Tanja Bender

Nachhaltigkeits­fonds von Candriam wachsen rasant

Die Fondsgesellschaft Candriam bietet Anlegern schon sehr lange die Möglichkeit, ihre Gelder unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit anzulegen. Diese Fonds machen bereits mehr als die Hälfte des verwalteten Vermögens aus.

Nachhaltigkeits­fonds von Candriam wachsen rasant

Von Silke Stoltenberg, Frankfurt

Die Auswahlmöglichkeiten für institutionelle Investoren und Privatanleger, ihre Gelder mit Blick auf Umwelt, soziale Themen oder gute Unternehmensführung nachhaltig anzulegen, wächst täglich. Angesichts noch fehlender Standards ist damit für bald jeden Geschmack etwas dabei. Zugleich wird es immer schwieriger, bei der Vielzahl an Ansätzen den Überblick zu behalten. Auf den immer schneller Fahrt aufnehmenden ESG-Zug (Environment, Sozial, Governance), der insbesondere in Europa durch das politische Ziel, den Finanzsektor nachhaltig umzugestalten, angetrieben wird, springen immer mehr Fondsgesellschaften auf. Es gibt aber auch Anbieter, die das Thema schon lange vor dem Zeitgeist gepflegt haben. Dazu zählt sich die belgisch-französische Fondsgesellschaft Candriam.

Lange Historie

„Wir können beim Thema Nachhaltigkeit eine lange Historie vorweisen, die 1996 begonnen hat, damals gab es den ersten Fonds, der mit Ausschlusskriterien gearbeitet hat“, erzählt Tanja Bender, Leiterin der Frankfurter Niederlassung von Candriam und damit zuständig für das deutsche und österreichische Ge­schäft, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Damals gehörte Candriam noch als Dexia Asset Management zur in der Finanzkrise untergegangenen französisch-belgischen Bank Dexia. Der Versicherer New York Life übernahm 2013 den Vermögens­verwalter in seinen Investmentarm New York Life Investments. Der Assetmanager wurde umgetauft in Candriam, was für „Conviction and Responsibility in Asset Management“ steht.

Das Ausschlussverfahren war eines der ersten Ansätze in der nachhaltigen Geldanlage und schließt bestimmte Aspekte aus dem Portfolio aus, zum Beispiel Betreiber von Kohlekraftwerken. Mittlerweile haben sich die Methoden jenseits von Schwarz-Weiß-Malerei verfeinert.

25 verschiedene Angebote

So auch bei Candriam, die zu den Gründungsmitgliedern der Investoreninitiative UN-PRI im Jahr 2006 zählen (Principles of Responsible Investment in Partnerschaft mit den Vereinten Nationen). Mehr als 25 verschiedene Strategien hat die Gesellschaft im Angebot, berichtet Bender. Diese fallen nach der seit März gültigen europäischen Offenlegungsverordnung hauptsächlich in die Kategorie der Impact-Fonds nach Artikel 9, erfüllen also einen speziellen nachhaltigen Zweck. Dazu zählen etwa der „Candriam Sustainable Equity Circular Economy“, ein Aktienfonds mit dem Schwerpunkt Recycling. Ein anderer Aktienfonds, der „Candriam Sustainable Equity Climate Action“, hat die Abmilderung des Klimawandels im Fokus. Daneben gibt es Angebote mit Schwerpunkt Gesundheit, die seit der Pandemie ein besonderes Interesse erfahren, etwa der auf Krebs­behandlung konzentrierte „Candriam Equities L Oncology Impact“.

Neben diesen klaren Anlagethemen haben die Fonds darüber hinaus weitere nachhaltige Aspekte. So wird ein Zehntel der Managementgebühren der in Luxemburg aufgelegten Palette der nachhaltigen Fonds in eine Stiftung namens Candriam Institute of Sustainable Development überwiesen. Deren Ziel ist es, gemeinnützige Stiftungen und Initiativen in den Ländern zu unterstützen, in denen die Fondsgesellschaft aktiv ist. Seit 2018 sind mehr als 2,5 Mill. Euro an Spenden verteilt worden. Zuletzt gingen erstmals in Deutschland Gelder an die Kinderhilfsstiftung „Die Arche“.

