Peter Axmann

HCOB setzt im Kreditgeschäft auf Vorsicht

Die Hamburg Commercial Bank (HCOB) will nach einem schwachen Jahr im Immobilienkreditgeschäft wieder deutlich wachsen. Im Zentrum steht aber ein ausgewogenes Risiko-Ertrags-Profil.

HCOB setzt im Kreditgeschäft auf Vorsicht

Von Thomas List, Frankfurt

Die aus der HSH Nordbank hervorgegangene, 2018 an die Finanzinvestoren Cerberus und J.C. Flowers verkaufte Hamburg Commercial Bank (HCOB) will 2022 im Immobilienkreditgeschäft wieder deutlich wachsen. Im laufenden Jahr wurden die Planungen im Neugeschäft nicht erreicht. Das erst 2019 wieder aufgenommene Auslandsgeschäft soll auf 20% des Kreditbestandes hochgefahren werden.

„Das Neugeschäft war verhaltener, als wir uns das vorgenommen hatten“, sagte Peter Axmann, bei der Hamburg Commercial Bank (HCOB) für das Immobilienkundengeschäft verantwortlich, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Geplant waren für 2021 rund 2,2 Mrd. Euro (ohne Prolongationen), geworden sind es dann etwa 1,7 Mrd. Euro. 2020 war das Neugeschäft angesichts einer drohenden Rezession kräftig auf 800 Mill. Euro geschrumpft worden (vgl. BZ vom 23.1.2021). In diesem Jahr fiel auf das vierte Quartal etwa ein Drittel des Neugeschäfts, die ersten drei Quartale waren, so Axmann, „sehr verhalten.“

„Wir steuern unser Geschäft allerdings eher über den Bestand, denn das ist ja die Grundlage unserer Erträge.“ Da die Tilgungen ebenfalls unter den Annahmen der Bank lagen, etwa im gleichen Ausmaß wie das Neugeschäft, hat Axmann im Be­stand den geplanten Zielwert von rund 9 (i.V. 10) Mrd. Euro ziemlich genau getroffen. Dies entspricht auch der Gesamtstrategie der Bank, nach der auf das Immobilienfinanzierungsgeschäft rund 30% der Bilanzsumme entfallen sollen.

Steuerungshebel

Für 2022 werden 2,3 Mrd. Euro Neugeschäft angepeilt. Der Immobilienkreditbestand soll bei 9 Mrd. Euro mindestens gehalten werden, wenn nicht leicht ansteigen, da auch die Bank insgesamt nach einer längeren Umbauphase wachsen will.

Axmann steuert das Immobilienfinanzierungsgeschäft aber weniger nach Volumen, sondern in erster Linie nach Erträgen und dem Verhältnis von Ertragspotenzial zu Risiken. „Wir konnten unsere Marge im Bestand um neun Basispunkte auf 2,05% steigern und im Neugeschäft noch deutlich stärker um 45 Basispunkte auf mehr als 2,5% Kundenmarge.“ Finanziert hat die HCOB in diesem Jahr überwiegend Büro­objekte in den sieben großen Metropolregionen Berlin, Hamburg, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und München.

Andere Nutzungsarten wie Wohnen und Logistik waren im diesjährigen Neugeschäft eher Beimischungen, wobei im Einzelhandel keine Shoppingcenter und Kaufhäuser, aber sehr wohl auf den Lebensmittelhandel ausgerichtete Objekte finanziert wurden. Das Segment Wohnen würde die HCOB gerne mehr finanzieren, aber die am Markt üblichen geringen Margen von 150 oder sogar unter 100 Basispunkten sind wenig attraktiv. „Bei Hotels waren wir sehr selektiv.“ Opportunitäten wäre Axmann aber nicht abgeneigt. Ein Drittel des Neugeschäfts waren Projektentwicklungen, zum Beispiel Logistik, der Rest Bestand.

Blick ins Ausland

Im erst vor zweieinhalb Jahren wieder aufgenommenen Auslandsgeschäft konzentrierte sich die HCOB auf die Niederlande, weil sie dort bereits Erfahrungen gesammelt hat. Daneben wurden in geringerem Umfang auch Kredite in Frankreich, Großbritannien und den USA abgeschlossen. „In den nächsten zwei Jahren soll der Auslandsanteil auch im Bestand auf 20% wachsen. Aktuell sind wir bei 10% und im Neugeschäft bei 20%. Das sind etwa 350 Mill. Euro bei einer durchschnittlichen Ticketgröße von rund 40 Mill. Euro.“ Im Inland sind es etwa 28 Mill. Euro.

Axmann glaubt an die Zukunft des Büros. „Die Homeoffice-Quote wird vermutlich auch nach Corona zwischen 40 und 60% der Arbeitszeit liegen. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen auch weiter ins Büro kommen.“ Gleichwohl planen gerade viele große Unternehmen, künftig Fläche dadurch einzusparen, dass nicht mehr jeder Arbeitnehmer seinen festen Schreibtisch haben wird. Der Flächenbedarf hänge aber auch stark von der Konjunktur ab, sagt Axmann. „Wenn die Konjunktur weiter so gut läuft, werden sich Flächen­reduktionen durch mehr Homeoffice in Grenzen halten.“

Büros bleiben gefragt

Die Büronachfrage differenziere sich stark, beobachtet Axmann. „Es gibt eine hohe Nachfrage nach neuen Flächen in sehr guten Lagen, gerade in Großstädten wie Berlin.“ Mit solchen attraktiven Flächen könne man angesichts des Fachkräftemangels am Arbeitsmarkt gut punkten. „Statt ein bis zwei Mieter ziehen jetzt häufig vier oder fünf in neue Objekte ein, weil die Bedarfe jedes Einzelnen zwar vielfach abgenommen haben, aber solche Toplagen eben stark gesucht sind – das wird auch erst einmal so bleiben.“

Eine immer stärkere Rolle am Immobilienmarkt spielt die Nachhaltigkeit. „ESG, also Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte, sind für Banken, Mieter und Investoren wichtig. Diesen Anforderungen entsprechen neuere Gebäude natürlich sehr viel eher als ältere.“ In die Jahre gekommene Objekte in nicht so guten Lagen dürften bei Mieten und Preisen daher unter Druck geraten, wie Axmann sagt. Preisrückgänge von 20 bis 25% hält er mittelfristig für möglich.

Nur mit guter Klimabilanz

Angesichts einer durchschnittlichen Kreditlaufzeit von etwas über drei Jahren sind ältere, nicht oder wenig nachhaltige Objekte im Bestand für die HCOB bisher noch kein Problem. „Im Neugeschäft stellen wir uns aber schon die Frage, ob die Objekte, mit Blick auf Nachhaltigkeit, am Ende der Kreditlaufzeit noch refinanzierungsfähig sind. Darauf muss der Kunde antworten können und Pläne haben.“ Nur, wenn bei Bestandsobjekten die CO2-Bilanz ausreichend ist – oder zumindest Verbesserungen angestrebt werden –, finanziert sie die Bank. „Dabei müssen wir, wie die gesamte Branche, mit der Schwierigkeit umgehen, dass die Kriterien für die ESG-Konformität noch in der Entwicklung sind.“ Über diese Kriterien mache man sich bankintern intensiv Gedanken – „nicht nur beim E, sondern auch bei S und G“.

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