Cum-ex

Berger scheitert mit Befangenheitsantrag

Der Cum-ex-Strafprozess gegen Hanno Berger am Landgericht Wiesbaden wird fortgesetzt, obwohl seine Pflichtverteidiger die fehlende Gelegenheit beklagen, ihren Mandanten überhaupt zu treffen.

Berger scheitert mit Befangenheitsantrag

Hanno Berger wird sich auch weiterhin parallel vor den Landgericht Bonn und Wiesbaden für seine Rolle im Cum-ex-Komplex verantworten müssen. Wie die Vorsitzende Richterin, Kathleen Mittelsdorf, am Freitag bekannt gab, hat das Landgericht den Befangenheitsantrag des früheren Finanzbeamten und Steuerberaters gegen ihre Kammer als unbegründet verworfen (Az: 6 KLs-1111 Js 18753/21).

Somit wird der Prozess wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung am 7. Juli und in den kommenden Monaten fortgesetzt. Die Anklage wirft ihm vor, eine Schlüsselrolle bei den Cum-ex-Transaktionen gespielt zu haben, die der zwischenzeitlich verstorbene Investor Rafael Roth 2006 bis 2008 über den Londoner Handelsdesk abwickeln ließ. Der Steuerschaden belief sich laut Anklage auf rund 106 Mill. Euro.

Für den 71-jährigen bedeutet das, dass er weiterhin im sogenannten „Schub“, wie man die Gefangenentransporter der deutschen Justiz nennt, zwischen den Justizvollzuganstalten Köln-Ossendorf und Frankfurt-Preungesheim pendeln muss.

Den Befangenheitsantrag hatte Berger gestellt, nach dem seine Pflichtverteidiger, Sebastian Kaiser und Michael Simon, das Verfahren bis nach dem Ende der hessischen Sommerferien auszusetzen. Ob er wirklich darauf hoffte, dass die mit der Entscheidung beauftragte 2. Kammer in der Angelegenheit tatsächlich gegen ihre Kollegen der 6. Kammer entscheiden würden, sei dahingestellt.

Chance vor dem BGH

Seine Verteidiger dürften ihm jedoch geraten haben, den Antrag zu stellen, um sich die Chance zu bewahren, dass sein Revisionsantrag gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom Bundesgerichtshof (BGH) angenommen wird. Denn entgegen der landläufigen Auffassung beschäftigt sich das oberste Gericht nicht inhaltlich mit dem Urteil der ersten Instanz, sondern lediglich mit der Frage, ob es Verfahrensfehler bei seinem Zustandekommen gegeben hat. Deswegen liegt es im Interesse des Angeklagten, wenn jeder formelle Fehler zu seinen Ungunsten während des Verfahrens beanstandet wird.

Im konkreten Fall machte Steuerstrafanwalt Kaiser noch einmal deutlich, dass er aufgrund der beiden parallelen Verfahren buchstäblich keine Möglichkeit hat, sich mit seinem prominenten Mandanten abzusprechen, geschweige denn eine Verteidigungsstrategie abzusprechen. So sei am 14., 15. und 16. Juni am Landgericht Bonn verhandelt worden, ein weiterer Termin am 21. fiel wegen der Corona-Infektion eines Prozessbeteiligten aus. Kaiser, der sich mit Berger auf den ursprünglich für den 30. Juni anberaumten Termin habe vorbereiten wollen, wartete demnach mehrere Tage vergeblich, darauf, dass dieser in JVA Preungesheim überstellt wurde. Als er am 29. Juni dann endlich in Frankfurt war, habe Kaiser telefonisch vom Gefängnis die Auskunft bekommen, dass ein Besuch seines Mandanten wegen einer betriebsinternen Veranstaltung des Gefängnisses nicht möglich sei.

Berger lässt durchblicken, dass er lieber die prozessfreien Tage lieber in Preungesheim absitzt als in Ossendorf. Dort hat er bereits eine Haftbeschwerde eingelegt. Trotzdem stehe er dort seit vier Wochen unter Kontaktsperre, beklagt er: „Ich darf nicht mal mit meiner Frau telefonieren, sie ist schon ganz verzweifelt. “ Er bittet das Gericht darum, noch einmal seine privaten Telefonnummern aufzunehmen, damit er mit seiner Familie sprechen kann. Verwundert sagt die Vorsitzende, dass das eigentlich schon längst in die Wege geleitet worden sei. Sie verspricht, nochmals nachzuhaken und rät Berger, den Antrag bei der JVA noch einmal neu zu stellen.Nun meldet sich der Staatsanwalt mit der Erklärung zu Wort, dass nach wie vor private Gespräche nur unter Aufsicht erlaubt seien. Offenbar befürchten die Ermittler der Staatsanwaltschaften Köln und Frankfurt, dass Berger noch immer Kontakt zu früheren Geschäftspartnern und Mandanten haben könnte. Einige von ihnen dürften selbst schon längst im Visier der Ermittler stehen. Allein die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt nach eigenen Angaben in Dutzenden Fällen gegen mehr als 1000 Verdächtige und auch in Frankfurt und München laufen Ermittlungen.