unabhängige Analyseeinheit für Geldwäscheverdachtsmeldungen sowie eine Zentralstelle für die Aufsicht im Nichtfinanzsektor, die die Landesaufsichtsbehörden durch einheitliche Leitlinien und Standards koordiniert. Hinter der Idee einer neuen Behörde steht nicht nur eine weitere Verwaltungsorganisation, sondern eine geänderte Vorgehensweise. Geldflüsse sollen bis zu ihren Hintermännern verfolgt werden.

Aktuell ist die FIU dafür zuständig, Geldwäscheverdachtsmeldungen ent­gegenzunehmen, zu sammeln und auszuwerten. Die FIU, die in den Zuständigkeitsbereich der Generalzolldirektion fällt, soll die tatsächlich werthaltigen Meldungen herausfiltern und an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weiterleiten.

Für 2021 verzeichnet die FIU eine Rekordzahl von knapp 300 000 Geldwäscheverdachtsmeldungen­ und damit doppelt so viele wie im Vorjahr. Die gestiegene Zahl von Meldungen führt die FIU insbesondere auf die Verordnung zu meldepflichtigen Sachverhalten im Immobilienbereich zurück und auf die Ausweitung des Straftatbestandes der Geldwäsche.

Bislang war die FIU nicht in der Lage, die Meldungen in angemessener Zeit zu bearbeiten. Auf eine kleine Anfrage hin musste die Bundesregierung 2020 einräumen, dass zahlreiche Meldungen zu spät an die zuständigen Behörden weitergeleitet wurden. Teilweise ist von vier Tagen bis zu sieben Monaten die Rede. Ihren vorläufigen Höhepunkt fand diese Entwicklung in einer Durchsuchung der Staatsanwaltschaft Osnabrück beim Bundesfinanz- und Bundesjustizministerium im September 2021 wegen des Verdachts auf Strafvereitelung im Amt. Mitarbeiter der FIU sollen Hinweise von Banken auf Geldwäsche in Millionenhöhe nicht an die zuständigen Stellen weitergeleitet haben.

Unzureichende Ressourcen

Es ist offensichtlich, dass die aktuelle Organisation und Ressourcenausstattung der FIU eine effektive Bekämpfung und Verfolgung von Geldwäsche nicht gewährleistet. Tatsächlich ist ein koordiniertes und schlagkräftigeres Vorgehen erforderlich. Wenn es gelingt, die Pläne für eine Bundesbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität umzusetzen, kann dies ein Weg sein, relevante Fälle von Geldwäsche erfolgreicher als bisher aufzuklären und zu sanktionieren.

Die Behörde wird sehr viele Mitarbeiter benötigen, denn der Gesetzgeber hat sich zu einer erheblichen Ausweitung des Geldwäschetatbestands entschieden. Die Zahl der Geldwäscheverdachtsmeldungen wird also absehbar weiter steigen, vor allem, wenn Güterhändler weiter für Geldwäscheverdachtsfälle sensibilisiert werden.

Die Etablierung einer neuen Bundesbehörde ist allerdings nicht von vornherein ein Erfolgsrezept. Abgesehen von der Tatsache, dass Verwaltungsbehörden dazu tendieren, sich selbst zu verwalten und neue Aufgaben zu (er)finden, um sich zu beschäftigen, stehen andere neu eingerichtete Behörden in der Kritik. So hielt der Bundesrechnungshof dem Bundeszentralamt für Steuern kürzlich vor, besonderes viel Geld zu verschwenden. Die neue Behörde wird genau überlegen müssen, wie sie ihre Ressourcen am besten einsetzt.

*) Dr. Jochen Pörtge ist Rechtsanwalt und Partner im Düsseldorfer Büro der Kanzlei Pinsent Masons.