Anlegerschutz

Senioren stehen im Fokus der Aufsicht

Die Aufsichtsbehörde BaFin hat einen Ratgeber zum Thema „Geld anlegen im Ruhestand“ herausgebracht. Darin finden sich viele bekannte Ratschläge.

Senioren stehen im Fokus der Aufsicht

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Mit dem Geld im Alter ist das so eine Sache. Meist ist mehr Geld da als in jungen Jahren. Doch das Verständnis für eine immer kompliziertere Anlagewelt fehlt vielleicht. Wenn es also ums Investieren geht, gelten Senioren als gern gesehene Zielgruppe, aber eben auch als gefährdete Verbraucher.

Das hat auch die Aufsichtsbehörde BaFin schön länger erkannt und nunmehr einen aktualisierten Ratgeber zum Thema „Geld anlegen im Ruhestand“ herausgebracht. Zu Recht schreibt Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht, dass mit dem Ruhestand ein neuer Lebensabschnitt beginne und dies ein guter Zeitpunkt sei, sich einen Überblick über die eigenen Finanzen zu verschaffen. Zweifellos richtig, wenn auch wenig originell. Jede Verbraucherzentrale kann das im Schlaf aufsagen. In der Mitteilung zur BaFin-Broschüre heißt es dann, dass sich gerade ältere Menschen im Blickpunkt der Verbraucheraufklärung des Hauses befinden. „Seniorinnen und Senioren stehen beispielsweise besonders häufig im Fokus von Betrügern“, erläutert Ulf Linke, Gruppenleiter in der Abteilung Verbraucherschutz. Auch das keine ganz so neue Erkenntnis, man sei nur an die vielen Enkeltricks erinnert, die zwar nicht unter Geldanlage fallen und insofern auch keine Erwähnung in der Broschüre finden, bei denen aber Gauner ganz geschickt Vertrauen aufbauen, um insbesondere älteren Menschen Geld zu entwenden. Auch bei Anlagegeschäften gibt es seit Jahren Betrugsfälle. Das weiß die BaFin, und sie geht natürlich mit ihren Mitteln gegen die Anbieter vor. Gleichzeitig gibt es Untersuchungen von Verbraucherzentralen, die Mechanismen beschreiben, wie Betrüger sich das Vertrauen von Menschen erschleichen und aus deren Unsicherheit Kapital schlagen.

Wenn der gesunde Menschenverstand ausgeschaltet wird, können Tipps aber nicht mehr greifen. In der Broschüre der BaFin gib es drei Absätze über den grauen Kapitalmarkt, der nicht oder wenig reguliert ist und für Betrügereien in der Vergangenheit besonders anfällig war. An einer Stelle wird explizit vor „Betrügerinnen und Betrügern“ gewarnt. Dafür gibt es Hinweise, wo die Aufsicht eine Aufsichtspflicht hat und wo nicht. Aber auch viele Tipps, wie man unseriöse Anbieter erkennen kann. Fraglich, ob all die gut gemeinten Ratschläge weiterhelfen, wenn der Anleger einem geschulten, aber nicht ganz so uneigennützigen Berater gegenübersitzt.

Die überarbeitete Broschüre ist im Zusammenhang mit der Linie des Hauses zu sehen, denn die BaFin will beim Verbraucherschutz klare Prio­ritäten setzen, hatte BaFin-Chef Mark Branson im Interview gesagt. Es gelte außerdem herauszufinden, „wo für Anlegerinnen und Anleger im Finanzsektor eine wesentliche Gefahr besteht“. Zum anderen müsse man den Blick auch darauf richten, „welche Verbraucher am schutzbedürftigsten sind“.

Um diese Fragen zu beantworten, wird das Papier oder der Download der Broschüre wenig beitragen. Offen bleibt, wen die Hinweise und Warnungen tatsächlich erreichen. Solange gerade ältere Anleger ihrem Berater oder ihrer Bank blind vertrauen, ist es schwer. Das hat auch die BaFin erkannt, die Ende 2021 ein erstes Mystery-Shopping durchführte – sonst eher eine Domäne der Stiftung Warentest oder anderer Institute. Die Erkenntnis der BaFin war ernüchternd: Anbieter von Finanzprodukten würden es in der Beratung und Bereitstellung von Informationen gerade bei der Gruppe der älteren Verbraucher nicht immer allzu genau nehmen.

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