Kreditwirtschaft

In Zukunft bei den Kreditgenossen

Das Ritterschaftliche Kreditinstitut Stade gehört nach Übernahme durch die Hannoversche Volksbank der genossenschaftlichen Finanzgruppe an. Die kleine Spezialbank benötigte eine Kapitalstärkung.

In Zukunft bei den Kreditgenossen

Von Carsten Steevens, Hamburg

Es ist eine Zäsur in der Geschichte der lange als Anstalt des öffentlichen Rechts auftretenden Bank: Das Ritterschaftliche Kreditinstitut Stade (RKI) gehört nach der mehrheitlichen Übernahme durch die Hannoversche Volksbank künftig dem Genossenschaftsverbund an. Die größte genossenschaftliche Primärbank Norddeutschlands, die 2021 auf eine Bilanzsumme von 7,7 Mrd. Euro und 1000 Beschäftigte kam, machte nun bekannt, Haupteigentümerin des vor knapp 200 Jahren entstandenen Instituts zu sein, das Ende vorigen Jahres mit einer Bilanzsumme von 336 Mill. Euro und 13 Beschäftigten nicht unter den ersten 500 von 770 Genossenschaftsbanken in Deutschland rangiert hätte. Die Übernahme des RKI wurde nach dem Wechsel der Rechtsform zu einer Aktiengesellschaft möglich, den der Gewährträger, die Ritterschaft des Herzogtums Bremen, bei einem außerordentlichen Rittertag Anfang Februar beschlossen hatte. Die Ritterschaft des Herzogtums Bremen, eine Vereinigung der Gutsbesitzer im Gebiet des ehemaligen Herzogtums Bremen, ist weiterhin an der neuen Gesellschaft beteiligt.

Die Geschichte des RKI Stade reicht bis in das Jahr 1826 zurück, als König Georg IV. von Großbritannien und Hannover der Ritterschaft des Herzogtums Bremen die Gründung eines Kreditvereins genehmigte. Aus dem Verein wurde ein Institut, das zunächst an Rittergutsbesitzer, später auch an Bauern langfristige Kredite zu günstigen Konditionen ausreichte. Die Vergabe günstiger Kredite an Kunden aus der Land- und Forstwirtschaft geht auf das Ziel zurück, ländliche Strukturen zu fördern. Seit 1970 ist das RKI Stade auch in der Immobilienfinanzierung tätig.

Das Institut, das bislang der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken und dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands angehörte, ist als Tochter der Hannoverschen Volksbank künftig der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken angeschlossen. „Das RKI ist eine Bank mit langer Tradition als regionale Selbsthilfeorganisation analog unserer genossenschaftlichen Wurzeln“, so Jürgen Wache, Vorstandschef der Hannoverschen Volksbank. „Darum passen wir sehr gut zusammen.“ Regionale und geschäftliche Überschneidungen zwischen beiden Instituten sieht man in Hannover nahezu keine. Für das RKI war über viele Jahrzehnte hinweg das „Elbe-Weser-Dreieck“ das dominierende Kerngeschäftsgebiet. Seit 2016 ist die Bank bundesweit tätig, der Schwerpunkt der Geschäfte liegt jedoch im nord- und ostdeutschen Raum.

Zum bereits gezahlten Kaufpreis für das RKI macht die Hannoversche Volksbank auf Anfrage keine Angaben. Die RKI-Eigentümer hatten über die Beteiligung verhandelt, um zur Sicherung des Geschäftsmodells der Bank und zur Stützung ihrer langfristigen Ertragskraft eine Kapitalstärkung zu ermöglichen. Wie das RKI, das regulatorische Eigenmittelanforderungen mit einer Kernkapitalquote per Ende 2021 von 14,6% einhielt, im jüngsten Geschäftsjahresbericht erläutert, führten Niedrigzinsumfeld und verschärfter Wettbewerb in den vergangenen Jahren zu einer Verschlechterung der Ertragslage. Dies habe 2021 eine nicht zufriedenstellende Aufwand-Ertrags-Relation von 102,8% ergeben.

In Sondierungsgesprächen wurden ein Businessplan und der dafür notwendige Kapitalbedarf ermittelt, der ermöglichen soll, dass das RKI von 2024 an „stetige ausschüttungsfähige Gewinne“ erwirtschaftet. Zu Details der Kapitalstärkung wollte sich die Volksbank nicht äußern. Am Geschäftsmodell des RKI, das über hohe Expertise in der Finanzierung der Land- und Forstwirtschaft sowie in der langfristigen Immobilienfinanzierung verfüge und berechtigt sei, Pfandbriefe zu emittieren, werde festgehalten. „Wir sehen starke Wachstumschancen“, so ein Sprecher der Hannoverschen Volksbank.

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