Tiefgreifende Transformation

Wein, Wald und Vermögens­management

Tradition, Erfahrung und Herkunft treiben Wandel der ältesten Bank Bayerns. Ganz ähnlich wie bei der Börsen-Zeitung.

Wein, Wald und Vermögens­management

70 Jahre sind eine lange Zeit, fast ein Menschenleben. Aber verglichen mit manchen bekannten Adressen aus Industrie und Finanzwirtschaft mutet das Geburtstagskind Börsen-Zeitung, dem ich herzlich gratuliere, fast wie eine Neugründung an. Die Fürstlich Castell’sche Bank mit der Hauptverwaltung im fränkischen Würzburg und dem Sitz im nahegelegenen Städtchen Castell zum Beispiel gibt es seit 1774. Sie ist die älteste Bank Bayerns und wird in zwei Jahren ihr 250-jähriges Jubiläum feiern.

Nun ist Alter im Wirtschaftsleben bekanntlich kein Garant für Erfolg. Diese Erkenntnis gilt umso mehr in einer Finanzbranche, in der alle Marktteilnehmer ihre Ausrichtung und Ziele in einem immer dynamischeren Umfeld neu definieren und kontinuierlich anpassen müssen. In dem überbesetzten deutschen Bankenmarkt reicht die Attitüde „Uns gibt es ja schon so lange“ nicht mehr aus, um eine Existenzberechtigung abzuleiten.

Viel Veränderung

Tradition, Erfahrung und Herkunft können aber eine gute Basis sein, um darauf ein tragfähiges und attraktives Zukunftskonzept aufzubauen. Denn am Ende geht es darum, Kundinnen und Kunden die Frage beantworten zu können: „Was macht diese Bank einzigartig und welchen Nutzen haben wir davon?“

Unter dieser Prämisse hat die Fürstlich Castell’sche Bank im Jahr 2020 eine tiefgreifende Transformation eingeleitet, die alle Ebenen – Strategie, Produkte, Personen, Kultur – einschließt und bei der deshalb kaum ein Stein auf dem anderen bleibt. Das bedeutet zunächst einmal viel Veränderung: Wir haben das Jahr 2021 genutzt, um die gesamte Produkt- und Leistungspalette des Hauses umfassend neu aufzustellen und auf relevante Zukunftstrends auszurichten.

Denn die Coronakrise fungiert als Beschleuniger für Langfristtrends wie die Digitalisierung von Prozessen und Produkten oder Green Finance. Auch die Blockchain-Technologie und die Möglichkeiten, sie an den Finanzmärkten einzusetzen, sehen wir als einen ganz wichtigen Zukunftstrend, auch wenn dieser aktuell von der Lebensrealität vieler Menschen noch weit entfernt zu sein scheint.

Genauso wichtig wie die Antizipation von neuen Entwicklungen sind jedoch konkrete Lösungsangebote für Kundinnen und Kunden, die im Zeitalter von Null- und Negativzinsen und wachsender Inflation jetzt und heute Orientierung benötigen und von ihrem Finanzpartner zu Recht Alternativen einfordern. Nicht jeder in unserer Branche möchte sich diese Mühe machen, und das sehen wir als Chance. Dabei können kon­trollierte Einstiegsprodukte für bisher aktienunerfahrene Anleger oder die Einführung in die Welt alternativer Investments von Private Equity bis Private Debt helfen, dem deutschen Eigenlagensparer den unabdingbaren Paradigmenwechsel bei der Vermögensallokation nahezubringen.

Eigentümer als Konstante

Die große Konstante und Orientierungsmarke beim Umbau der Bank sind und bleiben deren Eigentümer. Seit fast 250 Jahren ist das Haus im Besitz der heutigen Familien Castell-Castell und Castell-Rüdenhausen, die sie im Generationenauftrag durch alle bewegten Zeitläufte ge­führt haben. Diese klaren Eigentümerverhältnisse sind ein großer strategischer Vorteil in dem Wandlungsprozess. Gerade im Sektor der deutschen Privatbanken haben komplexe und heterogene Eigentümerstrukturen, teilweise verbunden mit unternehmerischer Hybris, dazu geführt, dass in den vergangenen 20 Jahren so manche einst stolze Adresse von Finanzinvestoren übernommen wurde, in internationalen Großbanken aufgegangen oder ganz vom Markt verschwunden ist.

Die beiden Eigentümer Fürst Ferdinand zu Castell-Castell und Fürst Otto zu Castell-Rüdenhausen bekennen sich dagegen nicht nur zu der laufenden Transformation ihrer Bank. Sie geben durch ihr klares Wertegerüst sogar den Rahmen für den Wandel vor und sind bereit, die nötigen, nicht unbeträchtlichen Investitionen in Produkte, Menschen und Infrastruktur zu tragen. Dabei wissen und akzeptieren sie, dass der Wandel Zeit braucht, um nach innen und außen zu wirken.

