Sparkassenverband

Bayerns Sparkassen sehen Kreditausfälle am Horizont

Mancher Banker kennt den Posten in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung nur noch aus Erzählungen: die Kreditrisikovorsorge. Die Sparkassen in Bayern wappnen sich für die Folgen einer Rezession.

Bayerns Sparkassen sehen Kreditausfälle am Horizont

mic München

Die Sparkassen in Bayern erwarten angesichts der zunehmenden Rezessionsgefahr erstmals seit zehn Jahren nennenswerte Kreditausfälle. „Wir müssen realistisch damit rechnen, dass sich etwas tut“, sagte Präsident Ulrich Reuter am Dienstag auf der Halbjahrespressekonferenz des Sparkassenverbands Bayern. Dies werde wohl kein Massenphänomen sein, fügte er hinzu. Aber: „Wir werden vorsichtig sein bei den Wertberichtigungen.“ 

Die Unternehmen seien aktuell sehr stabil aufgestellt, betonte Vizepräsident Roland Schmautz: „Wir merken noch keine Liquiditätsengpässe, es sind ausreichend Puffer vorhanden.“ Reuter verwies zudem darauf, dass die 61 öffentlich-rechtlichen Institute in Bayern nicht zuletzt wegen gesenkter Kosten stabil aufgestellt seien: „Wir gehen gestärkt in diese Krisenphase, in der wir nicht wissen, was auf uns zukommt.“

Ende des Verwahrentgelts

Reuter begrüßte die Anhebung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank (EZB) um 0,5 Prozentpunkte: „Wir freuen uns über die Zinsentscheidung.“ Der Schritt sei allerdings zu spät gekommen. Wichtig sei nun, dass die EZB auf diesem Weg bleibe. Der Sparkassenpräsident wies darauf hin, dass die Geldschwemme anhalte: „Der Ballon bleibt erst einmal aufgeblasen.“ Man werde sehen, ob die EZB in einem nächsten Schritt Gelder einsammele.

Der Zinsanstieg werde den Sparkassen insgesamt eher nutzen als schaden, weil die Erträge stiegen, sagte Reuter. Er fügte hinzu: „Das Zeitalter der Negativzinsen ist vorbei, andere Herausforderungen kommen.“ Denn mit der Zinswende werde ein Bewertungsbedarf bei Wertpapieranlagen ausgelöst.

Die Sparkassen in Bayern dirigieren Einlagen von 193 Mrd. Euro, während mehr als 165 Mrd. Euro als Kredite ausgereicht wurden – der Überhang wurde teils in Anleihen am Kapitalmarkt investiert, deren Wert aufgrund des Zinsanstiegs sinkt. Rechnerisch fällt das Bewertungsergebnis dem Verband zufolge zum Halbjahr um rund 600 Mill. Euro schlechter aus. Die Korrekturen seien nur vorübergehend, bei Fälligkeit würden die Papiere zum Nominalbetrag eingelöst, betonte Reuter.

Aus Sicht des Sparkassenpräsidenten ist die Zeit reif, die Verwahrentgelte wegfallen zu lassen. Das Terrain hierfür sei bereitet, sagte er. Zudem beobachteten die Institute sensibel, inwieweit Einlagenzinsen geboten werden müssten, um Kunden zu halten. In den ersten sechs Monaten schrumpfte der Einlagenbestand erstmals seit vielen Jahren – allerdings nur um 1%. „Wir müssen handeln, bevor aus dem Tröpfeln ein Abfluss wird“, sagte Reuter.

Viele Kunden investierten mittlerweile in Wertpapiere, so eine weitere Erklärung von Schmautz für die Wende bei den Einlagen. Außerdem würden die Kunden voraussichtlich aufgrund der gestiegenen Preise in den nächsten Monaten weniger sparen. „Wenn der Nullzins von Nullsparen abgelöst wird, dann muss das auch den Staat und die Gesellschaft mit Sorge erfüllen“, warnte Reuter. Denn dann sänken die Möglichkeiten, Mittel für die Altersvorsorge aufzubauen.

Die Vorbereitungen für die geplante Fusion der LBS Bayern und der LBS Südwest gehen ihren Gang, machte Reuter klar.  Die Bewertung beider Unternehmen, die im Oktober oder November abgeschlossen sein soll, wird von KPMG durchgeführt. „Wir glauben, dass wir bei der Due Diligence keine negativen Überraschungen erleben“, sagte Reuter. Die beiden Sitze der künftigen LBS Süd in Stuttgart und München wolle man auch deswegen im Alltag leben, weil man so motivierte Fachleute an Bord halten und auch gewinnen könne.

Die steigenden EZB-Zinsen werden nach Einschätzung von Reuter im laufenden Jahr noch keine Wende beim Zinsüberschuss herbeiführen. Die Sparkassen erwarteten, dass dieser Posten weiter sinke oder allenfalls gleich bleibe: „Der Rückgang wird vielleicht nicht so steil ausfallen wie in den letzten Jahren.“

Seit Anfang des vergangenen Jahrzehnts war der Zinsüberschuss in Relation zur durchschnittlichen Bilanzsumme überwiegend gefallen (siehe Grafik). Im ersten Halbjahr sei er nahezu stabil bei 1,26% geblieben, sagte Schmautz. Insgesamt habe man 2022 ein stabiles Ergebnisniveau zu erwarten, vor Bewertung könne es etwas zulegen, fügte Reuter hinzu.

Ordentliches erstes Halbjahr

In den ersten sechs Monaten haben die Sparkassen Bayerns nach eigener Einschätzung ordentlich abgeschnitten. „Die bayerischen Sparkassen sind durchaus zufrieden mit dem ersten Halbjahr 2022“, sagte Reuter. Das Kreditvolumen sei um 5,7 Mrd. Euro gestiegen, strich Schmautz heraus: „Das Immobiliengeschäft ist auf Hochtouren gelaufen.“ In den ersten sechs Monaten seien die neuen Darlehen für den privaten Wohnungsbau um 8,5% auf 7,7 Mrd. Euro gesteigert worden. Im zweiten Halbjahr werde sich der Schwerpunkt voraussichtlich vom Erwerb auf die Sanierung verschieben.

Das Kreditneugeschäft mit Firmenkunden sei im ersten Halbjahr sogar um 21% auf ein neues Rekordniveau von 11 Mrd. Euro gestiegen, sagte Schmautz: „Wir gehen davon aus, dass sich dies im zweiten Halbjahr beruhigen wird.“ In den ersten Hälften vergangener Jahren waren, abgesehen vom schwächeren Turnus 2021, meist 8 bis 9 Mrd. Euro erreicht worden. Der Kreditbestand der Unternehmenskunden wuchs um 4% auf 89,3 Mrd. Euro. Privatpersonen steigerten ihre Darlehen um 2,9% auf 68,3 Mrd. Euro.