Lebensversicherung

BaFin rügt Run-off-Anbieter

An den Finanzen der Run-off-Plattformen im deutschen Markt hat die BaFin nichts zu mäkeln, doch Probleme bei der IT-Migration findet sie „nicht lustig“. Viridium führt die Beschwerdestatistik der Aufsicht an.

BaFin rügt Run-off-Anbieter

Von Antje Kullrich, Köln

Die BaFin hat sich unzufrieden mit Problemen bei der IT-Umstellung im Markt für externen Run-off von Le­bensversicherern gezeigt. Bei einem Unternehmen habe es Beschwerden dazu gegeben, sagte der Exekutivdirektor für die Versicherungsaufsicht, Frank Grund, vor Journalisten in Bonn. „Das finden wir nicht lustig.“ Er zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass das Interesse, die Probleme zu bereinigen, sehr groß sei. Schließlich wolle ein Run-off-Anbieter in der Regel weitere Bestände übernehmen. Und die BaFin werde bei künftigen Entscheidungen über Transfers aufgetretene operative Probleme und ihre Bearbeitung berücksich­tigen.

Gemeint sein dürfte Viridium. Der Run-off-Anbieter für Lebensversicherung, der von dem Finanzinvestor Cinven und der Hannover Rück gegründet wurde, belegte zuletzt in der Beschwerdestatistik der BaFin den unrühmlichen ersten Platz.

Auf die Konzerngesellschaft Proxalto, die ehemalige Generali Leben, entfielen dabei mit Abstand die meisten Eingaben. Im Verhältnis zu den verwalteten Verträgen liegt aber eine andere Viridium-Gesellschaft, die Skandia Leben, in der Statistik des vergangenen Jahres vorn: Hier betrug die Beschwerdequote laut BaFin 0,3 Promille. Zum Vergleich:  Bei der Marktführerin Allianz Leben sind es nur etwa 0,01 Promille.

Viridium spricht von Einzelfällen, in denen es bei der Migration der Proxalto-Kunden zu temporären Problemen gekommen sei. So sind Renten verzögert ausgezahlt worden. Die  IT-Modernisierung sei jetzt fast abgeschlossen, es würden nur noch einzelne Nacharbeiten ge­macht. Um letzte Einzelfälle dieser Nacharbeiten werde sich gerade gekümmert, teilte Viridium mit.

250 Mill. Euro investiert

Die Gesellschaft verwies auf die Größe des Projekts: Viridium hat nach eigenen Angaben in dreieinhalb Jahren rund 2,2 Millionen Verträge des Bestandes migriert und dafür 250 Mill. Euro investiert. „Wir haben schon mehrere IT-Modernisierungen erfolgreich umgesetzt – und lernen mit jedem IT-Projekt hinzu“, sagte Vorstandschef Tilo Dresig der Börsen-Zeitung. „Wir werden weiter daran arbeiten, temporär spürbare Auswirkungen zu minimieren und es in der Kunden-Kommunikation noch besser zu machen. Wir wollen, dass die Kunden zufrieden sind.“

Denn für Viridium geht es auch um den Erfolg der laufenden Transaktion: Ende Juni dieses Jahres hatte der Abwickler angekündigt, einen Altbestand der Zurich mit deutschen 720000 Lebensversicherungspolicen übernehmen zu wollen. Die Genehmigung der BaFin steht noch aus.

Die Finanzaufsicht zeigte sich grundsätzlich mit der ökonomischen Entwicklung der Abwicklungsspezialisten am deutschen Markt durchaus zufrieden. „Das Bild ist nicht schlecht“, formulierte es Aufseher Grund. So verweist Viridium auf die seit dem Erwerb ihrer Bestände gesunkenen Stornoquoten und die Steigerung der zugeteilten Überschüsse an die Kunden.

Nachdem es auf dem deutschen Run-off-Markt für Lebensversicherungen mehrere Jahre keine Portfolio-Transaktionen gegeben hatte, ist 2022 Bewegung in die Szene gekommen. Nur gut zwei Wochen nach dem Viridium-Deal gab im Juli die Axa bekannt, einen Bestand ihrer deutschen Tochter an Athora verkaufen zu wollen. Die Run-off-Plattform schien auf dem hiesigen Markt schon fast aus dem Rennen, nachdem jahrelang in Deutschland keine Transaktionen gelungen waren. Doch mit dem Axa-Deal, bei dem es um rund 900000 Verträge mit 19 Mrd. Euro Assets under Management geht, meldet sich Athora zurück.

Unterfüttert wird die Transaktion – auch sie muss noch von der Aufsicht genehmigt werden – jetzt mit einer milliardenschweren Kapitalspritze. Die in Bermuda registrierte Mutter Athora Holding, die europäische Run-off-Bestände kauft und verwaltet, hat sich nach eigenen Angaben zusätzliche verbindliche Eigenkapitalzusagen von mehr als 2 Mrd. Euro gesichert. Dazu zählten auch Zusagen über 600 Mill. Euro, die bereits im Dezember 2021 eingegangen seien. Es ist die dritte Kapitalerhöhung von Athora seit der Geschäftsaufnahme 2018. Das Eigenkapital belaufe sich jetzt auf gut 6 Mrd. Euro, hieß es in einer Mitteilung. Großaktionär ist unter anderem der Finanzinvestor Apollo.

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