Zurückhaltung wegen Unsicherheit und hoher Zinsen

Investitionen in Fintechs schwinden weltweit

Investitionen in Start-ups aus dem Finanzsektor sind 2023 weltweit auf das niedrigste Niveau seit 2017 geschmolzen. 113,7 Mrd. Dollar flossen in Fintechs, 31% weniger als im Jahr davor.

Investitionen in Fintechs schwinden weltweit

Investitionen in Fintechs schwinden weltweit

Rückgang um fast ein Drittel auf 114 Mrd. Dollar – In Deutschland fließt laut KPMG mit 1,1 Mrd. Dollar die geringste Summe seit zehn Jahren

fir Frankfurt

Fintech-Investoren haben sich im vergangenen Jahr weltweit zurückgehalten. Die globalen Investitionen in Finanz-Start-ups seien gegenüber 2022 um 31% auf 113,7 Mrd. Dollar zurückgegangen und damit auf den niedrigsten Stand seit 2017, geht aus dem am Dienstag erschienenen KPMG Pulse of Fintech hervor, der sich auf den Datenanbieter Pitchbook stützt.

Gut 4.500 Deals

In Deutschland flossen demnach in 113 Deals insgesamt 1,11 Mrd. Dollar in Fintechs und damit so wenig wie seit 2014 nicht mehr, als es 990 Mill. Dollar gewesen waren. Global waren es 4.547 Deals.

Die Studienautoren führen die Zurückhaltung auf ein Bündel von Gründen zurück wie hohe Zinsen und Inflation, die Unsicherheit durch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, Sorge über die Bewertungen sowie unter solchen Bedingungen schwierige Exit-Strategien.

Belebung im zweiten Halbjahr

In der zweiten Jahreshälfte sind die Fintech-Investitionen den Angaben zufolge im Vergleich mit dem ersten Halbjahr leicht gestiegen. 58,2 Mrd. Dollar standen 55,5 Mrd. Dollar gegenüber. Dazu hätten sechs Deals im zweiten Halbjahr mit je über 1 Mrd. Dollar beigetragen, so KPMG. Hierzu zählten etwa die Übernahme des US-amerikanischen Softwarehauses Black Knight durch die Intercontinental Exchange (ICE) im Wert von 11,7 Mrd. Dollar, die Übernahme der US-Plattform Adenza über 10,5 Mrd. Dollar durch die Nasdaq, eine 6,9 Mrd. Dollar schwere Kapitalspritze für den britischen Bankendienstleister Finastra und die Übernahme des brasilianischen Payment-Dienstleisters Pismo durch Visa für 1 Mrd. Dollar.

Belebung nach Zinssenkung

An den schwachen Finanzflüssen werde sich auch in der ersten Jahreshälfte 2024 wenig ändern, erwarten die Studienautoren. Sie gehen davon aus, dass sich die Investitionen erst mit Zinssenkungen beleben, womit im dritten bzw. vierten Quartal zu rechnen sei. Als Investitionsschwerpunkte nennt KPMG Fintechs mit Fokus auf künstlicher Intelligenz und auf Business-to-Business-Lösungen. Auch die Zahl der Fusionen und Übernahmen werde dann aller Voraussicht nach zunehmen, weil Unternehmen nach Konsolidierungsmöglichkeiten und Investoren nach Wegen Ausschau hielten, notleidende Vermögenswerte loszuschlagen.

Investoren prüfen schärfer

Auch wenn es 2023 gute Geschäfte gegeben habe, so hätten Fintech-Investoren mögliche Deals schärfer geprüft und sich auf die Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle und die Rentabilität fokussiert, heißt es von Co-Autor Anton Ruddenklau, Global Head of Fintech and Innovation Financial Services KPMG International.

Einbruch im Payment-Sektor

Fintechs im Payment-Sektor sammelten laut KPMG mit 20,7 Mrd. Dollar zwar am meisten ein, mussten gegenüber 2022 aber einen erheblichen Rückgang hinnehmen. Seinerzeit hatten sie noch 57,9 Mrd. Dollar anziehen können.

Besser als 2022 sah es für Fintechs aus der Immobilienbranche (Proptechs) aus, die 13,4 Mrd. Dollar einheimsen konnten und damit mehr als dreimal so viel wie 2022. Auch Insurtechs zogen mehr Investorengelder an. Sie sammelten 8,1 Mrd. Dollar ein nach 5,9 Mrd. Dollar.

Schwerer Stand für Kryptofirmen

Einen schweren Stand hatten in Deutschland Start-ups aus der Kryptobranche, schreibt KPMG. Die Investitionen, die in der ersten Jahreshälfte noch 131 Mill. Dollar betragen hatten, brachen im zweiten Halbjahr auf ein Zwölftel dessen ein, nämlich 10,7 Mill. Dollar. Die Gelder konzentrierten sich auf Finanzierungsrunden für Start-ups in der Vorgründungsphase und auf Geschäftsinitiativen in der Frühphase. Das deute auf eine Neuausrichtung innerhalb des Krypto-Ökosystems im zweiten Halbjahr 2023 hin, wird Bernd Oppold, Partner im Financial Services bei KPMG in Deutschland, zitiert.

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