Torben Rabe, Qonto

„Erzielen in Deutschland einen höheren Umsatz je Kunde“

Qonto gehört zu einer heißen Branche: den B2B-Fintechs. Im Gespräch erklärt Deutschlandchef Torben Rabe, was die Arbeit des Start-ups hierzulande besonders macht.

„Erzielen in Deutschland einen höheren Umsatz je Kunde“

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Business Banking ist derzeit einer der ganz heißen Fintech-Sektoren. Die B2B-Start-ups kommen mit ihren volldigitalen Produkten schnell zu Umsatz und die Risikokapitalgeber können gar nicht schnell genug nachlegen mit Finanzierungsrunden. Das ist bei der 2016 in Frankreich gegründeten Qonto nicht anders, bisher konnte das Unternehmen über 135 Mill. Euro einsammeln. Zuletzt über 100 Mill. Euro in der Series C-Runde im Januar 2020. Wie so häufig im Fintech-Funding dürfte sich auch Qonto über hohe Investorennachfragen freuen und ihr Ziel in einer aktuellen Runde aufstocken. An den bisherigen Runden von Qonto beteiligten sich unter anderem Tencent, DST Global, Valar Ventures und die European Investment Bank.

Urdeutsche Bedürfnisse

Angesichts anziehender Bewertungen werden die Firmenkunden-Fintechs schon als die neuen Neobanken bezeichnet – für die Retail-Neobanken hat sich das Geschäft zuletzt offensichtlich etwas zäher gestaltet. Und im Business-Banking wollen alle Fintechs mit internationalem An­spruch nach Deutschland. Qonto hatte ihre Internationalisierung Ende 2019 begonnen und war auf einen Schlag in Spanien, Deutschland und Italien gestartet, so Deutschland-Chef Torben Rabe im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Wir adressieren mit dem volldigitalen Konto Gründer, Freelancer und KMUs bis 250 Mitarbeiter. In Deutschland sind die Kunden im Schnitt größer und wir erzielen einen höheren Umsatz pro Kunde,“ sagt Rabe. Das digitale Geschäftskonto werde hierzulande gut angenommen, zur erreichten Kundenzahl in Deutschland will er sich kurz vor Jahresschluss noch nicht äußern. Über alle vier Länder komme Qonto derzeit auf gut 200000 Kunden, die zur Jahresmitte für ein Transaktionsvolumen von 22 Mrd. Euro standen. Der Umsatz in Deutschland habe sich 2021 versiebenfacht.

Die Einnahmen für Qonto kommen zum einen aus monatlichen Abos von 9 bis 249 Euro, je nach Kontomodell, sowie der Interchange. Über Qonto werden virtuelle und physische Karten ausgegeben, die verbunden sind mit eigenen Neben- oder Unterkonten, wobei jedes Konto eine eigene IBAN hat. So können Firmenkunden gut sortiert den Überblick behalten und mit Limits lassen sich Ausgaben und Aufgaben definieren ohne nachgelagertes Controlling.

Bei der deutschen Klientel gebe es im Vergleich zu den europäischen Nachbarn eine Besonderheit, erklärt Rabe. Für deutsche Firmenkunden sei immer noch der Bargeldzugang für Ein- und Auszahlungen wichtig, darauf müsse man sich einstellen im Produktportfolio. Wichtig sei, dass sich für die deutschen Kunden, vor allem Gründer, allgemein die Digi­talisierung in behördlichen Vorgängen verbessere, um durchgängige und beschleunigte Prozesse bei der Gründung von GmbHs und UGs zu erreichen.

Da setzt Rabe auf das für August 2022 in Aussicht gestellte Inkrafttreten der Eidas-Verordnung, welche die volldigitale Identifizierung sowie Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen ermöglicht. Damit wird das E-Government papierlos und es ist dann der volldigitale Gründungsprozess möglich – davon träumen die hiesigen Start-ups schon lange. Mit Qonto können Gründer zumindest heute schon ihr Geschäftskonto volldigital eröffnen: „Die Gründer können das Firmenkonto bei uns in der Regel innerhalb von 10 Minuten eröffnen. Dann wird das Stammkapital eingezahlt und Qonto stellt das Zertifikat bzw. die Urkunde dafür innerhalb von 72 Stunden aus. Damit geht es dann zum Notar – was ab August dann optional auch als Videocall möglich sein wird.“

Moderne Schnittstellen

Was Qonto vom Gros der Firmenkunden-Fintechs unterscheidet, ist das eigene Kernbankensystem. Der Aufbau dieser Infrastruktur sei eine strategische Entscheidung schon kurz nach der Gründung gewesen, sagt Rabe. Mit dem eigenen Kernbankensystem sei man schon im Vorteil, wenn es darum geht, eine moderne Schnittstellen-Landschaft aufzubauen. Denn im Grunde betreibt Qonto für seine Firmenkunden klassisches Plattform-Banking, indem über Partner eine ganze Reihe weiterer Dienstleistungen angebunden werden – und davon gibt es schon einige: Rabe nennt Services wie die Datev-Anbindung für Buchhaltung und Steuerberater, Kredite über Iwoca sowie die Depositenseite als Anlage über Raisin – wobei man auf den eigenen Konten im Gegensatz zu manch anderem Anbieter derzeit keine Negativzinsen veranschlage.

Als europäisches Fintech agiert Qonto über eine französische Payment-Lizenz, eine regulatorische Erweiterung sei derzeit nicht geplant, Produkterweiterungen orientierten sich an den Kundenbedürfnissen und würden vor allem auch durch strategische Partnerschaften realisiert. Dabei haben die Franzosen ehrgeizige Ziele: Global will Qonto bis 2023 500000 Kunden erreichen. Bis dahin will man für das deutsche Geschäft 100 Mitarbeiter eingestellt haben.

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