Rubarb will Barrieren im Finanzmarkt durchbrechen

Das Hamburger Fintech Rubarb will mit seiner App Menschen erreichen, die noch keinen Zugang zu den Finanzmärkten haben. Die Geldanlage erfolgt in der App durch vollautomatisierte Aufrundung von kartenbasierten Bezahlbeträgen und in nachhaltige ETF-Portfolios. Weitere Finanzprodukte sind in Planung.

Rubarb will Barrieren im Finanzmarkt durchbrechen

Als das Start-up Rubarb Ende November seine gleichnamige App an den Markt brachte, war ihm direkt viel Aufmerksamkeit vergönnt. Denn zwei der drei Köpfe dahinter haben einen prominenten Verwandten: CEO Fabian Scholz und CPO Jakob Scholz sind Neffen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Gemeinsam mit Kelvin Craig (CTO) haben sie das Fintech 2019 gegründet.

Mit der Rubarb-App sollen Nutzer unkompliziert und sicher in nachhaltige ETFs investieren können. Fabian Scholz ließ sich in der Mitteilung zum Start zitieren: „Jedes Jahr verlieren Millionen von Deutschen viel Geld durch die Inflation, nur weil ihr Vermögen auf klassischen Sparkonten liegt. Anlagen wie Tages- oder Festgeld sind heute nicht mehr geeignet, um Vermögen aufzubauen. Zugang zu Aktienmärkten und somit auch ETFs, wo in den letzten zehn Jahren noch Renditen bis zu 7% und mehr realisierbar waren, haben aber nur 15% der Bevölkerung. Diese Barriere wollen wir durchbrechen.“

Zudem habe ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland keinen monetären Sicherheitspuffer für einen Monat ohne Einkommen. Insgesamt verfüge mehr als die Hälfte der Bevölkerung über nicht mehr als einen Monat liquiden Vermögens als Sicherheitsnetz. Vermögensbildung sei ein gesamtgesellschaftliches Thema und „sollte nicht nur gut situierten Akademikern und Menschen mit ausgeprägten Finanzmarktkenntnissen vorbehalten sein“.

Basisprodukt kostenlos

Entsprechend definieren die Gründer­ als Zielgruppe jeden, der nicht Teil der 15% ist, die bereits Finanzmarktzugang haben. Dabei erreiche ihr Finanzprodukt zu mehr als 40% Frauen. Das mache einen wesentlichen Unterschied zu vergleichbaren Angeboten aus: „Viele bestehende Anbieter scheinen die Spezialisierung zu wählen, ein grundsätzlich einfaches Produkt maximal komplex darzustellen und sich auf den Nischenmarkt männlicher Ingenieure, Ärzte und Wirtschaftler zu spe­zialisieren. Das erschließt sich uns nicht, schließlich wollen ja ersichtlich 85% der Bevölkerung keine Day Trader und Finanzmarktexperten werden.“ Deshalb gehe es darum, ein einfaches und einfach zugängliches Produkt anzubieten. Die Nutzung des Basisprodukts, so wie es aktuell in der App angeboten wird, werde dauerhaft kostenfrei bleiben: „ETF-Investitionen sind hier erstmalig völlig kostenlos, unabhängig von AuM und ohne Mindestinvestition möglich“, so Jakob Scholz. Zudem gebe es keine Ein- oder Auszahlungslimits, und jeder Kunde könne sein Geld jederzeit einfach zurückbekommen, wenn er es gerade braucht.

Zur Monetarisierungsstrategie von Rubarb heißt es, es sei vorgesehen, zeitnah eigene ETFs aufzusetzen und damit für den Bereich nachhaltiger Geldanlagen einen neuen Standard zu definieren, der über die bestehenden SRI-Produktangebote (Socially Responsible Investment) hinausgeht: „Die TER-Gebühr (Total Expense Ratio) eines ETF, die aktuell ausschließlich iShares einbehält, ist dann relevanter Umsatz für Rubarb.“ Zudem sei geplant, intelligente Algorithmen zu entwickeln, die das Ausgabeverhalten eines Nutzers analysieren und zielgenaue Vorschläge für Optimierungspotenziale unterbreiten. Überdies werde es Premiumfunktionen und auch weitere Produkte im Finanzbereich geben.

