Stefan Zeidler

Volksbank Stuttgart ist offen für neue Partner

Die Volksbank Stuttgart hat ein digitales Standbein aufgebaut. Das Modell soll eine höhere Rentabilität bringen. Bankchef Stefan Zeidler umwirbt mit derartigen Skaleneffekten Fusionspartnerbanken.

Volksbank Stuttgart ist offen für neue Partner

Von Thomas Spengler, Stuttgart

Die Volksbank Stuttgart hat in den vergangenen drei Jahren neben ihrem klassischen analogen Bereich ihr zweites, digitales Standbein kräftig ausgebaut. Dafür investiert das Institut jährlich mehr als eine Million Euro. Neben Modernisierung und Ausbau des Online-Bankings konnten im Kreditbereich durch Vereinfachung der Prozesse Effizienzgewinne in der Größenordnung von 20% realisiert werden.

„Wir setzen heute an mehreren Stellen Software-Roboter ein“, sagt Stefan Zeidler über den Einsatz von entsprechenden Programmen, die standardisierbare Bearbeitungsschritte übernommen haben. Der Vorstandsvorsitzende der mit 8,9 Mrd. Euro Bilanzsumme (2021) zweitgrößten Volksbank in Baden-Württemberg spricht daher gerne auch von einer Kreditfabrik, die man auf Effizienz getrimmt habe. „Unser digitales Modell kann uns eine höhere Rentabilität bescheren, die die Grenzkosten bei jedem rein digitalen Neukunden gegen null gehen lässt. Auch daher sind wir für Fusionen offen“, sagt Zeidler und umwirbt mit derartigen Skaleneffekten potenzielle Fusionspartnerbanken sowie deren Kunden und Mitarbeiter in der Region Stuttgart. Ohnehin lasse das Geschäftsgebiet der Stuttgarter „noch Raum zur Abrundung“, sagt er besonders mit Blick auf die Volksbank am Württemberg in Fellbach und die Volksbank in Stuttgart-Zuffenhausen, deren Geschäftsgebiete sich zum Teil mit denen der Volksbank Stuttgart überschneiden.

Dabei ist Zeidler klar, dass es nicht einfach ist, bei steigender Größe den regionalen Charakter einer genossenschaftlich organisierten Bank zu bewahren – „es ist ein Spagat zwischen regionaler Erlebbarkeit und digitaler Exzellenz“, wie der CEO sagt. So sei es insbesondere die persönliche Nähe, die Sicherheit und Vertrauen schaffe und damit den Unterschied zu einer beliebigen Onlinebank ausmache. Dafür stellen 52 Filialen und 38 reine SB-Stellen der Volksbank Stuttgart die Basis dar – und das bei einer konstanten Mitarbeiterzahl von rund 950.

Risiken für Unternehmen

Mit Blick auf die Unternehmen im Geschäftsgebiet droht laut Zeidler eine dramatische Situation, sollte es zu einer verschärften Energiekrise kommen. Doch bescheinigt er den Firmen auch eine gute Substanz, nachdem sie eine Dekade an profitabler Entwicklung hinter sich haben. Seit Mitte der Nullerjahre hätten sich die Eigenkapitalquoten von zum Teil weit unter 10% auf nunmehr über 20% mehr als verdoppelt. „In der Regel lassen die Unternehmer ihr Geld in der Firma“, sagt er. Jetzt, wo es eng werden könnte, haben daher viele genügend Reserven, um durch eine solche Krise, wie sie sich andeutet, zu kommen. Das lässt Zeidler auch als Finanzier besser schlafen. In der Folge muss die Volksbank bislang auch keine Risikovorsorge treffen. Zwar geht Zeidler davon aus, dass zu ein paar Kreditausfällen kommen wird, aber alles in überschaubarem Ausmaß. Derzeit steigen nach seiner Beobachtung die Unternehmen auf die Bremse und warten an der Seitenlinie ab, bis sich die Nebel gelichtet haben. Die Sicherung von Liquidität hat dabei oberste Priorität, weshalb die Nachfrage nach Firmenkrediten im ersten Halbjahr nochmals um 10% zugelegt hat.

