Retail Banking

Jammern hilft nicht

Im Massengeschäft kommt es für Banken derzeit knüppeldick: Erst zieht die Geldpolitik, nachdem sie die Zinsspannen eingeebnet hat, einen Einlagenabwehrkampf nach sich. Dann stellt der milliardenschwere Entschädigungsfall der Greensill Bank die...

Jammern hilft nicht

Im Massengeschäft kommt es für Banken derzeit knüppeldick: Erst zieht die Geldpolitik, nachdem sie die Zinsspannen eingeebnet hat, einen Einlagenabwehrkampf nach sich. Dann stellt der milliardenschwere Entschädigungsfall der Greensill Bank die freiwillige Einlagensicherung im privaten Lager in Frage. Und nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) allgemeine Ge­schäftsbedingungen (AGBs) für unwirksam erklärt, die im Falle schriftlicher Änderungen die Zustimmung von Kunden voraussetzen, wenn diese nicht widersprechen. Für manche Bemühungen, den Provisionsüberschuss zu stärken, wenn schon das Zinsergebnis schwindet, setzt es damit einen empfindlichen Dämpfer. Schon hat die Commerzbank-Tochter Comdirect eine geplante Gebührenerhöhung auf Eis gelegt, wie zuerst „Finanz-Szene“ meldete. Die Mutter wartet noch die schriftliche Urteilsbegründung ab, bevor sie über eine Anhebung von Entgelten per Juli entscheidet, ING Deutschland will sich derweil nicht beirren lassen.

Der Richterspruch mag in der Branche Verwirrung stiften. Dass der BGH damit seine Linie verlasse, lässt sich indes nicht behaupten. Schon 2015 stellte diese Zeitung fest, dass die Bankenaufsicht das Kreditgewerbe regelmäßig dazu auffordere, sich endlich neue Ertragsquellen zu erschließen – und dass der BGH diese anschließend zuschütte. Ob es nun um Bearbeitungsentgelte für Verbraucherdarlehen, um Voraussetzungen für Vorfälligkeitsentschädigungen oder um andere Fragen geht: In schöner Regelmäßigkeit zieht die Branche in Karlsruhe den Kürzeren, zumindest, wenn es um Gebühren geht, die Banken Kunden unbemerkt unterjubeln können. Doch nicht nur der BGH macht deutlich, dass die Ära versteckter Kostensätze zu Ende geht. Im Wertpapiergeschäft hat das Regelwerk Mifid II die Transparenz erhöht und damit den Wettbewerb verstärkt. Prinzipiell ins selbe Horn stößt die BaFin mit ihrem dringlichen Appell an Sparkassen, offenzulegen, wie sie ihre Zinsanpassungen in Prämiensparverträgen umsetzen. Derweil darf Big Tech Nutzern im großen Stil und nötigenfalls durch Blockade ihres Endgerätes die Zustimmung zu AGBs abpressen, die ohnehin kaum jemand liest. Wie lange noch?

Jammern hilft den Banken nicht. Ein gewisses Maß an Vertrauen von Kunden ist, neben deren Daten, exakt das, was sie Big Tech noch voraushaben. Banken tun also gut daran, Dienste anzubieten, für die Kunden zahlen wollen. Denn sie werden beides noch brauchen: die Kunden und deren Vertrauen.

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