Evergrande-Krise

Chinas Notenbank stemmt sich gegen die Krise

Chinas Notenbank ist bemüht, die durch Evergrande ausgelöste Krise einzudämmen. Auch andere Immobilienunternehmen könnten ins Rutschen geraten.

Chinas Notenbank stemmt sich gegen die Krise

nh Schanghai

Chinas Finanzmarktwächter unternehmen weitere An­strengungen, um die von der akuten Pleitegefahr des chinesischen Immobilienentwicklers Evergrande ausgehenden Ansteckungsgefahren im chinesischen Kreditgewerbe sowie am Immobilienmarkt einzudämmen, er­reichen damit aber nur gemischte Erfolge. Auch am Montag hat sich die chinesische Zentralbank als wichtigste Instanz zur Bekämpfung von systemischen Finanzmarktrisiken zu kräftigen Liquiditätseinschüssen am Geldmarkt genötigt gesehen, um Schwelbrände im Interbankengeschäft zu löschen.

Zu Wochenbeginn kam es bereits zum fünften Mal binnen sechs Tagen zu einer Flutung des Interbankenmarktes mit Liquiditätseinschüssen, um Verspannungen im Geldhandel unter den Finanzinstituten entgegenzuwirken. Diesmal wurden über Repo-Geschäfte 100 Mrd. Yuan (gut 13 Mrd. Euro) in den Geldkreislauf eingebracht. Damit summieren sich die Cash-Injektionen über Offenmarktgeschäfte seit dem 17. September auf eine Rekordsumme für einen Zehntageszeitraum von umgerechnet rund 80 Mrd. Euro.

Nach wie vor versucht die People’s Bank of China (PBOC), einer Geldmarktklemme entgegenzuwirken und die Nervosität im Bankenmarkt gering zu halten. Trotz mannigfaltiger Interventionen liegt der Zins für siebentägige Repo-Geschäfte noch immer auf einem angespannt hohen Niveau bei 3,5%. Vor Ausbruch der Evergrande-Krise lag die Rate fast über den gesamten Jahresverlauf hinweg bei 2,5% oder darunter.

Ebenfalls am Montag nahm die PBOC die Evergrande-Krise zum Anlass für ein eher ungewöhnliches Statement mit Durchhalteparolen für das Sentiment am Immobilienmarkt. So heißt es, dass man die „gesunde Entwicklung“ des Wohnimmobilienmarktes gewährleisten werde und dafür sorge, dass die Rechte von Wohnungskäufern ge­wahrt blieben. Chinas Bauträger be­streiten einen Großteil ihrer Refinanzierung von Wohnungsbauprojekten aus dem Vorverkauf von Wohneinheiten und bewegen sich dabei in gewaltigen Dimensionen. So hat Evergrande noch 1,4 Millionen Wohnungseinheiten in Planung, für die private Wohnungskäufer bereits in Vorkasse getreten sind.

Sunac wird zum Hingucker

Mittlerweile setzt sich die Auffassung durch, dass das Exposure chinesischer Banken via Kredite und Bond-Engagements gegenüber Evergrande selbst im Falle eines völligen Zusammenbruchs ihre Risikotragfähigkeit beziehungsweise Kapitalpuffer nicht unmittelbar gefährdet. Befürchtet wird jedoch, dass in einem zunehmend weiter angespannten Immobilienmarkt auch andere große und hoch verschuldete Immobilienentwickler in eine Liquiditätsklemme geraten und zu säumigen Zahlern werden. In den Fokus rückt dabei insbesondere die Nummer 3 der Branche, Sunac China Holdings.

Zuletzt hatte sich eine Sunac-Einheit bei der Regierung der Großstadt Shaoxing gemeldet, um wegen nachlassender Verkaufsdynamik im Wohnungsgeschäft „Unterstützung“ zu beantragen. Auch wenn es hier nur um einen regionalen Fall geht und aus der Sunac-Bitte nicht hervorgeht, welche Form die Unterstützung annehmen soll, hat die Nachricht die Talfahrt der Sunac-Aktie in Hongkong weiter beschleunigt. Die Titel sackten am Montag um 9,4% ab, wodurch sich die Verluste seit Jahresbeginn auf gut 43% summieren.

Immerhin wurde am Montag eine breitere Abverkaufswelle bei Immobilienaktien vermieden. So verlor etwa der Hang Seng Property Index in Hongkong lediglich 1%, während die zuletzt extrem volatile Evergrande-Aktie sogar um 8% auf 2,55 HK-Dollar zulegte. Für Entlastung sorgen neue Spekulationen, dass die neben dem Immobiliengeschäft auch in einer Reihe anderer Sparten tätige Evergrande auf der Suche nach Geldquellen ihr Randgeschäft mit Lebensversicherungen versilbern könnte. Analysten veranschlagen den Wert der hälftigen Beteiligung an Evergrande Life Assurance Co. auf umgerechnet gut 500 Mill. Euro.