Auskunfteien

Eine Black Box im Schein­werferlicht

Selten schien so viel Konsens: Die Auskunftei Schufa soll transparenter werden. Eine Black Box ist derzeit aber nicht nur die Berechnung der Kredit-Scores, sondern auch die Entwicklung des Aktionariats.

Eine Black Box im Schein­werferlicht

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Die Schufa soll transparenter werden. In einer für die Finanzbranche ungewöhnlichen Offenheit hat das Management der Auskunftei am Freitag Einblick in Pläne gewährt, die auch nach eigenen Worten als Black Box wahrgenommene Gesellschaft für Verbraucher durchschaubarer zu gestalten. Viel davon ist noch unfertig – was auch zeigt, wie sehr man sich öffnet. Absehbar ist bereits, dass sich der Auftritt des Hauses radikal ändern soll.

Künftig sollen Verbraucher etwa mit Hilfe eines Online-Tools simulieren können, wie einzelne Faktoren ihre Bonitätseinschätzung beeinflussen. Zudem will die Gesellschaft, deren Beschäftigte täglich 300 Telefonate mit Verbrauchern führen sowie 1500 Briefe bearbeiten, Bürokratendeutsch aus ihrer über 1000 Textbausteine beinhaltenden Kommunikation verbannen. Vor allem sollen sich auch die Modelle der Schufa wandeln. Aus dem Verhältnis zwischen Unternehmen und Schufa soll durch Einbindung der Verbraucher eine Dreiecksbeziehung werden, wie Schufa-Chefin Tanja Birkholz erklärte.

Verbraucher? Da war doch etwas. Richtig. Ein Verbraucherschutz­konzept für die Schufa hatte im Januar bereits der Finanzinvestor EQT präsentiert, als er Interesse an einer Übernahme der Gesellschaft gezeigt hatte. Klappern die Wiesbadener also bloß der Beteiligungsgesellschaft hinterher, die endlich einmal frischen Wind in die etwas angestaubte Gesellschaft bringen will? Umgekehrt wird womöglich ein Schuh daraus. Schließlich hat die Schufa, wie zu hören ist, schon seit dem Startquartal vergangenen Jahres ihr Konzept entwickelt. Einst­weilen bleibt die Antwort in der unversehens ins Scheinwerferlicht gerückten Black Box.

Sichtbar wird derweil, wie geschickt der schwedische Finanzinvestor sein Vorhaben eingestielt hat – und wie ausbaubedürftig die Öf­fentlichkeitsarbeit der mit 47,1% an der Schufa beteiligten Sparkassen und Kreditgenossen ist: Als EQT ihr Interesse öffentlich machte, hatte sie sich bereits die Unterstützung von Christian Kastrop, in der alten Bundesregierung Staatssekretär für den Verbraucherschutz, gesichert. Der Fachmann erkennt im Verbraucherschutzkonzept von EQT eine „qualitative Aufwertung“. Auch mit dem hessischen Datenschutz­beauftragten Alexander Roßnagel tauschte sich die Gesellschaft aus. Der erklärt auf Anfrage: „Es ist für den Datenschutz von Vorteil, dass EQT die Transparenz der Daten­verarbeitung für die betroffenen Personen­ thematisiert, eine stärkere Orientierung am Verbraucherschutz in Aussicht stellt und verspricht, dass es keine Speicherung von Daten­sätzen außerhalb von Europa geben werde.“ Verbraucherfreundliche In­novationen seien „zukunftsweisend“. Wer sie umsetze, sei für den Datenschutz „letztlich weniger entscheidend“. Zugleich setzte EQT die Schufa-Eigner unter Druck, indem sie Investitionen in dreistelligem Millionenvolumen in Aussicht stellte.

In der Öffentlichkeit jedenfalls hat das Aufhebens um EQT mancherorts den Eindruck entstehen lassen, als stehe die Beteiligungsgesellschaft schon kurz davor, in Wiesbaden das Ruder zu übernehmen. „Schufa wird verkauft – samt Ihren Daten“, proklamierte etwa der Online-Kampagnen-Verein Campact Ende Januar. Tatsächlich besitzt die schwedische Gesellschaft nach wie vor keine einzige Schufa-Aktie. Mit Société Géné­rale –  und ebenso mit einigen anderen Anteilseignern, mutmaßlich den Großbanken Deutsche Bank und Commerzbank – hat sie sich grundsätzlich auf eine Übernahme von deren Anteilen geeinigt. Da allerdings ist eine wahre Kaskade an Vorkaufsrechten der Anteilseigner vorgeschaltet, welche Sparkassen und Genossen gelobt haben zu nutzen, um die bestehende Aktionärsstruktur zu bewahren.

Allerdings: Auch zwei Monate nach diesen Beteuerungen hat noch keine einzige Aktie den Besitzer gewechselt. Der See ruht still, Timing und Ausmaß einer Aufstockung bleiben im Dunkeln der Black Box. Schufa-Chefin Birkholz erklärte am Freitag, die momentanen Aktionäre trügen die Transparenzoffensive der Gesellschaft mit. Würden sich die Anteilseigner in Sachen Öffentlichkeitsarbeit eine Scheibe von EQT und Schufa abschneiden – es stünde ihnen sicher gut zu Gesicht. Denn Offenheit und Transparenz wollen ja alle Beteiligten, wie dieser Tage rund um die Schufa so oft zu hören ist.

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