Solch günstige Rahmenbedingungen für eine Neuausrichtung findet man in der Bankenbranche selten. Beim Umbau geht es um sinnhaftes Banking, das mehr ist als die Sicherung und Mehrung der Profitabilität. Der Anspruch lautet, dass die Bank Werte schafft, indem sie die finanziellen Herausforderungen ihrer Kundinnen und Kunden professionell und wertebasiert managt und dadurch am Ende deren Leben erleichtert. Vermögensmanagement nach diesem Verständnis ist nicht beschränkt auf das Wealth Management für Vermögensmillionäre, sondern steht Kundinnen und Kunden aller Einkommens- und Vermögensstufen offen.

In diesem Sinne Mehrwerte für Kunden zu schaffen ist jedoch alles andere als Ausdruck einer altruistischen Strategie zum Wohle der Allgemeinheit. Die Neuausrichtung der Fürstlich Castell’schen Bank beruht strikt auf der Prämisse, dass der Verzinsungsanspruch der Eigentümerfamilien für ihr unternehmerisches Risiko ebenso berücksichtigt wird wie eine hochsolide Kapitalbasis der Bank mit mindestens 16% Kernkapitalquote. Profitabel zu arbeiten ist in diesem Konzept aber nicht das sinnstiftende Ziel allen Handelns, sondern dient der nachhaltigen Sicherung der Existenz der Bank – nicht mehr und nicht weniger.

Werteorientiertes Banking ist sicherlich kein Monopol der Fürstlich Castell’schen Bank. Die Frage ist jedoch stets, wie glaubwürdig dieser Grundsatz in der Branche jenseits des reinen Postulats gelebt wird. Dabei ist es nicht von Nachteil, dass die Fürstenfamilien seit Jahrhunderten außer mit dem Bankgeschäft eng mit der Land- und Forstwirtschaft sowie dem Weinbau verbunden sind. Das Weingut Fürstlich Castell’sches Domänenamt zählt zu den führenden deutschen Adressen für Silvaner-Weine und blickt auf eine bis ins 13. Jahrhundert reichende Winzertradition zurück.

Wer in einem solchen Umfeld über Generationen unternehmerisch tätig ist, lernt, langfristig zu denken und zu handeln. Die Folgen der Klimaerwärmung in Form von Hitze, Trockenheit und sich verändernden Vegetationsperioden sind für die Casteller Betriebe tägliche Realität und Herausforderung, kein abstraktes Risiko bei der Vermögensallokation. Sie erforderten und erfordern kostenintensive wald- und weinbauliche Gegenmaßnahmen, deren Folgen erst in Jahren und Jahrzehnten sichtbar werden. Es ist deshalb nur konsequent, dass auch die Bewahrung und Mehrung von Kundenvermögen nicht als Ergebnis kurzfristiger Marktopportunitäten, sondern als langfristige, wertegebundene Aufgabe betrachtet wird.

Ein wichtiger Bestandteil der Transformation der Bank ist, die Eigentümerstruktur auch für die kommenden Generationen zu sichern. Diesem Zweck dient der Casteller Generationenfonds. Dessen Grundansatz ist, neben dem Familienvermögen, das in den Casteller Betrieben gebunden ist, ein liquides Vermögen ähnlich einem Fondssparplan aufzubauen. Dieses speist sich aus erwirtschafteten Überschüssen der Bank unter Berücksichtigung der anspruchsvollen Eigenkapitalanforderungen sowie aus Eigenkapitalfreisetzungen, da das künftige Ge­schäftsmodell der Bank als Vermögensmanager weniger kapitalintensiv sein wird.

Oberstes Ziel ist, die Eigentümerstruktur der Casteller Betriebe auch in Zukunft schlank und effizient zu halten und deshalb die jeweiligen Unternehmen an je einen Nachkommen weiterzugeben. Der Generationenfonds ermöglicht dabei, jene aus der kommenden Generation abzufinden, die nicht die Nachfolge antreten. Dieses innovative Modell gewährleistet dauerhaft eine stabile Eigentümerstruktur der Bank.

Wandel nicht ohne Schmerzen

Die Neuausrichtung der Fürstlich Castell’schen Bank soll spätestens bis zum Jubiläumsjahr 2024 abgeschlossen sein. Ein solch tiefgreifender Wandel geht nicht ohne Schmerzen, denn er hat neben der strategischen und betriebswirtschaftlichen natürlich auch eine starke kulturelle Komponente. Er erfordert Veränderungsbereitschaft und teilweise neues Denken und Arbeiten. Es ist normal, dass nicht jede und jeder diesen Weg mitgeht.

Zugleich, und das ist die gute Nachricht, erhöht solch eine Transformation die Attraktivität der Bank für jene Köpfe und Talente, die die Chancen und die Einzigartigkeit dieses so traditionsreichen Finanzinstituts erkennen und die sich für das Ziel, Kundinnen und Kunden wertebasiert und sinnstiftend zu beraten und zu begleiten, begeistern. Auch deshalb besteht aller Grund zur Zuversicht, dass die Bank auch weiterhin einen festen Platz am Finanzplatz Bayern und in der deutschen Bankenlandschaft einnehmen wird.

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