RECHT UND KAPITALMARKT

Gericht wertet Ökostrom-Umlage nicht als staatliche Beihilfe

Energieintensive Konzerne können sich nach Urteil über Rückzahlungen freuen

Gericht wertet Ökostrom-Umlage nicht als staatliche Beihilfe

Von Christian Kahle *)Nach jahrelangem Streit mit der Europäischen Kommission hat der EuGH entschieden, dass die deutsche Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien und die Begrenzung der EEG-Umlage keine Beihilfe darstellen. Stromintensive Unternehmen können sich über Rückzahlungen freuen. Mit Urteil vom 28. März 2019 gab der Europäische Gerichtshof (EuGH) einer Klage Deutschlands gegen den Beschluss der EU-Kommission aus dem Jahr 2014 statt, mit welchem die Kommission das EEG 2012 als staatliche Beihilfe qualifiziert hatte.Zum Hintergrund: Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien 2012 (EEG 2012) fördert die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien und aus Grubengas durch eine Vergütung, welche über dem Marktpreis liegt. Energieintensive Unternehmen können nach dem EEG 2012 eine Begrenzung der EEG-Umlage in Anspruch nehmen (besondere Ausgleichsregelung). Hierdurch soll die Belastung begrenzt werden.Mit Beschluss vom 25. November 2014 hat die EU-Kommission entschieden, dass die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auf der Grundlage des EEG 2012 sowie die Begrenzung der EEG-Umlage für stromintensive Unternehmen als Beihilfe zu qualifizieren sei. Nach Auffassung der Kommission würden mit der Förderung der erneuerbaren Energien und der Begrenzung der EEG-Umlage staatliche Mittel gewährt, weil der Staat die Kontrolle über die Mittel ausüben könne. Dafür reiche es aus, dass der Gesetzgeber einen regulatorischen Rahmen vorgibt und die von dem Staat benannten privaten Unternehmen – vorliegend die Übertragungsnetzbetreiber – die Mittel verwalten. Zudem verfüge die Bundesnetzagentur über weitreichende Kontrollbefugnisse, um gegebenenfalls die rechtmäßige Erhebung der EEG-Umlage durchzusetzen.Auf der Grundlage eines mit der Bundesrepublik Deutschland vereinbarten Anpassungsplans, welcher die Berechnung der zurückgeforderten Beträge regelte, forderte die Kommission einen Teil der Beträge zurück. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) bestätigte die Entscheidung der Kommission.Der EuGH hat nun die Entscheidung des EuG aufgehoben und den Beschluss der Europäischen Kommission vom 25. November 2015 für nichtig erklärt.Der EuGH hat entschieden, dass die Förderung des Stroms aus erneuerbaren Energien nicht aus staatlichen Mitteln finanziert sei. Vielmehr erfolge die Finanzierung über ein privatwirtschaftliches Umlagesystem, das von den Letztverbrauchern getragen wird. Auch mit der besonderen Ausgleichsregelung werde kein aus staatlichen Mitteln finanzierter Vorteil gewährt. Zwar erfolge die Förderung des Stroms aus erneuerbaren Energien mit dem EEG 2012 auf einer gesetzlichen Grundlage.Maßgeblich ist aber nach Ansicht des EuGH, dass der Staat die Verfügungsgewalt über die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder hat. Dies verneinte der EuGH im Fall des EEG 2012. Die Energieversorgungsunternehmen seien nicht dazu verpflichtet, die aufgrund der EEG-Umlage gezahlten Beträge auf die Letztverbraucher abzuwälzen. Die EEG-Umlage sei daher nicht mit einer Abgabe vergleichbar. Insoweit reiche es auch nicht aus, dass die EEG-Umlage in der Praxis tatsächlich auf die Letztverbraucher abgewälzt wird.Unmittelbare Folgen hat das Urteil für energieintensive Unternehmen: Aufgrund der Beihilfeentscheidung der Europäischen Kommission hatte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Bescheide zur Begrenzung der EEG-Umlage in Teilen zurückgenommen, so dass die Unternehmen zum Teil fünf- bis siebenstellige Beträge erstatten mussten. Nun haben diese Unternehmen einen Erstattungsanspruch. Mehr SpielraumDer Gesetzgeber erlangt mit der Entscheidung des EuGH größere Spielräume für die künftige Ausgestaltung des Förder- und Ausgleichsmechanismus. Für das geltende EEG hat die Entscheidung keine direkten Folgen, da die Vergütung und die Erhebung und Begrenzung der EEG-Umlage gesetzlich geregelt sind. Im Rahmen der anstehenden Novellierung des EEG könnten jedoch vorgenommene Beschränkungen wieder gelockert werden. Zu große Hoffnungen sollten sich betroffene Unternehmen jedoch nicht machen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf das vom EuGH genannte Kriterium der “Verfügungsgewalt”. In jüngeren Entscheidungen des EuGH kam es auf dieses Kriterium nämlich nicht maßgeblich an.Auch andere Umlagesysteme wie im Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) oder der Stromnetzentgeltverordnung könnten auf den Prüfstand gestellt werden. Während gute Gründe dafür sprechen, die Entscheidung auch auf das KWKG zu übertragen, dürften bei dem Umlagemechanismus für verminderte Netzentgelte Zweifel angebracht sein, da die Bundesnetzagentur hier Bedingungen und Methoden zur Bestimmung der Entgelte festlegt und die Netzentgeltvereinbarungen genehmigt.—-*) Dr. Christian Kahle ist Partner von BRL Boege Rohde Luebbehuesen.