Bereits zum Start waren Ausbaustufen angekündigt worden, zum Beispiel ein „Marketing-Partner-Programm mit innovativem Cashback-System“ sowie weitere Bankprodukte. Denkbar seien etwa eigene Girokonten und Kreditkarten. Details dazu solle es aber erst geben, wenn die Funktionen konkret angeboten werden. „PSD2 bietet hier allerdings tolle neue Möglichkeiten!“ lässt das Start-up verlauten.

Automatisierte Aufrundung

Die Geldanlage erfolgt durch die vollautomatisierte Aufrundung von kartenbasierten Bezahlbeträgen bei Einkäufen, egal durch welchen Anbieter. Außerdem seien Tages-, Wochen- oder monatliche Sparpläne sowie Einmalzahlungen möglich, wobei diese Optionen auch miteinander kombiniert werden können.

In der App könnten die bestehenden Girokonten, Kreditkarten und auch das Paypal-Konto eines Kunden verknüpft werden. Diese Daten würden wöchentlich ausgelesen und jede Transaktion automatisch auf den nächsten vollen Euro aufgerundet. Beim Kauf eines Kaffees etwa für 2,50 Euro mit der Girokarte würden 0,50 Euro gespart. Dabei werden die Transaktionsdaten direkt ausgelesen, das tatsächliche Geld aber genauso wie die Beträge des Sparplans und der Einmalzahlungen einmal in der Woche vom Referenzkonto eingezogen. Investiert werde in eines von drei nachhaltigen SRI-ETF-Portfolios, die global diversifiziert und physisch replizierend seien, entweder auf Basis von 100% Anleihen, 100% Aktien oder einem paritätischen Mix aus beiden.

Die Portfolios wurden von internationalen Finanzmarktexperten ge­meinsam mit Rubarb entwickelt und fokussieren auf nachhaltige Indus­trien: „Wo auch immer möglich, schließen die ETFs nicht nur gewisse Industrien aus, sondern verfolgen auch einen Best-in-Class-Ansatz. Das bedeutet: Auf Basis des MSCI-Nachhaltigkeitsratings wird lediglich in die 25% der nachhaltigsten Unternehmen einer grundsätzlich bereits nachhaltigen Kategorie investiert“, heißt es. Es werde also unter anderem nicht in Erdöl, Gas, Waffen oder Kohleenergie investiert.

Doch nicht nur beim Investment setzt Rubarb auf Nachhaltigkeit. Das Unternehmen plant, für jeden regis­trierten Kunden einen Baum zu pflanzen. Zudem soll ein bestimmter prozentualer Umsatzanteil in europäische Bildungsprojekte fließen.

Für die Umsetzung der App kooperiert Rubarb mit mehreren Partnern. Zahlungsverkehr und Wertpapierhandel werden von der DAB BNP Paribas abgewickelt. Die Technologie für die Aufrundungen stammt von Fintec Systems. Zudem wird für das Kunden-Onboarding das Videoident-Verfahren von ID Now eingesetzt.

Wie die meisten Frühphasen-Start-ups sei man mit einer Mischung aus strategisch relevanten Business Angels und Micro Funds finanziert. Bislang hat das Fintech zwei Finanzierungsrunden durchgeführt und dabei einen siebenstelligen Betrag von u. a. First Momentum Ventures, den Gründern von Workgenius, einem Berliner Business-Angel-Syndikat, sowie weiteren Köpfen der Gründer- und Finanzszene eingesammelt. Die drei Gründer halten aber weiterhin die Mehrheit am Unternehmen. Eine Series-A-Runde auf Basis der ersten Marktdaten sei indes der logische nächste Schritt.

Geld und rohes Gemüse

Auf Anfrage erklärte das Fintech, das über eine BaFin-Lizenz als An­lagevermittler verfügt, im ersten Jahr mit einer fünfstelligen Nutzerzahl sehr zufrieden zu sein. Absehbar sei der Start in Österreich geplant, und 2021 soll in mindestens ein weiteres EU-Mitgliedsland expandiert werden.

Der Unternehmensname leitet sich übrigens vom englischen Wort für Rhabarber, also „rhubarb“ ab, denn laut CEO Scholz sei beim Brainstorming eine amüsante Analogie be­wusst geworden: „Mit Geld ist es wie mit Rhabarber – ans rohe Gemüse traut sich keiner richtig ran, aber jeder liebt, was man daraus macht.“

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