Schlichtungsstellen

Ombudsleute lesen Kreditwirtschaft die Leviten

Die Schlichter der Bankenverbände wenden sich mitunter gegen die Kreditwirtschaft: Genossenschaftsbanken stoßen im AGB-Streit auf Widerspruch, während die Ombudsleute der Sparkassen eine Einigung zum Prämiensparen befürworten.

Ombudsleute lesen Kreditwirtschaft die Leviten

jsc Frankfurt

Die Schlichterstellen der Kreditwirtschaft beziehen in ihren Tätigkeitsberichten für 2021 in wichtigen Streitfragen zu Kontogebühren und zu Prämiensparplänen gegen die Kreditwirtschaft Position: Während die Schlichterstelle des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) im sogenannten AGB-Streit festhält, dass Kunden auch nach einer länger zurückliegenden Erhöhung der Kontogebühren zu viel be­zahlte Beträge zurückfordern können, raten die Ombudsleute des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) den Instituten dazu, in einem Streitfall um Zinsnachzahlungen für uralte Prämiensparverträge die Zinsen bereits nachzuberechnen und auszuzahlen, anstatt auf ein finales Gerichtsurteil zu warten.

Damit positionieren sich die Om­budsleute zu Streitfragen, die im zu­rückliegenden Jahr wesentlich die Be­schwerdestatistik geprägt haben: Ähnlich wie bei den Sparkassen und Kreditgenossenschaften meldet auch die Schlichtungsstelle der privaten Banken einen deutlichen Anstieg der Schlichtungsanträge (siehe Grafik). In allen Fällen prägt eine Flut an Anträgen im AGB-Streit die Statistik, die Sparkassen zählten auch etliche Streitfälle zu Prämiensparverträgen.

Hinter dem Streit stehen zwei Ur­teile des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem vergangenen Jahr: Banken dürften bei einer Anpassung der allgemeinen­ Geschäftsbedingung (AGB) nicht einfach die Zustimmung der Kunden voraussetzen, nur weil diese innerhalb einer bestimmten Frist nicht widersprochen haben, wie das Gericht im April klarstellte (Az. XI ZR 26/20). Etliche Gebührenerhöhungen für das Konto sind seither hinfällig.

Im Streit um Prämiensparverträge, die früher in großer Zahl von Sparkassen verkauft worden waren, bekräftige das Gericht im Oktober, dass die übliche Methode der Zinsberechnung der Sparkassen falsch ist (Az. XI ZR 234/20). Für die genauen Vorgaben wiesen die Bundesrichter den Fall aber zurück an das Oberlandesgericht Dresden. Die alten Verträge enthielten damals keine Rechenregeln zur Zinsanpassung, so dass die Fälle vor Gericht landeten.

Auf Details kommt es an

Seit den BGH-Urteilen hat sich der Streit auf Detailfragen verlagert. So erklären einige Banken, dass ein Kunde nach einer Erhöhung der Kontogebühren, die mehr als drei volle Kalenderjahre zurückliegt, die zu viel gezahlten Beträge nicht zurückfordern kann. Hier widersprechen die Schlichter der Kreditgenossen: Die sogenannte Dreijahreslösung könne nicht auf das „giro- oder depotvertragliche Rechtsverhältnis übertragen werden“. Eine Bank, die 2017 die Kontogebühren erhöht hatte – also vor mehr als drei vollen Kalenderjahren bis 2021 –, muss laut Vorschlag der Schlichter alle zusätzlich erhobenen Gebühren erstatten.

Eine andere Sichtweise vertreten die Ombudsleute der Sparkassen: Wenn ein Kunde die Kontogebühren anstandslos zahlt, wird die Gebühr nach Ablauf der drei Jahre demnach wie ein vereinbartes Entgelt behandelt. Im Kern beschäftigt die Juristen dabei die Frage, ob ähnlich lautende Urteile zu Energieverträgen auf die Kontoführung übertragbar sind.

Bei den Prämiensparverträgen lautet die Frage, ob Sparkassen be­reits genug Klarheit haben, um die Höhe der Ansprüche abschätzen zu können. Die Ombudsleute der Sparkassen raten den Geldhäusern anders als bislang zu einer Einigung: Die „zentralen Punkte“ der Zinsberechnung seien bereits durch das Urteil des Bundesgerichtshofs „höchstrichterlich geklärt“, verbliebene Detailfragen könnten „im Vereinbarungsweg bereinigt“ werden.

Da der BGH für die Zinsberechnung einen Referenzwert für langfristige Spareinlagen einfordert, eignet sich nach Auffassung der Sparkassen-Schlichter die Zeitreihe der Bundesbank zu Umlaufrenditen von Inhaberschuldverschreibungen und Hypothekenpfandbriefen, die über eine Restlaufzeit von neun bis zehn Jahren verfügen. Der Datensatz war früher unter „WX4260“ bekannt und wird auch von den Verbraucherzentralen zur Zinsberechnung genutzt.

Meistens zugunsten der Bank

Die Ombudsleute der Sparkassen schlüsseln die Erfolgsfälle der Streitparteien auf. Manchmal haben Kunden Erfolg, weil entweder das Kreditinstitut vorzeitig einlenkt oder aber weil die Schlichter zugunsten der Kunden entscheiden oder einen Vergleich anraten. In den meisten Fällen aber setzt sich die Sparkasse durch. In 3655 Verfahren, die „abschließend bearbeitet“ wurden, nahmen die Kunden in 1053 Fällen ihren Antrag zurück, während die Schlichter in 1273 Fällen einen Vorschlag zugunsten der Sparkasse vorlegten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.