Neue Eskalationsstufe im US-Embargo gegen Iran
Von Alexander Cappel und Christina Hund *)Am 22. April 2019 hat die US-Regierung bekannt gegeben, dass ab Mai 2019 noch umfangreichere Sanktionen der USA gegen Iran in Kraft treten werden. Konkret sollen Ausnahmeregelungen zu den sogenannten Secondary Sanctions revidiert werden, die es bisher acht Ländern (China, Japan, Indien, Südkorea, Taiwan, Türkei, Italien, Griechenland) ermöglichten, trotz bestehender US-Sanktionen iranisches Erdöl zu importieren. Zudem werden neue Sanktionen gegen den iranischen Bergbau- und Stahlsektor verhängt.Das US-Embargo gegen Iran hat damit eine neue Eskalationsstufe erreicht. Iranischen Erdölexporte sollen nun offenbar vollständig lahmgelegt werden. Zudem sollen nun Exporte von Stahl, Aluminium, Kupfer und Eisen aus Iran unterbunden werden, die wichtige Einnahmequellen des Landes darstellen. Die spannendsten Fragen dabei sind, welche zusätzlichen Risiken damit für Unternehmen einhergehen und wie sich China positionieren wird.Im Mai 2018 sorgte die Entscheidung der US-Regierung, sich aus dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) zurückziehen, für Aufsehen. Das Abkommen war im Jahr 2015 als diplomatischer Meilenstein im Rahmen des Konflikts um das iranische Nuklearprogramm gewertet worden. Es sah vor, schrittweise die internationalen Sanktionen gegen Iran aufzuheben. Im Gegenzug verpflichtete sich die iranische Regierung zu umfassenden Beschränkungen seines Atomprogramms.Während die EU bekräftigte, auch in Zukunft am JCPOA festhalten zu wollen, erklärten die USA im April, dass neben den Primary Sanctions (die auch nach dem JCPOA weiterhin in Kraft waren) nun auch wieder umfangreiche Secondary Sanctions gegen den Iran in Kraft gesetzt werden würden. Die Primary Sanctions beinhalten mehr oder weniger ein komplettes Verbot von Iran-Geschäften, sofern das Geschäft einen “US-Nexus” aufweist (z. B. US-Dollar, US-Personen, US-Gesellschaften oder US-Ursprungswaren). Die Secondary Sanctions zeichnen sich hingegen dadurch aus, dass sie bestimmte “großvolumige Transaktionen” auch dann sanktionieren, wenn diese keinen US-Nexus aufweisen. Das bedeutet, dass nahezu jede geschäftliche Beziehung zum Iran auch ohne US-Bezug ein Sanktionsrisiko beinhaltet. Die Folge eines Verstoßes kann hierbei sein, dass die betreffenden Unternehmen selbst von den USA gelistet werden, mit der Konsequenz, dass diese kaum noch Geschäftspartner finden würden. Der Erdölimport der acht genannten Länder bildete eine der wenigen relevanten Ausnahmen des Anwendungsbereichs der Secondary Sanctions. Gegenmaßnahmen der EUDie von der EU getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Auswirkungen der US-Sanktionen auf die europäisch-iranischen Handelsbeziehungen – namentlich die Reaktivierung der EU Blocking Regulation und die Gründung der Zweckgesellschaft “Instex” zur Zahlungsabwicklung von Iran-Geschäften – zeigen bislang kaum Wirkung. Denn europäische Unternehmen haben zu Recht die potenziell gravierenden Folgen eines Verstoßes gegen die US-Sanktionen deutlich vor Augen: Erst im April dieses Jahres zahlte beispielsweise die italienische Großbank Unicredit 1,3 Mrd. Dollar wegen möglicher Sanktionsverstöße an verschiedene US-Behörden.Deutsche Unternehmen ziehen sich auch aufgrund des Risikos solcher Strafzahlungen zunehmend aus dem Iran-Geschäft zurück. Ohnehin waren kaum Banken zu einer Abwicklung solcher Geschäfte bereit. Von den jüngsten Sanktionsverschärfungen durch die USA könnten auch deutsche Unternehmen zumindest mittelbar betroffen sein. Denn auch Tochterunternehmen oder Niederlassungen, die bisher von den Ausnahmeregelungen zum Erdölimport profitiert haben, sind nun ebenfalls einem erhöhten Risiko unter den Secondary Sanctions ausgesetzt. Gleiches gilt für Abnehmer von Stahl, Aluminium, Kupfer und Eisen aus Iran. Enge Abstimmung nötigOffen ist, wie China auf die jüngsten Verschärfungen der US-Sanktionen reagieren wird. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt gilt als einer der wichtigsten Abnehmer von iranischem Rohöl. Es ist zumindest nicht auszuschließen, dass China eigene Maßnahmen ergreift und beispielsweise Gegensanktionen verhängt. Hierbei könnte China vielleicht auch auf die Unterstützung der EU bauen, die bisher erfolglos versucht hat, die Auswirkungen der Secondary Sanctions einzudämmen.Die USA haben mit der Ausweitung der Sanktionen ihre kritische Position gegenüber Iran und allen Handelspartnern Irans nochmals verschärft. Für deutsche Unternehmen hat diese Entwicklung gravierende Folgen. Iran-Geschäfte bringen künftig ein noch größeres Risikopotenzial mit sich. Sollten Unternehmen gleichwohl derartige – unter Umständen sehr lukrative – Geschäfte tätigen wollen, ist dringend zu einer umfassenden Sanktions-Compliance zu raten. Auch sollten Unternehmen in Erwägung ziehen, etwaige Geschäfte in enger Abstimmung mit deutschen und US-amerikanischen Behörden durchzuführen.—-*) Alexander Cappel ist Partner, Christina Hund Associate bei Norton Rose Fulbright in Frankfurt.