Großbankenprojekt

VC Trade holt ING-Banker und eröffnet London-Büro

VC Trade baut ein Büro in London auf, das vom ehemaligen ING-Banker Richard Jackson geleitet wird. Dieser kam im Rahmen des Loan-Optics-Deals zu dem Fintech, das nun ambitionierte Wachstumspläne hat.

VC Trade holt ING-Banker und eröffnet London-Büro

Von Philipp Habdank Frankfurt

Das Frankfurter Fintech VC Trade hat Loan Optics von der ING übernommen. Im Gegenzug erhielten die Niederländer Anteile an VC Trade. Wie die Börsen-Zeitung aus Marktkreisen erfahren hat, soll diese aber deutlich niedriger ausfallen als bei der vorherigen Kapitalerhöhung im Frühjahr 2022, als sich mit BayernLB, Helaba und Raiffeisen Bank International (RBI) gleich drei Banken mit jeweils 10% beteiligt und VC Trade mit rund 45 Mill. Euro bewertet hatten. Weder die ING noch VC Trade wollten dies auf Nachfrage kommentieren.

Das Gründerteam von VC Trade hält nach wie vor die Mehrheit und will auch nach dem Einstieg der ING seine Unabhängigkeit wahren. Für die ING würden dieselben Governance-Anforderungen gelten wie für alle anderen Gesellschafterbanken, betonte VC-Trade-Mitgründer Stefan Fromme auf Nachfrage. Das Fintech arbeite zwar bankenzentriert, sei aber eine unabhängige Plattform. Durch den Einstieg der ING seien die bestehenden Banken leicht verwässert worden.

Verglichen mit anderen Fintech-Transaktionen mag der Loan-Optics-Deal zwar klein wirken, er hat jedoch eine hohe strategische Bedeutung für die Bankenbranche. Loan Optics ist ein Legaltech, dessen Technologie darauf abzielt, den Kreditprozess zu digitalisieren: vom Vertragsentwurf bis zur Unterschrift, sodass am Ende Geld fließen kann. „Das klingt banal, ist beim Konsortialkredit aber ein extrem komplexes Thema“, sagt Fromme. Loan Optics sei deshalb ein von der ING initiiertes Projekt von der Branche für die Branche, um die manuelle Kreditbearbeitung abzulösen. Dem Vernehmen nach sind bei dem Projekt neben der ING mit ABN, BNP Paribas, Citigroup, Commerzbank, Deutsche Bank, HSBC, Unicredit und Société Générale noch acht weitere namhafte Großbanken engagiert. Für die ING war und ist das Projekt von hoher strategischer Bedeutung, weshalb es auch von deren weltweitem Strategie- und Innovationschef Jeroen Plag eng begleitet wurde.

Dass die ING Loan Optics dann doch in VC Trade einbringen wollte, liegt laut Fromme vor allem am komplexen Onboarding-Prozess von Banken im Plattformgeschäft. „Wir haben über 20 Monate benötigt, um eine internationale Großbank bei uns anzuschließen“, berichtet Fromme. Diese Schwierigkeiten habe die ING auch erkannt und deshalb einen M&A-Prozess angestoßen. Dass VC Trade gegenüber Infrastrukturbetreibern den Zuschlag erhalten hat, begründet Fromme mit dem großen Netzwerk von 1000 bereits an die Plattform angeschlossenen Kunden. Dieses Fundament hat sich das Fintech vor allem im Schuldscheinmarkt aufgebaut, der als Testlabor diente für den Großangriff auf den viel größeren und lukrativeren Markt für Konsortialkredite. Frommes große Vision ist es, VC Trade zum Zentralverwahrer im Kreditgeschäft zu machen – vergleichbar mit dem London Clearing House im Derivate-Geschäft.

Die Übernahme von Loan Optics sei auf diesem Weg ein Meilenstein. Die Technologie werde im nächsten halben Jahr so weit sein, dass VC Trade einen Konsortialkredit komplett digital zum Abschluss bringen und anschließend verwalten könne. „Was dann noch fehlt, ist die breite Akzeptanz der Marktteilnehmer“, sagt Fromme. Heißt: VC Trade und die Loan-Optics-Arbeitsgruppe müssen möglichst viele Syndizierungsbanken auf die Plattform holen, insbesondere die großen US-amerikanischen Häuser.

Da die Musik im Syndizierungsgeschäft in London spielt – dort sind nahezu alle Syndication Desks der Großbanken angesiedelt – hat VC Trade dort ein Büro eröffnet, wie Fromme bestätigt. Aufgebaut und geleitet wird es von Richard Jackson. Er hat das Projekt bei der ING operativ verantwortet, die Arbeitsgruppe zusammengestellt und wird mit Loan Optics in VC Trade mitintegriert. Seinem Linkedin-Profil zufolge arbeitet Jackson bereits für das Fintech. Laut Fromme soll er in London mittelfristig ein fünfköpfiges Team aufbauen. Zunächst will sich VC Trade auf den europäischen Syndizierungsmarkt konzentrieren. Dieser ist sehr fragmentiert. „Bis zu 40 Banken decken in Europa 60 bis 70% des Marktes ab“, sagt Fromme. Schließlich seien auch Sparkassen in diesem Geschäft aktiv.

Den kompletten Markt abzudecken, ist deshalb sehr unrealistisch. Fromme schätzt, dass er die führenden 30 Syndizierungsbanken auf seiner Seite braucht, um den europäischen Markt zu gewinnen. 70% der Top-20-Banken würden VC Trade bereits nutzen. Überzeugungsarbeit besteht für VC Trade, nach allem was zu hören ist, vor allem noch bei einigen US-amerikanischen Häusern. Deren Markt ist sogar noch größer.

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