Finanzplatz

Paris profitiert vom Brexit

Frankreichs Hauptstadt gewinnt nach Angaben der Finanzplatzvereinigung Paris Europlace wegen des EU-Austritts Großbritanniens rund 4000 neue Stellen. Damit setze sich Paris vor Frankfurt, heißt es.

Paris profitiert vom Brexit

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Der Finanzplatz Paris profitiert vom Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU). Zusammen mit Dublin ist es nach Angaben der Finanzplatzvereinigung Paris Europlace die europäische Metropole, welcher der Brexit bisher am stärksten genutzt hat. Paris habe seine Stellung als führender Finanzplatz innerhalb der EU mit einem Marktanteil von 24% bei den Post-Brexit-Finanzaktivitäten vor Frankfurt mit 20% festigen können, betonte Augustin de Romanet, der Vorsitzende von Paris Europlace, auf einem Finanzforum.

Laut seiner Vereinigung konnte die französische Hauptstadt seit dem Brexit-Votum bereits von fast 200 Projekten für Neuinvestitionen oder Umzüge profitieren. Sie stehen für rund 4000 direkte Arbeitsplätze, indirekte Arbeitsplätze mitgezählt sogar für rund 10000. Das sind zwar wesentlich weniger als die zunächst erhofften 20000 Stellen, aber eben mehr als die in Frankfurt infolge des Brexit geschaffenen 3500 Jobs. Bisher haben 440 Finanzfirmen einen Teil ihrer Belegschaft von London auf den europäischen Kontinent verlegt, darunter die Deutsche Bank. Bei ihr sind die Mitarbeiter der ersten rund zehn verlagerten Arbeitsplätze Ende 2020 bis zum zweiten Quartal 2021 in Paris eingetroffen.

Für J.P. Morgan ist die französische Hauptstadt inzwischen sogar nach Angaben von Konzernchef Jamie Dimon der Haupthandelsplatz innerhalb der EU. Die US-Bank hat dort gerade im Beisein von Präsident Emmanuel Macron ihren neuen Firmensitz eingeweiht und mehr als hundert neue Händler begrüßt, die vor allem von der Themse an die Seine gezogen sind. Noch vor Ende des Sommers sollen rund 400 weitere Mitarbeiter folgen. Bis Ende 2022 soll die Belegschaft auf etwa 800 ansteigen, wodurch J.P. Morgan zum größten US-Finanzinstitut in Paris aufsteigen wird.

Bisher hat Bank of America mit rund 450 Mitarbeitern diesen Platz inne. Sie hat ebenfalls Jobs nach Paris verlagert, wo sie 2019 in der Nähe der Champs-Élysées neue Büros eröffnet hat. Goldman Sachs wiederum hat Ende 2020 bekannt gegeben, in Paris ihre hauseigene alternative Handelsplattform Sigma X Europe ansiedeln zu wollen. Goldman Sachs hat die Zahl der Mitarbeiter in Paris innerhalb der letzten zwei Jahre auf 170 verdoppelt und will sie in den nächsten drei Jahren nochmals verdoppeln. Fondsadressen wie BlackRock, Citadel und Schroder setzen ebenfalls auf Paris. Trotz der neu geschaffenen Stellen ist die Zahl der Mitarbeiter von Banken in Frankreich in den letzten Jahren stetig gesunken.

Der neue Sitz von J.P. Morgan mit seinen sechs Handelssälen werde auf ein tägliches Handelsvolumen von 300 bis 400 Mrd. Dollar kommen, sagte Dimon bei der Einweihung. Ursprünglich wollte J.P. Morgan nur rund 60 Arbeitsplätze von London nach Paris verlagern – aus Furcht vor dem rigiden französischen Arbeitsrecht.

Fürsprecher Macron

Doch seit seinem Amtsantritt 2017 hat der ehemalige Rothschild-Banker Emmanuel Macron den Finanzsektor gezielt umworben, Reformen angepackt und Banken Erleichterungen in Aussicht gestellt. Paris müsse jetzt die beiden Bereiche weiter stärken, die in den vergangenen Jahren zur Steigerung seiner Attraktivität beigetragen hätten, sagt derweil Wirtschaftsminister Bruno Le Maire: Fintechs und nachhaltige Finanzen. Um den Finanzplatz attraktiver zu machen, will Paris nun noch mehr Börsen­aspiranten anlocken. Paris Europlace hat dazu im April eine spezielle Arbeitsgruppe gegründet, die ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen soll.