Anleihen

Anleiheportfolien brauchen Schutz vor Inflation

Anleiheportfolien müssen angesichts einer möglicherweise steigenden Inflation vor entsprechenden Risiken geschützt werden. Dafür eignet sich der Aufbau von inflationsgebundenen Anleihen.

Anleiheportfolien brauchen Schutz vor Inflation

Die Anleihenmärkte zeigen sich bisher erstaunlich resistent gegenüber der rasch steigenden Inflation. Dieser Optimismus ist nicht angebracht, und institutionelle Investoren und Vorsorgeeinrichtungen sollten eine Absicherung in Be­tracht ziehen.

Der Verbraucherpreisindex zeigte in Deutschland im Oktober 2021 einen um 4,5% höheren Wert an als im Vorjahresmonat. In den USA ist die Inflationsrate jüngst auf über 6% geklettert, in der Eurozone insgesamt beträgt sie zurzeit 3,4% und dürfte im November fast 4% erreichen. Grund für die Teuerung sind die vielen pandemiebedingten Störungen, welche die Wirtschaft beeinträchtigt haben, die Probleme und Unterbrüche in den Lieferketten, der große Nachholbedarf der Konsumenten nach Aufhebung der Lockdowns sowie die massiven, weltweit koordinierten fiskalischen Stimulusprogramme. Im laufenden Jahr soll die durchschnittliche Inflationsrate laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW bei 3% liegen, für 2022 werden 2,1% erwartet. Für die Beurteilung der Geldpolitik der EZB wichtiger ist die Inflationsrate für das Eurogebiet, sie liegt neu bei 2,3% für 2021 und bei 1,9% für 2022.

Keine alarmierenden Werte

Das sind historisch gesehen definitiv keine alarmierenden Werte, aber sie sind hoch genug, dass die Zentralbanken nächstes Jahr mit einer Normalisierung ihrer Geldpolitik beginnen dürften. Zurzeit sprechen mehrere Notenbanken jedoch noch von einer transitorischen Inflation, die zurückgehe, sobald sich die Probleme in den Lieferketten abschwächten und die Nachfrage nachlasse. Allerdings dürfte die realisierte Inflation auf einem erhöhten Niveau verharren und längerfristig weiter ansteigen, unterstützt von steigenden Energie- und anderen Rohstoffpreisen.

 Die Anleihenmärkte zeigten sich bislang erstaunlich resistent gegenüber dieser Entwicklung, die im Einklang mit den Inflationsrisiken auch Zinsänderungsrisiken birgt – die größte Gefahr für Anleihenportfolios. Pensionskassen und andere Vorsorgeeinrichtungen, die einen Großteil ihrer Mittel in Anleihen investiert haben (bei deutschen Betriebspensionskassen sind es mehr als 68%) sollten sich jedoch nicht nur gegenüber Zinsänderungen, sondern auch gegenüber Inflationsrisiken absichern. Bei herkömmlichen Anleihen sind Rückzahlungsbetrag und Coupon fix, aber real betrachtet verlieren sie über die Zeit an Wert, wenn die Inflation steigt. Institutionellen Investoren stehen verschiedene Absicherungsinstrumente zur Verfügung.

Ein einfacher Ausweg

Eine relativ einfache Möglichkeit, ein Anleihenportfolio gegen inflationsinduzierte Wertverluste zu schützen, ist der Aufbau einer Position in inflationsgebundenen Anleihen (Inflation Linked Bonds, Linker). Vorsorgeeinrichtungen können einen Teil ihrer nominellen deutschen oder europäischen Staatsanleihen in Linker umschichten und somit einen natürlichen Hedge gegen Inflation erzielen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Anleihen steigt der Rückzahlungswert eines Linkers mit der Teuerung. Der Renditeunterschied zwischen einer „normalen“ und einer inflationsgebundenen Anleihe entspricht der Differenz zwischen Nominal- und Realzins – oder der vom Markt erwarteten Inflation über die gesamte Laufzeit der Anleihe. Diese Inflation wird als Break-even-Inflation bezeichnet. Wenn die effektiv realisierte Inflation höher ist, als die vom Markt erwartete, sind Linker interessant.

