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Profis stoßen Gold-ETF ab

Dreizehnjähriger Aufwärtstrend beendet - Massive Nachfrage nach Münzen und Barren hält an

Profis stoßen Gold-ETF ab

Dem Goldpreis droht der größte Jahresverlust seit 1981. Verantwortlich für die Talfahrt sind die Finanzinvestoren, die über ETF und ETC Gold mit einem Volumen von 450 Tonnen auf den Markt warfen. China nutzt die niedrigen Kurse und saugt die frei werdenden Goldbestände auf. Zu einem Comeback des Goldpreises wird es erst kommen, wenn die Finanzinvestoren an den Markt zurückkehren.Von Armin Schmitz, FrankfurtGold-ETF und Gold-ETC haben für Investoren deutlich an Attraktivität verloren. Die fehlenden Anzeichen für ein Anziehen der Teuerungsraten oder für ein Wiederaufflammen der Staatsschuldenkrise haben die Notwendigkeit einer Absicherung deutlich gesenkt. Die Investoren reduzierten daher seit dem Jahreswechsel ihre Goldpositionen. Der Goldpreis fiel zuletzt auf 1 213 Dollar je Unze. Das entspricht einem Verlust von 26,2 % seit Jahresanfang. Das Edelmetall steuert auf den größten Jahresverlust seit 1981 zu sowie auf das erste Verlustjahr in den zurückliegenden 13 Jahren. Starke Nachfrage der TürkeiDie starken Verluste verstellen den Blick auf eine zweigeteilte Entwicklung des Edelmetallmarktes. Die Nachfrage nach physischem Gold in Form von Münzen oder kleinen Barren stieg im laufenden Jahr um 6 % auf 1,25 Tonnen. Die Nachfrage nach physischen Edelmetallen kam vor allem aus Asien und dem Nahen Osten. Das größte Wachstum verzeichnete jedoch die Türkei. Hier stieg der Absatz um mehr als 120 %.Dominiert wird der Markt allerdings von China und Indien, wo Gold einen hohen Stellenwert als Schmuck besitzt. Nach Angaben des World Gold Council vereinten die beiden asiatischen Länder im dritten Quartal einen Anteil von 29 % der physischen Nachfrage auf sich. Im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres waren es allerdings noch 46 %. Die physischen Käufe verteilen sich also auf eine wesentlich breitere Basis als früher. Die physische Nachfrage reichte letztlich allerdings nicht aus, um den Goldpreisverfall in den vergangenen Monaten zu stoppen. Beherrscht werden die Notierungen an den Rohstoffbörsen von den Finanzinvestoren. Ihre Verkäufe der Anteile an passiven Goldprodukten drückten auf den Edelmetallpreis. Seit dem Jahresanfang haben sie nach Angaben des World Gold Council (WGC) Passivprodukte mit einem Volumen von 450 Tonnen Gold auf den Markt geworfen. Die Bestände von Gold-ETF befinden sich aktuell auf einem Niveau von rund 52,7 Mill. Feinunzen. Das ist der niedrigste Stand seit 2010.Die Verkäufe haben die Goldbestände des SPDR Gold Trust auf rund 841 Tonnen bzw. 27,05 Mill. Unzen im Wert von umgerechnet 32,9 Mrd. Dollar und damit auf das niedrigste Level seit Januar 2009 gedrückt. Vergleichbare Verluste machten auch die Exchange Traded Funds (ETF) in Europa, bei denen die Anlegergelder mit Goldhinterlegung besichert sind. So verlor der ZKB Gold ETF ein Anlagevolumen von 1,8 Mrd. Euro. Nach Angaben der Deutschen Bank büßten die Gold-ETF und -ETC ein Anlagevolumen von 5,6 Mrd. Dollar ein. Importe sinkenNeben dem Verkaufsdruck der Passivprodukte schwächte nach Ansicht der Analysten der Commerzbank auch die Importschwäche Indiens den Goldpreis. Wegen der kräftig gestiegenen physischen Prämien greifen die indischen Haushalte verstärkt auf Altgold zurück, um an Gold für die derzeit laufende Hochzeitssaison zu kommen. Die Commerzbank verweist auf den World Gold Council, der das Angebot an Altgold in Indien bereits im dritten Quartal auf 61 Tonnen beziffert. Die Menge ist damit doppelt so hoch wie in den beiden vorangegangenen Quartalen zusammen. Die Notenbanken sind immer noch Nettokäufer. Allerdings haben sie im dritten Quartal nur 93,4 Tonnen gekauft. Das sind 17 % weniger als noch vor einem Jahr. Käufe ziehen wieder anGeht es nach dem Interessenverband der Goldproduzenten, werden die Zentralbanken im vierten Quartal ihre Kauftätigkeit aber wieder verstärken. Der World Gold Council erwartet für das Gesamtjahr 2013 ein Volumen von mehr als 350 Tonnen, das von den Währungshütern gekauft wird.Doch wer kauft das Gold auf, das über die ETF in den Markt gelangt? Nach Ansicht von Barbara Lambrecht, Rohstoffanalystin bei der Commerzbank, ist es China, das durch die ETF-Abflüsse verfügbares Gold aufsaugt. Damit werde das Edelmetall dauerhaft dem Markt entzogen. Allein im Oktober sind nach Angaben des dortigen Statistikbüros netto 131,2 Tonnen Gold aus Hongkong eingeführt worden. Das war mehr als fünfmal so viel wie im Jahr zuvor. China hat aus Hongkong bereits den sechsten Monat in Folge mehr als 100 Tonnen Gold importiert. Die Nettoimporte summieren sich dadurch auf 987 Tonnen. Händler nutzen ChancenDie Aussichten sind gut, dass China die Marke von 1 000 Tonnen brechen kann. Lambrecht verweist auf Händler und Juweliere, die offenbar jede Chance nutzen, Gold zu kaufen. Sie reagieren damit auf die infolge des Preisverfalls gestiegene Nachfrage der Privatanleger nach Schmuck, Münzen und Barren. Der Importboom dürfte anhalten, weil nun die nachfragestärkste Zeit des Jahres bevorsteht. Die physische Nachfrage dürfte also eine Stütze des Goldpreises darstellen. Zusätzlich erwarten Experten, dass die Goldproduzenten ihre Förderung zurückfahren, da die Produktionskosten höher liegen als der aktuelle Preis des Edelmetalls. Für die Wende bedarf es allerdings neuen Interesses durch Finanzinvestoren.