Nach hohen Abschreibungen im Vorjahr

Bayerische Sparkassen erwarten 2023 Zuschreibungen

Der Präsident des Sparkassenverbands Bayern, Ulrich Reuter, hofft bis zu 30% der Vorjahresverluste im laufenden Jahr wieder reinzuholen.

Bayerische Sparkassen erwarten 2023 Zuschreibungen

Bayerische Sparkassen erwarten Zuschreibungen

Verbandspräsident Ulrich Reuter hofft, bis zu 30 Prozent der Vorjahresverluste bei Eigenanlagen wieder reinzuholen

Bloomberg Frankfurt

Nach den starken Abschreibungen auf ihre Eigenanlagen im vergangenen Jahr steuern die bayerischen Sparkassen nun auf Zuschreibungen von bis zu einer halben Milliarde Euro zu. Das hat Ulrich Reuter, Präsident des Sparkassenverbands Bayern, im Interview angedeutet. Beim neuen Krisenherd Immobilienkredite erwartet er keine signifikanten Ausfälle. Die Abflüsse bei Kundeneinlagen bezifferte er trotz des harten Zinswettbewerbs auf unter 5%.

Nach Zinswende 1,6 Mrd. Euro abgeschrieben  

“Die Sparkassen in Bayern werden in diesem Jahr voraussichtlich zwischen 15% und 30% der Abschreibungen, die sie in 2022 auf ihre Wertpapier-Eigenanlagen abgeschrieben hatten, in Form von Zuschreibungen zurückholen”, sagte Reuter, der ab dem kommenden Jahr an die Spitze des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands rücken wird. Die Abschreibungen hatten sich im vergangenen Jahr auf 1,6 Mrd. Euro belaufen.

Grund für den Einbruch war die schnelle Zinswende gewesen. Diese hatte den aktuellen Wert von festverzinslichen Wertpapieren, von denen die Sparkassen besonders viele im Depot haben, in den Keller gedrückt. Da die Papiere meist bis zur Endfälligkeit gehalten werden, sind diese Abschreibungen in der Regel nur temporärer Natur und gleichen sich in Folgejahren aus. Dieser Effekt ist aktuell bei vielen Sparkassen zu beobachten.

Zinspause befürwortet

Reuter sagte, er würde es begrüßen, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinserhöhungen ersteinmal pausieren und beobachten würde, wie sich die Inflation nach den bereits ergriffenen Maßnahmen weiterentwickele. Das baue Unsicherheiten für die Wirtschaft ab - “nicht zuletzt auch angesichts des Krieges in der Ukraine und der neuen Krise im Nahen Osten”, sagte Reuter.

Am Immobilienmarkt machen sich die hohen Zinsen bereits negativ bemerkbar. Teure Finanzierungen drücken auf die Nachfrage und Preise. LBBW, BayernLB, NordLB und Helaba haben im ersten Halbjahr dieses Jahres rund 400 Millionen an Risikovorsorge für Gewerbeimmobilien gebildet. Reuter zufolge dürften die Sparkassen hier weniger unter Druck geraten. Weder bei Immobilien- noch bei Unternehmenskrediten sieht er signifikante Ausfälle.

Wenig Sorge um Gewerbeimmobilien

“Die Sparkassen sind von der Krise am Gewerbeimmobilienmarkt potenziell weniger betroffen als womöglich die Landesbanken und klassische Finanzierer von großen Gewerbeimmobilien”, so Reuter. “Dass eine Sparkasse ein großes Büroobjekt in einer Großstadt finanziert, das kommt eher selten vor.”

Auch mit Blick auf private Immobiliendarlehen zeigte sich Reuter entspannt. Viele auslaufende Kredite, für die nun Anschlussfinanzierungen anstehen würden, seien vor fünf Jahre oder zehn Jahren abgeschlossen worden. Damals seien die Zinsen noch höher als auf dem absoluten Niedrigststand von 2020/21 gewesen. “Der Sprung bei den Zinsen erscheint meist verkraftbar, auch wegen zwischenzeitlich geleisteter Tilgungen. Damit können viele Haushalte umgehen”, sagte Reuter in dem Interview weiter.

Schwieriger ist die Lage beim Neugeschäft der privaten Immobilienfinanzierung, das bei den bayerischen Sparkassen in den ersten neun Monaten um die Hälfte gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingebrochen ist. Es habe eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau eingesetzt, so Reuter. Er rechnet mit einem verhaltenen Neugeschäft bis zur Mitte des kommenden Jahres.

Verunsicherte Familien

“Aufgrund der gestiegenen Finanzierungszinsen und der auch aufgrund der hohen Standards anziehenden Baukosten können sich viele Haushalte den Kauf oder den Bau von Wohnimmoblien nicht mehr leisten, weil zu wenig für die Sicherung des Lebensunterhalts übrig bleiben würde”, sagte Reuter. “Viele Familien halten lieber an ihren Mietverhältnissen fest. Zumindest solange, bis es mehr Klarheit zur Entwicklung der Zinsen gibt.”

Kein Preiseinbruch bei Wohnimmobilien erwartet

Reuter zufolge dürften die Preise von Wohnimmobilien in den nächsten Monaten weiter nachgeben, aber nicht dramatisch. Einen regelrechten Einbruch der Preise sehe er auch deshalb nicht, weil das Angebot knapp sei und derzeit kaum etwas neu gebaut werde. Im zweiten Quartal waren die Wohnimmobilienpreise um rund 5,4% gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken, zeigen Daten des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VDP). Spürbar werden höhere Lebenshaltungskosten im Kombination mit starkem Zinswettbewerb auch bei Einlagen, wenn auch nur moderat. “Die Einlagen der bayerischen Sparkassen haben sich in den ersten acht Monaten um deutlich weniger als 5% reduziert”, sagte Reuter. 

Zins-Kritik abgewiesen

Die Sparkassen sahen sich zuletzt dem Vorwurf ausgesetzt, sie würden das gestiegene Zinsniveau gar nicht oder nur in geringem Umfang an Sparer weitergeben. Reuter wies das zurück: “Die Sparkassen zahlen adäquate Zinsen aufs Tagesgeld, jede Sparkasse zahlt schon, was ihre Bilanz verträgt. Da sehe ich keinen Handlungsbedarf.”

Noch offene Themen bei der Nord/LB

Mit Blick auf den gesamten Sparkassensektor bezeichnete Reuter die kürzliche gefundene Lösung zur neuen Bank-Steuerung bei der Nord/LB, die einen Streit unter den Eigentümern teils löste, als “vernünftig” und “sinnvoll”. Die erste Phase des Projekts war genehmigt worden. Zugleich warnte Reuter, dass es zur Nord/LB noch Arbeit gebe. “Alle Themen sind noch nicht gelöst, beispielsweise mit Blick auf das künftige Wachstum”, erklärte er.

Mit Blick auf die DWP Bank, deren Teil-Eigentümer aus dem Sparkassen-Lager über eine Bündelung ihrer einzelnen Anteile sprechen, erklärte Reuter: “Um Interessen zu konsolidieren, ist es nicht zwingend erforderlich, auch die Anteile zu konsolidieren”. Das könnte den Schluss nahelegen, dass es aktuell noch Klärungsbedarf zur Bewertung der Anteile gibt.