GDV

Flut drückt Schaden­versicherer ins Minus

Das verheerende Hochwasser im Westen Deutschlands vergangenen Juli prägt die Ergebniszahlen der deutschen Versicherungswirtschaft 2021. Auch die Beitragseinnahmen wuchsen weniger als gedacht.

Flut drückt Schaden­versicherer ins Minus

ak Köln

 Die Folgen der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands haben den deutschen Versicherern in einigen Sparten 2021 tiefrote Zahlen beschert. Die Schaden- und Unfallversicherung – eigentlich die wichtigste Ergebnisstütze der Branche – schrieb erstmals seit acht Jahren operativ wieder einen Verlust. Er summiert sich auf rund 1,5 Mrd. Euro, wie aus dem am Donnerstag vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft vorgelegten Zahlen hervorgeht. Besonders tief ins Minus rutschten die industrielle Sachversicherung und die Wohngebäudeversicherung, die beide Schaden-Kosten-Quoten von mehr als 140 % verzeichneten.

Vor dem Hintergrund des teuersten Naturgefahrenjahrs in Deutschland seit Beginn der Aufzeichnungen stellte GDV-Präsident Wolfgang Weiler Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in den Mittelpunkt seiner Rede. Die Versicherer plädieren dafür, die Elementarschadenversicherung für Hausbesitzer, die bisher nur knapp die Hälfte der Eigentümer abgeschlossen hat, künftig als Opt-out-Modell zu konzipieren. Das Konzept hatte der GDV im vergangenen Herbst der Politik vorgelegt. Konkret schlägt die Branche vor, dass die Versicherer mit Hilfe eines Überleitungsgesetzes alle bestehenden Verträge in der Wohngebäudeversicherung zu einem Stichtag umstellen und einen Versicherungsschutz gegen Naturgefahren hinzufügen dürfen. Hausbesitzer, die das nicht wollen, müssten aktiv widersprechen. Norbert Rollinger, Spartensprecher für die Schaden- und Unfallversicherer im GDV und im Hauptberuf R+V-Chef, erwartet mit diesem Konzept eine Marktdurchdringung von 80 bis 90 %. Der Vorschlag befinde sich in der Prüfung durch die Justizminister der Länder.

Länderdissens bei Prävention

GDV-Präsident Weiler kritisierte, dass in Sachen Flutfolgen unterschiedliche Signale aus den Ländern kämen: So habe Bayern eine ganze Reihe von Flutpoldern entlang der Donau zum Teil auch gegen Widerstand der örtlichen Bevölkerung beschlossen und sorge damit für besseren Schutz gegen Hochwasser. An der Ahr dagegen sei der Wiederaufbau an Stellen möglich, die ganz klar zum Gefahrenbereich zählten und wegen ihrer starken Exponierung auch durch bauliche Vorkehrungen nicht vor Pegelständen von fünf Meter und mehr geschützt werden könnten. „Wir müssen uns als Gesellschaft gegen mehr Extremwetter rüsten und vor allem auch mehr vermeidbare Schäden verhindern“, forderte Weiler.

Nachhaltigkeitsgesichtspunkte seien für die Branche von immer größerer Bedeutung. Hochgerechnet rund 80 % der Kapitalanlagen würden nach ökologischen und sozialen Kriterien angelegt, sagte Weiler. Beim Versichern von Risiken hat die Branche noch Luft nach oben: Bislang achtet nach Angaben des GDV gut ein Drittel des Marktes auf ESG-Aspekte. Der Anteil soll nach den Planungen der Unternehmen bis 2025 auf rund 60% steigen.

Das vergangene Jahr belastete die Versicherer nicht nur auf der Ergebnisseite. Auch die Entwicklung der Beitragseinnahmen blieb unter den Erwartungen. Die Branche verbuchte lediglich ein Plus von 1,1 % auf gut 223 Mrd. Euro. Ohne das Wachstum von 5 % in der Krankenversicherung hätte die Bilanz noch viel schlechter ausgesehen. Hier ging die Entwicklung jedoch vor allem auf Beitragserhöhungen zurück: Allein Marktführerin Debeka hatte Anfang 2021 nach mehreren Jahren Stabilität den Preis um durchschnittlich fast 18 % angehoben.

Die deutschen Lebensversicherer verzeichneten im vergangenen Jahr sogar Beitragseinbußen von branchenweit 1,4 %. Grund war ein Minus von fast 6 % im Einmalbeitragsgeschäft. Ein überraschend hohes Plus von 12 % dagegen verzeichnete das Neugeschäft mit Riester-Renten. Die Unternehmen verkauften 310000 neue Policen, die höchste Zahl an Abschlüssen seit fünf Jahren. Weiler mutmaßte, dass viele Kunden sich angesichts der laufenden politischen Debatte um Reformen in der Altersvorsorge sich noch einen Vertrag gesichert hätten. Der Gesamtbestand an Riester-Renten sank minimal auf 10,4 Millionen. Ein prozentual noch größerer Verkaufserfolg waren die Basisrenten, deren Neugeschäft um 40 % zulegte. Die Anbieter verkauften 119000 Verträge.

Den Ausblick auf das gerade angelaufene Jahr bezeichnete Weiler als vorsichtig optimistisch. Über alle Sparten hinweg rechne die Branche mit steigenden Einnahmen. Insgesamt sollen sie um 2 bis 3% zulegen. In der Lebensversicherung rechnet der GDV damit, dass die Pandemie die Aussichten auch 2022 dämpft und geht von einem Plus von 1 bis 2% bei den Beitragseinnahmen aus. Die Schaden- und Unfallversicherung soll nach den Schätzungen um rund 3% zulegen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.