Bundestagsregister

Finanzwende beklagt Macht der Finanzlobby

Die Finanzbranche nimmt mehr Einfluss auf die Politik als alle anderen Sektoren. Zu dieser Einschätzung kommt die Bürgerbewegung Finanzwende nach der Auswertung des Bundestags-Lobbyregisters.

Finanzwende beklagt Macht der Finanzlobby

wf Berlin

„Die Finanzbranche stellt die Lobbys anderer Branchen in den Schatten.“ Dies gelte selbst im Vergleich zur Autoindustrie oder Energiebranche, stellt die Bürgerbewegung Finanzwende fest. Sie hat das Lobbyregister des Bundestags ausgewertet. Banken, Versicherer und andere Finanzakteure seien der Zivilgesellschaft zahlenmäßig überlegen und könnten auf ein umfangreiches Netzwerk zurückgreifen.

Die Aussagekraft des Lobbyregisters müsse weiter gestärkt werden, fordert die Finanzwende. „Gerade die Finanzlobby profitiert erheblich davon, dass sie ihren Einfluss im Verborgenen ausübt“, erklärte Finanzwende-Geschäftsführer Daniel Mittler in Berlin. „Das Lobbyregister ist ein guter Anfang, um Deals in Hinterzimmern etwas entgegenzusetzen.“ Die Bürgerbewegung fordert strengere Vorschriften für mehr Transparenz: Alle Lobbyisten sollen demnach genau angeben müssen, für wen sie arbeiten. Die Ausnahmen von der Registrierungspflicht sollten entfallen. Noch immer verschleierten zu viele Lobbyakteure, was sie täten, ist die Finanzwende überzeugt. Eine Prüfinstanz solle die Einhaltung der Regeln kontrollieren – und notfalls hohe Bußgelder verhängen. Zu diesen Forderungen sammelt die Finanzwende Unterschriften.

Das „Lobbyregister für Interessenvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung“ besteht seit nunmehr einem Jahr. Interessenvertretungen müssen die Gebiete für ihre Tätigkeit, Beschäftigte und Budgets in dem öffentlich einsehbaren Register angeben. Nach der Auswertung der Finanzwende kommen die Top-10-Konzerne und Verbände der Finanzlobby zusammen auf ein Budget von mehr als 42 Mill. Euro. Damit sei keine Branche unter den Top-100- Lobbyisten mit den größten Budgets präsenter, stellt das Aktionsbündnis fest. Mehr als 15 Mill. Euro lasse sich allein der Versicherungsverband GDV die Arbeit kosten – mit 141 bis 150 Beschäftigten. Dies sei ein Vielfaches des Gesamtbudgets der Finanzwende, konstatiert die Bürgerbewegung. Im Lobbyregister gibt sie ihren jährlichen Finanzeinsatz mit 450000 bis 460000 Euro an. Registriert sind 11 bis 20 Beschäftigte.

Allein die Finanzsparte von Volkswagen beschäftigt demnach so viele Lobbyisten wie sie selbst, stellt die Finanzwende fest. Die fünf Top-Akteure der Finanzbranche kommen der Auswertung zufolge auf 395 Lobbyvertreter. Dem Spitzenreiter GDV folgt der Sparkassenverband DSGV mit 91 bis 100 Mitarbeitern, der Genossenschaftsbankenverband BVR mit 71 bis 80 Beschäftigten sowie der Bankenverband BdB und die Association for Financial Markets in Europe mit jeweils 61 bis 70 Beschäftigten. Auf Platz 6 liegt die Deutsche Bank mit 41 bis 50 Mitarbeitern.

Statistik des Bundestags

Nach Angaben des Bundestags (Stand 3.1.2023) sind im Lobbyregister 30497 Personen registriert, als gesetzliche Vertreter oder Beschäftigte für die Interessen von Organisationen. Die Lobbyisten müssen Interessen- und Vorhabenbereiche be­nennen, in denen sie tätig sind. Dem Bundestag zufolge entfallen 45,3 % der Gesamtzahl der genannte Bereiche auf „Wirtschaft“. Davon ist mit 45,8 % das größte Interessensgebiet der Sektor „kleine und mittlere Unternehmen“. Auf den Interessenbereich Banken- und Finanzwesen entfallen 18,44% bezogen auf den Bereich Wirtschaft.