Die eingepreiste Inflationserwartung (Break-even-Inflation) von zehnjährigen deutschen inflationsgeschützten Anleihen ist von 0,9% zu Beginn des Jahres auf aktuell 1,8% angestiegen. Das hat direkte Auswirkungen auf die Anleihen-Performance: Die zehnjährigen deutschen Linker haben seit Jahresbeginn ein Ergebnis von plus 7,5% erzielt, verglichen mit minus 2,6% von nominellen deutschen Staatsanleihen (Stand 12. November 2021). Diese erheblichen Performanceunterschiede sollten institutionelle Investoren bei ihren Anlageentscheidungen nicht unberücksichtigt lassen.

 Die Inflationsabsicherung ist auch im Zusammenhang mit dem Liability Driven Investing (LDI) von Vorsorgeeinrichtungen mit leistungsorientierten Pensionsplänen relevant. Viele Pensionseinrichtungen von Unternehmen sind hohe zukünftige Verpflichtungen eingegangen, und sie müssen in der Lage sein, all diese aktuellen und künftigen „Liabilities“ zu decken. Je nach Ausführung können diese Pensionsansprüche direkt an die Entwicklung der Inflation gebunden sein.

Effiziente Instrumente

Typische Hedging-Instrumente sind auch inflationsindexierte Zinsswaps und Swaptions. Inflationsswaps sind effiziente Instrumente, welche die gezielte Positionierung auf der erwarteten Inflationskurve erlauben. Dabei überträgt eine Partei das Inflationsrisiko auf eine Gegenpartei und erhält dafür eine feste Zahlung. Ein Inflationsswap definiert die Termine für den Austausch von Zahlungsströmen, wo­bei mindestens einer der Zahlungsströme an die Inflation gebunden ist. Ein Inflationsswap kann auch die Auszahlung von inflationsgebundenen Anleihen nachbilden, dies als Overlay für eine Anleihenstrategie. Er liefert zudem eine ziemlich genaue Schätzung der Break-even-Inflation.

Bei einer inflationsindexierten Swaption handelt es sich um eine Option, einen inflationsindexierten Swap zu einem im Voraus festgelegten Datum zu einem im Voraus festgelegten Swapsatz abzuschließen. Dieses Instrument ist mit geringen Kosten verbunden, und im Falle eines erheblichen Inflationsanstiegs, der sich auf die langfristige Inflationsprognose auswirken könnte, kann mit der Ausübung der Option ein Gewinn erzielt werden. Dieser könnte die Auswirkungen des Inflationsanstiegs auf die Bewertung der Verbindlichkeiten zumindest teilweise ausgleichen.

Linker outperformen

Der Optimismus über den Wirtschaftsaufschwung durch die Einführung von Impfkampagnen und die steigenden Ölpreise waren die Hauptfaktoren für die Outperformance der Linker im Vergleich zu ihren nominalen Pendants seit Anfang des Jahres. Zurzeit wird die Break-even-Inflation zu ihrem fairen Wert gehandelt; sie liegt in der Nähe des Inflationsniveaus des nächsten Jahres.

Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch, dass die realisierte Inflation die vom Markt eingepreiste Inflation auch in den kommenden Monaten übersteigen wird. Linker bieten nicht nur einen Inflationsschutz, sondern sie haben auch das Potenzial, im Vergleich zu traditionellen Anleihen weiterhin eine höhere Rendite zu liefern. Da in der Vergangenheit eine höhere Inflation meist mit höheren Zinssätzen verbunden war, empfehlen sich zurzeit Anleihen mit einer kürzeren Laufzeit. Ihre geringere Duration macht sie weniger empfindlich gegenüber Zinsänderungen und gleichzeitig profitieren sie von einem erhöhten Inflationsniveau, das den Carry im nächsten Jahr ausmachen wird. Zu guter Letzt und mit Blick nach Übersee könnten kurzfristige inflationsgeschützte US-Staatsanleihen (TIPS) eine gute Möglichkeit sein, von der anstehenden Korrektur der Fed-Inflationserwartungen zu pro­fi­tieren.

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