Einsparungen beziffert

Darüber hinaus weisen nachhaltige Fonds von Candriam aus, wie viele Tonnen Kohlenstoff oder wie viel Wasser das zusammengestellte Portfolio im Vergleich zum Vergleichs­index einspart oder wie der Vergleich aussieht bei der Anzahl weiblicher Board-Mitglieder oder unabhängiger Verwaltungsräte. Grundsätzlich schließt Candriam Investments in Kohle und Tabak aus. Die Gesellschaft verfolgt den Best-in-Class-Ansatz, legt also Gelder bei den Unternehmen an, die bei einem nachhaltigen Aspekt im Vergleich zu Wettbewerbern die größten Fortschritte vorweisen kann. Das passiert auf Basis eigener Analysen und Ratings, sprich, man verlässt sich hierbei nicht auf externes Researchmaterial wie anderswo.

Bei der Berechnung, wie viel Wasser oder CO2 ein nachhaltiger Fonds im Vergleich zum Index einspart, sei man natürlich auf die Daten der Unternehmen angewiesen, diese Werte seien nicht in Stein gemeißelt, räumt Bender ein. Hierbei stoße Candriam häufig an Grenzen und sei auf Schätzungen angewiesen.

Fehlende Daten

Das Fehlen von Daten zu den verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit ist ein ganz grundsätzliches Problem für Assetmanager. Insbesondere fehlen entsprechende Berichtspflichten für die Unternehmen. Das soll sich nun zumindest in der EU ändern, da nach der sich in Arbeit befindlichen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ab 2024 Nachhaltigkeitsberichte von einer großen Anzahl von Unternehmen zu erwarten sind.

„Ein zentraler Punkt im Zusammenhang mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie ist auch das Engagement bei den Unternehmen, denn nur durch den konstruktiven Dialog verändert man die Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit“, zeigt sich die 46-jährige gebürtige Münsteranerin überzeugt. Insofern führen die Fondsmanager regelmäßige Gespräche mit den Unternehmenslenkern über die notwendigen Veränderungsschritte, zugleich spielen die Themen auch beim Abstimmungsverhalten bei den Hauptversammlungen eine Rolle.

Verdreifachung in fünf Jahren

Von den 140 Mrd. Euro (Ende 2020) verwaltetem Vermögen gelten bei Candriam mit 88 Mrd. Euro deutlich mehr als die Hälfte als nachhaltig (siehe Grafik). Dies ist eine Verdreifachung in den vergangenen fünf Jahren, angetrieben durch die stetig wachsende Kundennachfrage nach ESG-Angeboten. 90% davon erfüllen die Voraussetzungen der EU-Offenlegungsverordnung, haben also nachhaltige Anlagekriterien (Artikel 8) oder ein explizites Nachhaltigkeitsziel (Artikel 9).

Das deutsche und österreichische Geschäft wachse aktuell in Richtung 3 Mrd. Euro, nachdem es per Ende 2020 bei 2,2 Mrd. Euro gelegen hatte, erzählt Bender, die seit März 2020 das Frankfurter Vertriebsbüro leitet. Das Team umfasst aktuell sechs Personen und soll auf sieben ausgebaut werden. Grundsätzlich richtet sich das Candriam-Angebot hierzulande nur an institutionelle Investoren. Insofern ist es nicht überraschend, dass die Hälfte des deutsch-österreichischen Anlagevolumens von Candriam in Bonds liegen. Ein Viertel liegt in liquiden alternativen Anlagestrategien und das letzte Viertel in Aktien, unter anderem in Themen-Aktienfonds als weiterer Pfeiler von Candriam.

Aufbau bei Private Markets

Zu den liquiden Anlagestrategien zählen auch Hedgefonds. „Wir konzentrieren uns ausschließlich auf konservative und risikoarme Hedgefondsstrategien, die nach der EU-Richtlinie Ucits reguliert sind und Tagesgeld-Alternativen für Investoren darstellen“, berichtet Bender, die 2018 als Senior-Managerin für Kundenbeziehungen bei Candriam einstieg. Zuvor war sie als Co-Country-Head beim französischen Fondshaus Métropole Gestion für Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständig. Insofern haben Candriam-Fonds den Schilderungen von Bender zufolge keine Berührungspunkte zu den Exzessen im Hegefondssegment, die beispielsweise jüngst zur Schieflage bei Archegos führte. Durch die Ucits-Regulierung gibt es auch klare Vorgaben für das Risikomanagent solcher Hedgefondsstrategien.

Im Aufbau befindlich sei derzeit das Angebot im Bereich Private Markets, was Private Equity, Private Debt und Immobilien umfasst. Zuletzt gab Candriam im Dezember 2020 eine neue Partnerschaft mit dem auf Private Debt spezialisierten Unternehmen Kartesia bekannt.