Flutkatastrophe

Versicherern fehlt noch der Überblick

Eine Woche nach der Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz ist noch immer unklar, wie hoch der Schaden ist. Die Bestandsaufnahme dauert derweil an.

Versicherern fehlt noch der Überblick

ab/tl Düsseldorf/Frankfurt

Auch eine Woche nach der verheerenden Flutkatastrophe lässt sich das gesamte Ausmaß der Schäden noch nicht beziffern. Zwar ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Mittwoch mit einer ersten Schätzung – die versicherten Hochwasserschäden sollen sich in einer Größenordnung von 4 Mrd. bis 5 Mrd. Euro bewegen – an die Öffentlichkeit gegangen, doch schon in der kommenden Woche soll es eine aktualisierte Schadenschätzung geben. Zu berücksichtigen ist, dass sich die bislang genannte versicherte Schadensumme nur auf Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erstreckt.

Arbeitsfähigkeit herstellen

Die erst kürzlich fusionierte Provinzial in Nordrhein-Westfalen, deren Geschäftsgebiet sich auch auf die besonders betroffenen Regionen in Rheinland-Pfalz erstreckt, wagt derzeit noch keine Einschätzung. Mit einem Marktanteil von einem Drittel in der Wohngebäudeversicherung dürfte der öffentlich-rechtliche Versicherer aber am schwersten betroffen sein. In der vergangenen Woche sei es zunächst darum gegangen, alle Agenturen wieder arbeitsfähig zu machen, damit die Betroffenen einen Ansprechpartner haben, sagte ein Provinzial-Sprecher. In manche Ortschaften komme man aber bis heute gar nicht hinein.

Frühestens in der kommenden Woche sei eine Quantifizierung des versicherten Schadenumfangs möglich. Selbst eine grobe Abschätzung wäre „nicht valide“. Wenngleich laut GDV nahezu alle Gebäude in Deutschland gegen Feuer versichert sind, sind Elementarschäden im Durchschnitt jedoch nur zu 46 % abgedeckt – mit starken regionalen Unterschieden. Die Provinzial liegt über dem Schnitt, bei ihr erstreckt sich den Angaben nach etwa die Hälfte der Gebäudeversicherungen auch auf Elementarschäden.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei dem Branchenführer Allianz. „Im Moment können wir noch keine genauen Aussagen zum jedoch sicherlich erheblichen Schadenumfang machen“, sagte ein Sprecher von Allianz Deutschland der Börsen-Zeitung. Die Allianz habe viele Kunden in den betroffenen Gebieten. „Wir ziehen derzeit aus ganz Deutschland unsere Sachverständigen zusammen, um unseren Kunden in den betroffenen Gebieten vor Ort zur Seite zu stehen und schnell helfen zu können, die Schäden aufzunehmen und bei Bedarf die ersten Vorschüsse zu veranlassen.“

Details aus Wiesbaden

Konkreter wird die R+V Versicherung in Wiesbaden. „Bis heute früh (Donnerstag) haben sich mehr als 10000 Kunden bei uns gemeldet, die Schäden belaufen sich auf etwa 160 Mill. Euro“, sagte eine Sprecherin der Börsen-Zeitung. „Aufgrund des unfassbaren Ausmaßes dieser Katastrophe ist eine Schätzung der endgültigen Schadenhöhe erst in den nächsten Wochen möglich.“ Deutlich über dem Branchendurchschnitt liegt die R+V, was den Einschluss von Elementarschäden anbelangt. Die Abdeckungsquoten im Gesamtbestand der Wohngebäudeversicherung beziffert die Gesellschaft auf 65% und in der Hausratversicherung auf 51%. „Im Neugeschäft liegen wir nochmals zehn Prozentpunkte über diesen Werten“, so die Sprecherin. Bei der Allianz ist die Anbindungsquote der Elementarversicherung an die Gebäudeversicherung deutlich von knapp 10 auf aktuell knapp über 50% gestiegen, sagte Frank Sommerfeld, Vorstandsvorsitzender Allianz Versicherungs-AG und Mitglied im Vorstand der Allianz Deutschland AG.

Auf die Frage, ob die R+V für Elementarschäden Rückversicherungsdeckungen abgeschlossen hat, hieß es, man trage als großer und kapitalstarker Versicherer die Schäden durch Elementarereignisse größtenteils selbst. „Für Ausnahmeereignisse, wie in diesem Jahr, besteht eine Rückversicherungsdeckung“, so die Sprecherin.