Aufsichtsbehörden

Pandemie grenzt Kostenauftrieb ein

Die Corona-Pandemie hat nicht nur in Banken, sondern auch in Aufsichtsbehörden den Kostenauftrieb eingedämmt. Wie am Mittwoch bekannt geworden ist, blieben neben der europäischen Bankenaufsicht auch die Wertpapieraufseher der ESMA unter ihrem Budgetansatz. Schon in diesem Jahr steigen die Kosten.

Pandemie grenzt Kostenauftrieb ein

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Der EU-Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA ist im vergangenen Jahr ein seltenes Kunststück geglückt: Die Behörde hat ihre Kosten gesenkt, zumindest gegenüber ihrem ursprünglichen Budget. Wie in dem zur Wochenmitte veröffentlichten Jahresbericht zu lesen ist, landete der Aufwand der Pariser Behörde 1,4 Mill. Euro oder 2,5% unter dem ursprünglichen Ansatz von 56 Mill. Euro. Die ESMA führt dies vor allem auf die Effekte der Pandemie zurück. Covid-19 habe eine „eilige Repriorisierung unseres Arbeitsprogramms“ nach sich gezogen, teilt Executive Director Verena Ross mit. Einige Ausgaben seien gestoppt oder gebremst worden, heißt es im Bericht. Dies deckt sich mit Stimmen aus Banken, denen zufolge es schon infolge entfallender Reisekosten selten so leicht wie 2020 war, im Budget zu bleiben.

Zudem habe die ESMA 2020 stärker denn je von der vollständigen Digitalisierung ihrer Finanz- und Beschaffungsprozesse durch Einführung eines papierlosen Systems im Jahre 2017 und dessen Verbesserung durch digitale Signaturen profitiert, teilt die ESMA mit. Stärker noch haben die kostendämpfenden Effekte der Pandemie 2020 bei der europäischen Bankenaufsicht zu Buche geschlagen. Die im laufenden Quartal den Banken für 2020 in Rechnung gestellten Kosten fallen mit 514 Mill. Euro 11% niedriger aus als im bisherigen Rekordjahr 2019 mit 578 Mill. Euro, wie im März bekannt wurde. Dies liegt nicht nur an einem Überschuss von 22 Mill. Euro, der aus 2019 übertragen worden ist. Tatsächlich gingen die Kosten der EZB 2020 um 0,3 % auf 535 Mill. Euro zurück. Das ist noch immer rund zwei Drittel mehr als im ersten vollen Jahr 2015. Zunächst hatte die EZB für 2020 einen Anstieg um 12 % auf 604 Mill. Euro veranschlagt. Dann ließ Covid-19 zum Beispiel die Reisekosten um mehr als 80 % auf 2,4 Mill. Euro herunterrasseln.

Das Kontrastprogramm liefert derweil die deutsche Finanzaufsicht BaFin. Zumindest deren Budget weitete sich auch in Zeiten der Pandemie kontinuierlich aus. So zog der Haushaltsplan im Corona-Jahr 2020 um 14% auf 436 Mill. Euro an – was 2020 tatsächlich an Kosten auflief, steht noch nicht fest; ein Rückgang der Reisen dürfte auch bei der BaFin zu Buche geschlagen haben.

Mit den Aufgaben wachsen

Fürs laufende Jahr war zunächst ein Anstieg um nochmals 13% auf 493 Mill. Euro geplant. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren hatte das Budget noch bei rund 165 Mill. Euro gelegen. Die im selben Jahr gegründete ESMA ging damals mit einem Etat von knapp 17 Mill. Euro an den Start. Auch der BaFin-Etat von knapp einer halben Milliarde Euro aber dürfte nicht reichen. Da im Lichte des Skandals um Wirecard eine Aufwertung der Behörde und eine Erweiterung ihrer Kapazitäten etwa um forensische Prüfer beschlossen worden ist, wird ein Nachtragshaushalt fällig, der 175 neue Stellen beinhaltet. Für die Banken, welche ihre Aufsicht durch EZB und BaFin bezahlen, ist der Anstieg der Aufsichtsgebühren im Zinstief längst ein rotes Tuch – die mit 240 Personen im Vergleich zu EZB und BaFin recht schmal besetzte ESMA finanziert sich vor allem mit Mitteln der nationalen Aufsichtsbehörden, der EU und unter anderem der Ratingagenturen.

Sowohl BaFin und EZB können zur Begründung der Kostensteigerungen auf einen kräftigen Zuwachs ihrer Aufgaben verweisen: Der Brexit hat vor allem bei der EZB mehr Aufwand nach sich gezogen, auch weil etwa Citigroup und J.P. Morgan infolge des britischen EU-Austritts wahre Schwergewichte in ihrem Aufsichtsgebiet geworden sind. Die BaFin wiederum hatte schon vor dem Wirecard-Skandal vermehrten Aufwand rund um den Brexit, zudem wurde ihr Mandat als Verbraucherschützerin ausgedehnt.

Ist Corona ausgestanden, werden die Kosten indes mit neuen Aufgaben weiter anziehen. So lag schon das nicht ausgereizte Budget der ESMA 2020 deutlich über dem Vorjahr (siehe Grafik), da die Behörde etwa die Zuständigkeit für zentrale Gegenparteien in Drittstaaten erhielt. Für 2021 plant die ESMA einen Anstieg um 14% auf 66 Mill. Euro, und wenn sie nach der Sommerpause ihren Etat für 2022 aufstellt, dürfte sich neuerlich ein Anstieg ergeben. Denn 2022 kommen neue Zuständigkeiten für Benchmarks, Datenanbieter sowie für grenzüberschreitenden Fondsvertrieb hinzu. Die EZB wiederum schätzt, den Banken im kommenden Jahr für 2021 insgesamt 594 Mill. Euro zu berechnen – 16% mehr als für 2020.