US-Investmentbank

Goldman in stürmischer See

Goldman Sachs will vorerst wohl nicht mehr für neue Kreditkartenprogramme bieten. Die Kehrtwende macht erneut deutlich, in welche Unruhe der Vorstoß ins Privatkundengeschäft das Geldhaus gestürzt hat.

Goldman in stürmischer See

Die US-Investmentbank Goldman Sachs rudert nach ihrem kostspieligen Ausflug ins Privatkundengeschäft mit beschleunigter Geschwindigkeit zurück. So legt das Geldhaus laut Insidern wohl seine Bemühungen um neue Kreditkartenprogramme auf Eis. Demnach habe Goldman zuletzt Verhandlungen über ein gemeinsames Projekt mit dem Mobilfunkanbieter T-Mobile US abgebrochen. Die Bank kooperiert bereits mit dem Technologieriesen Apple und dem US-Autobauer General Motors (GM), für T-Mobile US wäre es das erste Kreditkartenprogramm gewesen.

Beide Seiten sollen zuletzt aber Bedenken gehegt haben: Goldman wegen zu hoher Kostenbelastungen, der Mobilfunkanbieter aufgrund der allgemein zurückgefahrenen Consumer-Banking-Ambitionen des Geldhauses. Angeblich sucht T-Mobile US nun nach einem neuen Kreditkartenherausgeber. Auch um das Programm der Fluggesellschaft Hawaiian Airlines, die einen Wechsel von ihrem bisherigen Kartenpartner Barclays erwägt, will sich Goldman angeblich nicht mehr bemühen.

Noch in den vergangenen Jahren hatte die Bank laut Insidern mit Hochdruck um neue Programme geworben – darunter seien angepeilte Kooperationen mit der Kaufhauskette Macy’s, dem Online-Reisebüro Expedia oder der Fluggesellschaft Jet Blue Airways gewesen. Die Gebote und Verhandlungen blieben aber offenbar ohne Erfolg.

Die aktuelle Kehrtwende liefert laut Beobachtern einen weiteren Beleg für die Unruhe, in die der Vorstoß ins Privatkundengeschäft das Geldhaus gestürzt hat. Die Federal Reserve untersucht laut Berichten der Agentur „Bloomberg“ und des „Wall Street Journal“ derzeit, ob bei Goldman während des Ausbaus des Consumer Bankings ausreichende Risikokontrollen vorhanden gewesen seien. Mitte Januar legte die Bank offen, dass die Sparte Platform Solutions, unter die auch die Partnerschaften mit Apple und GM fallen, seit Anfang 2020 Verluste von über 3 Mrd. Dollar angehäuft hatte.

Angesichts der negativen Performance will sich die Bank auf eine strategische Neuausrichtung konzentrieren. Die 2016 unter großer Aufmerksamkeit lancierte, nach einem der Gründer des Investmenthauses benannte Retail-Plattform Marcus wird zurechtgestutzt. Im Rahmen einer im Oktober verkündeten Reorganisation teilte Goldman das Consumer-Banking-Geschäft, zuvor an das Wealth Management angedockt, auf verschiedene Abteilungen des Konzerns auf. Im Januar folgte die Ankündigung, dass Goldman über Marcus keine Privatkredite mehr vergibt.

An den bestehenden Kreditkartenpartnerschaften mit Apple und GM hält Goldman dagegen wohl fest. Im Rahmen eines Investorencalls bezeichnete CEO David Solomon eine Stärkung dieser Programme zuletzt als Priorität, gerade die Kooperation mit Apple werde sich seiner Überzeugung nach über die Zeit bedeutend auszahlen.

Eine stärkere Präsenz im Kreditkartengeschäft bringt aus Sicht von Banken aber auch Belastungen für die Nettogewinne mit sich. Denn die Geldhäuser müssen in der Folge höhere Rückstellungen für Kreditausfälle nicht nur von Firmen-, sondern auch von Privatkunden bilden. Denn die Kreditkartensalden amerikanischer Verbraucher sind nach einem zwischenzeitlichen Rückgang in den vergangenen beiden Jahren wieder massiv gestiegen.

Im Schlussquartal 2022 legten die sechs nach Bilanzsumme führenden US-Banken zusammengenommen bereits fast 4,5 Mrd. Dollar für die Risikovorsorge beiseite. Dies belastet die Nettogewinne ausgerechnet in einer Phase erheblich, in der die Erlöse aus dem Investment Banking unter der restriktiven Geldpolitik der Fed und der resultierenden Liquiditätsverknappung an den Finanzmärkten leiden. Bei Goldman Sachs blieben zwischen Oktober und Dezember unter dem Strich 66% weniger als im Vorjahr hängen.

Der interne Druck auf CEO Solomon wächst in der Folge wohl. Er sucht Investoren nun darauf einzuschwören, dass sich Goldman mit der Neuausrichtung und dem Zurückfahren der Privatkunden-Ambitionen in die richtige Richtung bewegt. Allerdings räumt der CEO Projekten um den im vergangenen Jahr übernommenen Lender Greensky nach eigenen Aussagen weiterhin Priorität ein.

Greensky hat sich auf Kredite für die Hausumgestaltung und Renovierungsarbeiten spezialisiert. Hochrangige Goldman-Manager rieten Solomon wohl von der Übernahme des Dienstleisters ab – dieser schlug allerdings zu, als ein weiterer Bieter auftauchte. Bislang arbeitet die Bank wohl noch daran, Greensky mit der übergreifenden Konzernstrategie in Einklang zu bringen.

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