Compliance

Eine weitere Altlast holt Credit Suisse ein

Abermals holen die Folgen schlechten Managements und schwacher Kontrollen die Credit Suisse ein. Sieben Jahre nach dem Betrugsskandal um ihren vermeintlichen Starbanker Patrice Lescaudron droht dem Haus eine Belastung von mehr als 500 Mill. Dollar.

Eine weitere Altlast holt Credit Suisse ein

Von Daniel Zulauf, Zürich

Die Credit-Suisse-Aktionäre werden aller Voraussicht nach eine weitere dicke Rechnung bezahlen müssen, welche die Bank durch schlechtes Management beziehungsweise durch eine ungenügende Kontrolle verschuldet hat. Wie die von Thomas Gottstein geführte Bank mitgeteilt hat, wird ein Gericht auf den Bermudas in Kürze „ein negatives Urteil“ gegen ihre Versicherungstochter Credit Suisse Life Bermuda veröffentlichen, welches „möglicherweise mehr als 500 Mill. Dollar betragen könnte“. Die Bank werde nun überprüfen, ob bereits früher getätigte Rückstellungen für den Fall zulasten des laufenden Quartals erhöht werden müssten. Dieser beruht auf einem Betrugsskandal, der 2015 aufgeflogen und drei Jahre später vor einem Genfer Strafgericht verhandelt worden war.

Protagonist ist der ehemalige Credit-Suisse-Anlageberater und vermeintliche Starbanker Patrice Lescaudron, der als Quereinsteiger bereits zwei Jahre nach seinem Eintritt in die Bank die Verantwortung für mehrere ganz große Kunden, unter ihnen der ehemalige georgische Premierminister Bidzina Ivanishvili, erhalten hatte.

Das Drama begann 2007. Eine große Investition in europäische Immobilienaktien hatte sich schlecht entwickelt. Lescaudron verschob eigenmächtig und ohne das Wissen seiner Kunden Geld vom Konto Ivanishvilis auf die Konten anderer Kunden, um Löcher zu vertuschen. In der Folge investierte und spekulierte der Vermögensverwalter zunächst mit Erfolg weiter.

Der Banker habe so den Status eines Stars erlangt, mit dem er seine Ziele erreichen konnte, stellten die Schweizer Justizbehörden später fest. So konnte Lescaudron sein Lügengebilde über längere Zeit aufrechterhalten. 2015 flog der Schwindel auf. Bald nach der Entlassung wanderte der Mann ins Gefängnis. 2018 wurde er in Genf für gewerbsmäßigen Betrugs zu fünf Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Den Milliardär Ivanishvili habe er um 143 Mill. sfr erleichtert und sich dabei selbst im großen Stil bereichert, befand das Gericht.

Die Zahlung eines Schadenersatzes hatte die Bank abgelehnt. Sie stellte sich stets auf den Standpunkt, selbst Opfer ihres kriminellen Vermögensberaters geworden zu sein. Doch Ivanishvili tat sich mit anderen Opfern Lescaudrons zur Gruppe „CS Victims“ zusammen. Die Geschädigten kämpfen für eine Entschädigung, und dies offenbar mit Erfolg, wie das Urteil auf den Bermudas zeigt.

Den Geschädigten in die Hände spielt ein Untersuchungsbericht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma), den Credit Suisse vergeblich als Beweismittel zurückzuhalten versucht hatte. Der von einigen Schweizer Medien eingesehene Bericht zeigt offenbar erhebliche Kontrollmängel auf, die zum schädlichen Treiben des Vermögensberaters geführt haben sollen. So soll ein Risikomanager schon frühzeitig Lescaudrons Entlassung gefordert haben. Dass es viel zu spät dazu kam, soll gemäß unbestätigten Medienberichten damit zu tun gehabt haben, dass der Anlageberater viel für seine Bank verdient hatte. Die Rede ist von 50 Mill. sfr pro Jahr. Lescaudron nahm sich vor zwei Jahren das Leben.

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