Als ein Riesenproblem für die Menschen sieht es Zeidler an, wenn im Zuge der Gaskrise die Energiekosten um eine Größenordnung von monatlich 500 Euro anwachsen sollten. So befürchtet er für das zweite Halbjahr, dass dann die Altersvorsorge vernachlässigt wird, indem Sparpläne nicht mehr bespart werden. Keine Kopfschmerzen bereitet Zeidler indessen der Umstand, dass das Einlagenwachstum bereits seit Jahresbeginn zum Erliegen gekommen ist. Rund 7,0 Mrd. Euro Einlagen stehen heute 5 Mrd. Euro ausgegebene Kredite gegenüber. Betrachtet man die vergangenen drei Jahre, hat sich damit der Einlagenüberhang bei der Volksbank um 500 Mill. Euro erhöht. „Es ergeben sich also für uns keinerlei Refinanzierungsprobleme, wie dies manchmal suggeriert wird“, sagt Zeidler. Bewegung herrscht dabei nach wie vor bei Baufinanzierungskrediten. Mit Beginn der Zinssteigerungen, die im Februar bereits vor dem Ukraine-Krieg einsetzten, ist die Nachfrage um rund 20 % angesprungen, ebenso vorzeitige Zinsprolongationen. „Dies drückt die Sorge der Kunden vor Kostensteigerungen bei Baugeldern aus“, so Zeidler.

Tatsächlich schlägt das erhöhte Zins- und Preisniveau auf die Laune der potenziellen Immobilienerwerber durch. Bei einem Kredit über 600000 Euro, die eine Eigentumswohnung mit 100 Quadratmetern in Stuttgart schnell kosten kann, haben sich über den Daumen gepeilt die monatlichen Annuitäten glatt um 1000 Euro pro Monat erhöht. Hinzu kommen künftige Energiekosten, die aufgrund der Energiekrise rasch um 500 Euro pro Monat klettern können. Nachdem man bisher – grob kalkuliert – damit gerechnet hat, dass sich Erwerber mit einem Jahreseinkommen von 80000 bis 90000 Euro einen Kredit über 600000 Euro noch leisten konnten, ist diese Schwelle auf 110000 bis 120000 Euro gestiegen. „Damit ziehen sich viele Nachfrager zurück oder senken ihre Ansprüche“, so Zeidler.

Dennoch bleibt das Preisniveau für Immobilien in der Region Stuttgart von außen betrachtet hoch. Bei genauem Hinschauen ergeben sich allerdings Verschiebungen im Detail. So sei die Projektierung von Neubauten so­wohl bei Privaten als auch Bauträgern seit Mai drastisch zurückgegangen. Nachdem sie keine Planungssicherheit mehr bei der Materialbeschaffung, der Verfügbarkeit von Handwerkern oder der Baupreisentwicklung haben, halten sich diese Kunden zurück. Solange es aber im Mittleren Neckarraum keine flächige Arbeitslosigkeit gibt, geht Zeidler von einem weiterhin hohen Preisniveau aus. Aber dennoch mutiere zumindest der Gebrauchtimmobilienmarkt mehr und mehr zu einem Käufermarkt. „Von Fall zu Fall lassen Eigentümer auch über die Miete mit sich reden“, hat Zeidler erfahren. Ohnehin stellt er fest, dass viele Mieter eine Mieterhöhung über die Schwelle von 1000 Euro nicht mehr mitgehen, sondern eher umziehen.

Auf geht’s, Genossen!

Nachdem die Volksbank Stuttgart seit einigen Jahren einen schrittweisen Rückgang der Mitglieder verzeichnete und damit die als Eigenkapital geltende Haftsumme der Geschäftsguthaben rückläufig war, wirbt das Institut inzwischen um neue Teilhaber und eine Aufstockung der Geschäftsanteile bestehender Mitglieder. Seitdem sammle man pro Woche Geschäftsanteile von rund einer Million ein, sagte Zeidler auch mit Blick auf neu zu etablierende Eigenkapitalpuffer. Bekanntlich hat das genossenschaftliche Institut die maximale Summe der zu zeichnenden Anteile von 250 auf 5000 Euro pro Mitglied vervielfacht. Allerdings ist es gemäß dem Hausbankenmodell der Volksbank Stuttgart vorgesehen, die Anzahl der zu zeichnenden Anteile an die Intensität der Geschäftsbeziehung zu koppeln. Unterm Strich sollen bei der Aktion bis 30 Mill. Euro zusammenkommen. Für das Geschäftsjahr 2021 betrug die Dividende 3%.

Darüber hinaus bemüht sich die Bank im Rahmen ihrer zukünftigen Ausrichtung verstärkt um junge Mitglieder. In diesem Sinne will das Institut eine stärkere Präsenz auf Social-Media-Kanälen zeigen oder setzt auf die Etablierung sogenannter Finanzscouts, also junge Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die junge Menschen in der ihr eigenen Sprache adressieren. Die Finanzscouts kämen gut an, sagt Zeidler, gesteht aber auch zu, dass sich die Profitabilität solcher Maßnahmen erst in zehn Jahren zeige. Dennoch ist es nach Überzeugung des Vorstands wichtig, auf so lange Sicht mehr junge Menschen zu gewinnen, um den Altersschnitt unter den Mitgliedern zu senken.

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